Gastronomie:Selbst der Döner wird immer teurer

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Dönerpreise lagen lange auf niedrigem Niveau. Womöglich ist die schnelle Mahlzeit bald nicht mehr für jeden Geldbeutel erschwinglich. (Foto: Jörg Carstensen/picture alliance/dpa)

Der Lieblingsimbiss vieler Deutscher hat vielerorts die Sechs-Euro-Marke geknackt. Die Lage ist also ernst.

Von Titus Blome

Die Zeiten sind hart. Das Land steckt finanziell in der Krise, die soziale Ungleichheit verschärft sich seit Jahrzehnten, die Regierung ist nicht in der Lage, effektiv auf die eklatanten Missstände zu reagieren, und dann steigen auch noch die Preise für ein Grundnahrungsmittel steil an. Das Volk hat genug, es sammelt sich in den Straßen, ein Aufstand bricht los. Geht es um Deutschland heute? Nein, diese Sätze beschreiben das Ende des 18. Jahrhunderts, den Beginn der Französischen Revolution.

Damals revoluzzte man nicht nur gegen die Ständegesellschaft und die absolute Monarchie, für Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit, sondern auch gegen Alltagsprobleme: die hohen Brotpreise. Womöglich sollte die heutige deutsche Regierung daraus lernen und nicht nur auf Haushaltsloch und Energiepreise blicken, sondern auch auf die Rechnung, die das Herrenmode-Label AC&Co nun veröffentlicht hat: den an ihren Business-Lunch-Index 2024 angehängten Dönerpreis-Index.

Der Index zeigt, was man in Imbissbuden in 20 deutschen Städten durchschnittlich für einen Döner zahlt. Der Dönerpreis stieg schon in den vergangenen Jahren wegen steigender Lebensmittel- und Energiepreise deutlich - und wächst laut Index weiter. Konnte man sich in Berlin vor wenigen Jahren noch auf Preise um die 3,50 Euro verlassen, kommt der Erhebung zufolge nun selbst der Hauptstadt-Döner im Durchschnitt auf etwa sechs Euro. Damit läge der Preis etwa im Landesdurchschnitt von 6,14 Euro. In München zahle man demnach mit durchschnittlichen sieben Euro den deutschlandweiten Spitzenpreis.

Die Preise dürften weiter steigen. Um die Gastronomie während all der akuten Krisen zu entlasten, hatte die Regierung die Mehrwertsteuer für Speisen und Getränke in Restaurants vorübergehend von 19 auf sieben Prozent gesenkt. Die Regelung ist zu Jahresbeginn ausgelaufen, und vielerorts werden steigende Kosten an die Kunden weitergegeben.

Obwohl der Index wohl keine Revolution lostreten wird, ist er wichtig, denn Dönerpreise sind vielen näher als ein abstrakter Inflationswert. Obwohl der für 2023 um die sechs Prozent lag, ist er nur ein Durchschnittswert, der sich aus vielen Waren zusammensetzt. Und deren Preise verändern sich in unterschiedlichem Ausmaß. Manche waren sind dabei wichtiger als andere. Dass Preise für Luxusuhren in den vergangenen zwei Jahren laut Marktbeobachtern um etwa 33 Prozent gesunken sind, betrifft viele nicht. Dass aber die Lebensmittelpreise dem Statistischen Bundesamt zufolge zwischen Juli 2021 und Juli 2023 um 27,2 Prozent gestiegen sind, merken viele im eigenen Geldbeutel. Der Döner ist den meisten einfach näher als die Rolex.

Seit langem ist der Döner die Mahlzeit für jeden Geldbeutel und wohl auch deshalb ein Lieblingsessen der Deutschen. Das Meinungsforschungsinstitut Yougov fand 2022 heraus, dass er beliebter ist als das Traditionsessen Currywurst: Müssten sich die Befragten entscheiden, greifen demnach nur 37 Prozent zur Wurst, aber 45 Prozent zum Döner. Nun läuft er Gefahr, für einige zum Luxus zu werden.

Für die Stimmung im Land ist gelebte Erfahrung mindestens genauso wichtig wie abstrakte Zahlen, wenn nicht wichtiger. Der Preis für den Lieblingsimbiss gehört dazu, der Dönerpreis-Index ist also eine Warnung. Einige Politiker begreifen das. Nicht umsonst forderte ein Berliner Kreisverband der SPD schon vor einem Jahr eine Dönerpreisbremse.

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