Da stehen drei Häuser - eine Fassade ist grün gestrichen, eine lila und eine blau, sie scheinen jedes für sich zu stehen, doch im Untergrund laufen unsichtbare Verbindungen zwischen ihnen. Die Häuser, die nur scheinbar nichts miteinander zu tun haben, sind die Apps Whatsapp, Instagram und Facebook. Sie liegen auf den Handys von Millionen Menschen in Deutschland. Der Konzern Facebook, der sie betreibt, kombiniert Daten seiner Kunden über die Apps hinweg, um Nutzer zu überwachen und ihnen möglichst maßgeschneiderte Werbung zu schicken. Dafür bekommt er Geld von Anzeigenkunden. Auch auf Seiten im Internet, die auf den ersten Blick überhaupt nichts mit Facebook zu tun haben, überwacht der Konzern arglose Nutzer.
Diese unsichtbaren Verbindungen hat das Bundeskartellamt nun durchtrennt: Facebook muss es Nutzern ermöglichen, den Datenfluss zwischen den Apps einfach abzudrehen. Wer nur bei Whatsapp Daten lagern will, der muss das auch tun können.
Die Entscheidung der deutschen Wettbewerbshüter ist historisch. Sie sollen Konglomerate verhindern, die schlecht für die Gesellschaft sind, weil sie zu viel Macht in den Händen einzelner konzentrieren. Mit seinen Vorgaben für Facebook zeigt das Kartellamt: Diese Konzentration gibt es nicht nur in Form von Fabriken, Lieferketten und Geldbergen. Auch die Datenberge der Digitalkonzerne stellen eine gefährliche Machtkonzentration dar. Information ist Macht, das hat Facebook nun Schwarz auf Weiß.
Dass das Kartellamt überhaupt gegen ein Unternehmen vorgehen kann, das kein Geld von Bürgern verlangt, sondern "nur" Daten, wurde erst 2017 gesetzlich festgelegt. Damals begann ein Update des deutschen Wettbewerbsrechts. Nun zeigt sich, was diese Novellierung des Wettbewerbsrechts eigentlich war: eine "lex Facebook". Sie nimmt Digital-Konzernen ihre Immunität gegen das deutsche Wettbewerbsrecht. Das ist ein wertvolles Signal an die Gesellschaft.
Konkurrenten haben keine Chance und Nutzer keine Wahl
Die Kombination aus der Datensammlung über verschiedene Dienste hinweg, kombiniert mit der Omnipräsenz der Konzern-Apps, bringt Facebook in eine Position, in der Konkurrenten praktisch keine Chance haben und Nutzer keine Wahl: Sie müssen ihre Daten abtreten, ohne wirklich zu verstehen, wohin diese weiter wandern. Oder sie müssen auf Nischen-Apps ausweichen, wo sie ihre Freunde nicht antreffen.
Doch mit dem entschlossenen Vorgehen des Amtes geht auch ein Problem einher: Das Bundeskartellamt hat sich ermächtigt, auch für Datenschutzfragen zuständig zu sein. Die eigentlichen Datenschutzbehörden - seit langem stiefmütterlich ausgestattet und behandelt - haben sich die Zähne an Facebook ausgebissen. Nun nimmt ihnen das Kartellamt die Aufgabe ab.
Diese Spannung zwischen dem Schutz von Bürgerdaten und dem Schutz vor Monopolbildungen muss noch aufgelöst werden. Facebooks Reaktion auf die Entscheidung des Amtes liest sich, als würde das wohl vor Gericht passieren. Das Update des deutschen Wettbewerbsrechts ist noch nicht abgeschlossen. Es könnte noch ein paar Fehlermeldungen geben.