Es war nicht immer ganz klar, was das Rollenspiel der beiden eigentlich zu bedeuten hatte. In der Branche nannte man die Auftritte von Daimler-Chef Dieter Zetsche und dem Boss von Renault-Nissan, Carlos Ghosn, irgendwann die "Carlos- und Dieter-Show". Zwei Männer mit viel Macht und viel Geld, die bei Automessen nebeneinander in zwei Sesseln versanken und dem Publikum Neuigkeiten aus ihrer Partnerschaft berichteten.
Es ging um den Austausch von Motoren, um Technologien, um Fabriken und Bänder. Manchmal aber taten sie auch so, als würden sie sich auf die Nerven gehen. Sie neckten sich, spielten sich Bälle zu. Dann wirkten sie eher wie Jack Lemmon und Walter Matthau in "The odd couple". Die Botschaft war jedenfalls immer dieselbe: Die Branche ist hart, das Leben auch, aber wir beiden sind Typen mit Benzin im Blut. Und deshalb halten wir zusammen, auch wenn wir eigentlich ganz unterschiedlich sind.
Renault wird vorgeworfen, seit 25 Jahren bei Abgastests zu betrügen
Dann kam im September 2015 der Dieselskandal bei VW. Und dann gerieten auch andere in diesen Strudel um manipulierte Abgaswerte bei Dieselwagen. Dieser Strudel könnte die Männerfreundschaft, die auf Bühnen gepflegt und in diskreten Besprechungsräumen fein austariert wurde, nun auf eine harte Probe stellen.
In Frankreich werfen die Behörden Renault vor, schon seit 25 Jahren bei Abgastests zu betrügen. Frankreichs Betrugsbekämpfungsbehörde unterstellt dem Konzern erhebliche kriminelle Energie: Er habe bei Abgastests betrogen - und dafür sei Carlos Ghosn mitverantwortlich. Untersuchungsrichter gehen nun dem Verdacht des "schweren Betrugs" nach.
Daimler will sich gegen Vorwürfe auch juristisch wehren
Doch Frankreichs Justiz ist langsam, die Ermittlungen ziehen sich hin. "Unsere Fahrzeuge entsprechen den gesetzlichen Vorgaben", gibt sich Renaults Vize-Konzernchef Thierry Bolloré gelassen. Trotzdem bietet er, wie andere Hersteller, Besitzern von Diesel-Fahrzeugen Software-Updates an, um die Autos sauberer zu machen. Renault kommt damit aber nur schleppend voran.
Volkswagen muss nach Medieninformationen ein Software-Update für den 2.0-TDI-Motor entwickeln, der in den Modellen Passat, Passat Variant und Arteon verbaut wurde. Konzernchef Herbert Diess habe einen Fertigungsstopp für die betroffenen Autos Passat und Passat Variant mit Frontantrieb und Siebengang-DSG sowie das Modell Arteon verhängt, berichtet die Automobilwoche laut Vorabmeldung in ihrer neuen Ausgabe. "Fahrzeuge, die bereits produziert worden sind, können nicht mehr an Kunden oder Endabnehmer ausgeliefert werden", zitiert das Blatt aus internen Unterlagen. Dem Bericht zufolge bietet VW nun für "den gesamten Bestellbestand" den Allradantrieb 4Motion an. Dies geschehe "kostenneutral" für die Käufer, den Mehrpreis von 2050 Euro brutto trage der Hersteller.
AFP
Und dann Daimler: Das Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) wirft dem Mercedes-Hersteller unzulässige Programmierungen beim Abgasreinigungssystem vor und fordert nun zum Rückruf der betroffenen Fahrzeuge auf. Manipulation à la Volkswagen, jetzt auch in Stuttgart? Das KBA entdeckte die möglicherweise illegalen Methoden bei Untersuchungen des Kleintransporters Mercedes-Benz Vito, weltweite Rückrufe werden nun gefordert. Daimler weist das zurück - und will sich notfalls sogar gerichtlich wehren. Daimler gegen das KBA, das könnte interessant werden.