Elektromobilität:Die Jugend soll's richten

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Japan will die Produktion von Elektro-Fahrzeugen voranbringen. (Foto: Imago)

Japan will endlich dem Trend zum Elektro-Auto folgen und investiert in die Batterie-Entwicklung. Aber nicht nur die Rohstoffe dafür sind Mangelware - sondern auch die Menschen, die sie bauen.

Von Thomas Hahn

Schön wäre es ja, wenn man eine gute Idee einfach mal haben und umsetzen könnte. Aber irgendeinen Haken gibt es immer. Das spüren jetzt auch die Japaner, die die Wirtschaft ihres Landes voranbringen wollen. Der Inselstaat hat erkannt, dass die heimische Industrie endlich mal aufhören muss, den Trend zum Elektro-Fahrzeug zu verschlafen. Also wird jetzt investiert. Automobilgigant Toyota hat zuletzt erklärt, man arbeite an einer schnellladenden Super-Batterie, mit der man bis zu 1200 Kilometer weit fahren kann. Und Japans Regierung pumpt insgesamt 330 Milliarden Yen, umgerechnet knapp 2,1 Milliarden Euro, in die Batterie-Entwicklung. Gute Idee, doch es gibt einen Haken: Für eine Batterie-Produktion braucht man ein paar Zutaten, die es in Japan nicht oder kaum gibt, zum Beispiel Kobalt, Lithium, Seltenerdmetalle -und junge Menschen.

Die Absicherung von Lieferketten ist ein großes Thema für Japan im Rahmen seiner Strategie zur sogenannten wirtschaftlichen Sicherheit. In der öffentlichen Wahrnehmung ging es dabei bisher vor allem um die leblosen Rohstoffe, ohne die man mit der Herstellung von Batterien gar nicht erst anzufangen braucht. Von einer Grundversorgung mit Menschen war eher selten die Rede. Aber Fakt ist, dass sich selbst erlesenste Hightech-Metalle nicht von alleine zu einem Energiespeicher zusammenfügen lassen. Das müssen kompetente Leute machen, die allerdings in erster Linie in China sind. Denn Japans autoritärer Nachbar bewerkstelligt mit seinen Schürfrechten nicht nur den Großteil der Metall-Lieferungen. Nachdem Länder wie Japan die Produktion über Jahre nach China ausgelagert haben, gibt es auch die Ingenieure, Entwickler und Techniker für das Batteriegeschäft vor allem dort.

Im gesamten Prozess von der Mine bis zur Verarbeitung fehlen Leute

Das Personalproblem haben viele: die EU, die USA, Südkorea. Es betrifft auch nicht nur die Batterie-Entwicklung für die Verkehrswende mit Elektroautos, sondern auch andere grüne Technologien, zum Beispiel Windräder. Im gesamten Prozess von der Mine bis zur Verarbeitung fehlen Leute. Die Wirtschaftszeitschrift Quartz zitiert aus einem Bericht von Branchenexperten, wonach es in China über 12 000 Vollzeit-Forscher für Hightech-Metalle gebe, in den USA dagegen nur 300.

Aber Japan hat einen Plan für das Batterie-Geschäft: Bis 2030 will die Regierung in Tokio 30 000 Fachleute mehr ausbilden und damit deren Zahl im Inselstaat vervierfachen. Besonders im Blick hat sie dabei Teenager. Wie das Magazin Nikkei berichtet, sollen Talentsucher an Hoch- und Berufsschulen die Batterie-Entwickler der Zukunft rekrutieren, aber auch an den Oberschulen des Landes, die 16- bis 18-Jährige besuchen. Schon diesen Dezember sollen 40 junge Leute in Osaka, einer Hafenstadt auf der japanischen Insel Honshu, mit besagter Ausbildung beginnen. Gute Idee, aber dann ist da eben wieder so ein Haken: Japan ist die älteste Gesellschaft der Welt. Knapp 30 Prozent der 125 Millionen Menschen im Inselstaat sind 65 und älter, 2022 wurden zum ersten Mal weniger als 800 000 Babys geboren. Es gibt also nicht besonders viele Teenager, schon gar nicht interessierte - und andere Branchen haben ja auch Nachwuchsbedarf. Die Batterie-Industrie und ihre staatlichen Helfer dürften sich bald einem Wettbewerb ums junge Blut ausgesetzt sehen, der Fragen aufwirft.

Muss nicht erstmal die Teenager-Produktion in Gang kommen?

Muss vor der Batterie-Produktion nicht erstmal die heimische Teenager-Produktion in Gang kommen, um unabhängiger von China zu werden? Wie sichert man verlässliche Lieferketten für junge Batterie-Freunde? Premierminister Fumio Kishida hat erst im Juni ein großes Maßnahmenpaket gegen Japans Vergreisung vorgestellt. Es soll jungen Eltern unter anderem mehr Kindergeld und mehr Hilfe bei der Erziehung in Aussicht stellen. Aber selbst wenn Kishidas Kampagne einen ganzen Schwung von Teenagern bringen würde, werden diese ja frühestens in 16 Jahren da sein und können vorerst nicht helfen.

Was tun? Teenager-Importe aus Ländern, die nicht China sind? Deutlich mehr Migration? Offenere Flüchtlingspolitik? Gute Idee, natürlich mit Haken. Die rechte Regierungspartei LDP und viele andere im Land fürchten die Vielfalt. Sie fänden es anscheinend die beste Idee, wenn man Menschen einfach bauen könnte wie einen Roboter. Der Haken dabei: Das kann niemand.

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