Hilfe für Banken:Druck der Finanzmärkte auf Spanien lässt kurzzeitig nach

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Die Renditen für spanische Staatsanleihen waren zuletzt in die Höhe geschossen. Jetzt hängt sich Spanien an den Rettungsschirm, um seine maroden Banken zu sanieren. Die Finanzmärkte reagieren erleichtert - und die Risikoaufschläge sinken wieder. Dabei stehen die Details des Deals noch nicht fest.

Endlich holt sich Spanien Hilfe von außen - das ist das Gefühl an den Finanzmärkten, nachdem die viertgrößte Volkswirtschaft der Euro-Zone am Wochenende erklärt hat, unter den Rettungsschirm zu gehen. Die Euro-Finanzminister erklärten sich bereit, dem Land bis zu 100 Milliarden Euro zur Verfügung zu stellen ( PDF-Datei). Damit soll das Land seine maroden Banken sanieren.

Dementsprechend reagierten die Märkte positiv, als sie am Montagmorgen den Handel aufnahmen. Der Dax legte zur Eröffnung um mehr als zwei Prozent auf knapp 6300 Punkte zu. In Madrid öffnete die Börse sogar mit einem Kurssprung von mehr als vier Prozent. Auch in London und Paris stiegen die Kurse. Der Euro notierte ebenfalls im Plus.

Am Samstag hatten die Finanzminister der Euro-Zone über die Hilfe für Spanien verhandelt. Die Zeitung El Mundo zitiert eine SMS mit Durchhalteparolen, die Spaniens konservativer Regierungschef Mariano Rajoy vor der Telefonkonferenz an seinen Minister geschickt haben soll: "Wir sind die viertstärkste Kraft der Euro-Zone. Spanien ist nicht Uganda."

Die Finanzmärkte hatten Spanien in den vergangenen Tagen stark unter Druck gesetzt. Der Schritt unter den Rettungsschirm war erwartet worden. Die Renditen auf Staatsanleihen waren vor dem Wochenende auf Rekordhöhe geschossen. Je höher die Rendite, desto wahrscheinlicher sehen die Händler einen Zahlungsausfall.

Doch auch hier zeigt sich nun Entspannung. Bei kurzlaufenden spanischen Papieren von zwei Jahren sank die Rendite - also die Kombination aus Nominalzins und Kurswert - erstmals seit mehr als zwei Wochen unter die Marke von vier Prozent. Die Rendite auf 10-jährige Papiere sank fast unter sechs Prozent, was als wichtige psychologische Grenze gilt. Auch die Anleihen der anderen Krisenstaaten Italien, Irland und Portugal profitierten.

Diese Reaktion hatte sich die Politik erhofft. Noch bevor die Märkte öffneten, hatte sich EU-Währungskommissar Olli Rehn optimistisch gezeigt: "Ich bin zuversichtlich, dass dies ein starkes Signal an die Märkte senden wird, dass die Euro-Zone bereit ist, Spanien in seinen Anstrengungen zu unterstützen, seinen Bankensektor zu restrukturieren und rekapitalisieren."

Viele offene Punkte

Dabei stehen die Details des Deals noch gar nicht fest. Die Milliarden sollen an den spanischen Bankenrestrukturierungsfonds namens Frob (Fondo de reestructuración ordenada bancaria) gezahlt werden. Fraglich ist, ob sich das Land dann auf dem freien Kapitalmarkt leichter oder schwieriger mit Geld versorgen kann. Denn der Frob gehört dem spanischen Staat und an ihn gezahlte Kredite erhöhen somit die Gesamtverschuldung des Landes.

Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) betonte, dass es sich bei den Euro-Rettungshilfen für Spanien nicht um eine direkte Finanzspritze für die maroden Banken des Landes handle. "Der spanische Staat ist der Kreditnehmer für Europa, Spanien haftet dafür", sagte Schäuble im Deutschlandfunk. Die Regierung in Madrid werde das Geld den Finanzinstituten dann zur Verfügung stellen und die Banken beaufsichtigen. Die mit den Finanzhilfen verbundenen Auflagen würden dabei nur den Finanzsektor betreffen. "Es wird genauso eine Troika geben, es wird genauso natürlich überprüft werden, dass das Programm eingehalten wird, aber es bezieht sich nur auf die Restrukturierung des Bankensektors", betonte der CDU-Politiker.

Offen ist auch, ob das Geld aus dem Rettungsschirm EFSF oder dem neuen ESM-Fonds kommen wird. Kredite aus dem ESM haben einen bevorzugten Status: Wird es für ein Land finanziell eng, muss es zuerst die europäischen Geldgeber bedienen, dann die privaten Gläubiger. Das würde mögliche Investoren ebenfalls abschrecken. "Die Ankündigung vom Wochenende könnte Spanien letztendlich vom Anleihemarkt abschneiden", schreibt der irische Ökonom Karl Whelan in seinem Blog.

Wie viel Geld die spanischen Banken tatsächlich brauchen, steht ebenfalls noch nicht fest. In diesen Tagen analysieren die Beratungsfirmen Oliver Wyman und Roland Berger die Bilanzen spanischer Banken. Sie wollen ihr Ergebnis in wenigen Tagen präsentieren. Als unabhängige Prüfer sollen sie ein Urteil fällen, wie viel Risiken die Finanzhäuser tatsächlich bergen.

Bankenrettung ist "Voodoo-Ökonomie", sagt Nobelpreisträger Stiglitz

Deutliche Kritik an den Spanien-Hilfen kommt von Wirtschafts-Nobelpreisträger Joseph Stiglitz: Er bezeichnet die Unterstützung für die Banken als "Voodoo-Ökonomie". "Das System ist: Die spanische Regierung rettet die spanischen Banken, und die spanischen Banken retten die spanische Regierung", sagte Stiglitz in einem Interview mit der Nachrichtenagentur Reuters. Dies könne nicht funktionieren. Stattdessen müsse Europa die Schaffung eines gemeinsamen Bankensystems und einer Fiskalunion vorantreiben. "Man muss sich dem zugrundeliegenden Problem stellen, und das ist: das Wachstum zu fördern", sagte der frühere Wirtschaftsberater des ehemaligen US-Präsidenten Bill Clinton, der als scharfer Kritiker von Sparprogrammen gilt.

Die Vorsitzende der Linkspartei, Katja Kipping, hat eine Bundestagsentscheidung über Finanzhilfen für Spanien gefordert. "Wenn Steuergeld an private Banken fließt oder an sie verpfändet wird, dann muss der Bundestag ein Wörtchen mitreden", sagte sie der Mitteldeutschen Zeitung. 100 Milliarden Euro seien ein Drittel des Bundeshaushalts. Das könne man nicht mal eben mit einem Verwaltungsakt bewilligen.

Linktipp: Ist Spanien das nächste Griechenland? Nein, die Wirtschaft steht viel besser da - die ökonomische Analyse der SZ finden Sie hier.

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