Polen:Ein bisschen mehr Wärme in der Beziehung

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So sehen sie aus, die Wärmepumpen von Bosch. (Foto: Bosch Gruppe)

Bosch investiert 255 Millionen Euro in die Produktion von Wärmepumpen in Polen. Dadurch könnte sich auch das Verhältnis zwischen beiden Regierungen etwas entspannen.

Von Viktoria Großmann, Warschau

Es gibt auch gute Nachrichten in den deutsch-polnischen Beziehungen, oft sind sie wirtschaftlicher Natur. Erst kürzlich verkündete die deutsche Außenhandelskammer (AHK) in Warschau, dass Polen für deutsche Unternehmer der attraktivste Investitionsstandort sei verglichen mit anderen Ländern in Mittel- und Osteuropa sowie Russland und China. Außerdem sei Polen der fünftwichtigste Handelspartner für Deutschland. Eine überwältigende Mehrheit der Unternehmer gab in der jährlichen AHK-Umfrage an, sie würden sich wieder für den Standort Polen entscheiden.

Von der politischen Situation, den Spannungen zwischen beiden Regierungen, geben sich die Unternehmer eher unbeeindruckt. Während etwa in der Slowakei den ausländischen Investoren der Regierungssturz Ende 2022 und die anstehenden Neuwahlen Sorgen bereiten, scheinen die Parlamentswahlen in Polen im Herbst niemanden groß zu beunruhigen.

Nun steht die nächste große deutsche Investition an. Bosch möchte ein Werk für Wärmepumpen aufbauen. Entstehen soll es von 2024 an im niederschlesischen Ort Dobromierz, im polnisch-tschechisch-deutschen Grenzgebiet. Zum Jahreswechsel 2025/2026 soll die Produktion beginnen, etwa 500 Arbeitsplätze könnten bis 2027 entstehen. Der polnische Ministerpräsident Mateusz Morawiecki bekannte sich bei der Gelegenheit als Fan von Wärmepumpen und überhaupt ökologischen Lösungen fürs Heizen. Die 255-Millionen-Euro-Investition werde zur Energiewende Polens beitragen, sagte er. Bis 2030 will Bosch an allen europäischen Standorten eine Milliarde Euro für die Entwicklung und Produktion von Wärmepumpen ausgeben.

Besonders die Region Schlesien, aber auch Krakau sind bekannt für ihre schlechte Luft und den Smog in den kalten Herbst- und Wintermonaten. Das liegt nicht nur an der Industrie. Seit Jahren werden von privaten Organisationen und Umweltverbänden die altmodischen Öfen und Heizungen angeprangert, die es in vielen Häusern noch gibt. Viele Menschen verheizen daheim Kohle, auch minderer, billigerer Qualität und darüber hinaus oft einfach alles, was brennt. Die schlechte Luft ist sichtbar und macht krank.

Die neue Heiztechnik sei nicht nur "proökologisch, sondern auch proökonomisch", sagt der Premier

In Polen wird vorrangig Kohle für Stromerzeugung und zum Heizen genutzt. Bei der Energiewende setzt die Regierung nun auf mehr Windkraft und Photovoltaik. Hauptenergiequelle soll aber nach dem Willen der rechtspopulistischen PiS-Regierung die Kernenergie werden. Der Bau eines Atomkraftwerkes an der Ostsee ist bereits beschlossen. Da sich fast alle Parteien in Polen zur Atomkraft bekennen, ist ein Wechsel der Strategie auch unter einer eventuell neuen Regierung nach der Wahl im Herbst nicht zu erwarten.

Wie Deutschland setzt Polen beim Heizen nun besonders auf Wärmepumpen. Diese Lösung, sagt Premier Morawiecki, sei nicht nur "proökologisch, sondern auch proökonomisch", zweifellos würden dadurch die Heizkosten sinken. Die Regierung hat nun ein Förderprogramm aufgelegt, um Anreize für den Einbau von Wärmepumpen zu schaffen. Eigentümer von Wohnungen und Häusern können von der Regierung bis zu 30 000 Euro Zuschuss erhalten, wenn sie ihre Räume isolieren und eine umweltfreundliche Heizung einbauen.

Das von Bosch geplante Werk in Dobromierz kommt da als weiterer Baustein in dieser Strategie gelegen. Es wird ein Fertigungswerk, kein Entwicklungszentrum, trotzdem erhofft sich Morawiecki einen Innovationsschub. Bosch ist bereits seit 30 Jahren in Polen präsent und beschäftigt an fünf Standorten mehr als 8500 Mitarbeiter, die Haushaltsgeräte und Getriebe herstellen. Bosch gehört zu den beliebtesten Arbeitgebern in Polen.

Als Argument für einen weiteren Standort in Polen nennt eine Bosch-Pressesprecherin die "schnellen Lieferketten zu den Zielmärkten in Mitteleuropa". Niedrige Logistikkosten durch kurze Transportwege würden sich günstig auf die Verbraucherpreise auswirken, sagt sie. Zudem liege der Ort Dobromierz nur eine Autostunde von Breslau entfernt. Dort gebe es Universitäten und Forschungsinstitute, weshalb sich gute Fachkräfte finden ließen. Das Wärmepumpenwerk in Polen soll Teil des europäischen Fertigungsverbundes der Bosch Home Comfort Group werden. Weitere Standorte gibt es in Deutschland, Schweden und Portugal.

Ein weiterer Standortvorteil ist wohl die Sonderwirtschaftszone, von denen es 14 in ganz Polen gibt. Unternehmen, die sich hier ansiedeln, müssen deutlich weniger Steuern zahlen als an anderen Orten. Die Sonderwirtschaftszone Wałbrzych, in der nun auch das neue Bosch-Werk entstehen soll, ist die erfolgreichste unter den 14. Hier entsteht in Jawor auch das neue Mercedes-Werk für E-Transporter.

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