Finanzindustrie:Kundenbeziehung zu Epstein kommt Deutsche Bank teuer zu stehen

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Mit einem Vergleich will die Deutsche Bank eine Sammelklage beilegen, in der ihr vorgeworfen wird, von dem Sexhandelsring Epsteins finanziell profitiert zu haben. (Foto: Jan Huebner/Herkert/imago)

Das Geldinstitut zahlt im Rahmen eines Vergleichs 75 Millionen Dollar an die Opfer des Sexualstraftäters.

Von Meike Schreiber, Frankfurt

Seit fast vier Jahren ist der Hedgefonds-Manager Jeffrey Epstein tot - aber die Frage, wer mitgeholfen haben könnte, seinen Sexhandelsring am Laufen zu halten, beschäftigt weiterhin die Gerichte. Die Deutsche Bank hat sich nun zu einer Vergleichszahlung von 75 Millionen Dollar (69 Millionen Euro) bereit erklärt, wie das Wall Street Journal am Mittwochabend schrieb. Damit will die Bank eine Sammelklage beilegen, in der ihr vorgeworfen wird, von dem Sexhandelsring Epsteins finanziell profitiert zu haben, berichtete die Zeitung unter Berufung auf Anwälte der Kläger. Die Deutsche Bank hatte zuvor noch die Abweisung der Klage beantragt. Ein Insider bestätigte den Vergleich. Die Bank wollte sich dazu nicht äußern.

Eine Gruppe namentlich nicht genannter Frauen hat sowohl der Deutschen Bank als auch der US-Großbank JP Morgan im November 2022 vorgeworfen, von Epstein finanziell profitiert zu haben. Die Banken hätten Epstein durch ihre Dienstleistungen den Anschein von Legitimität gegeben und damit auch den Missbrauch von zahlreichen jungen Frauen begünstigt. Die Frauen hatten zwei getrennte Klagen vor einem Bundesbezirksgericht in New York eingereicht mit dem Ziel, sie als Sammelklagen anerkennen zu lassen.

Dahinter steht die Frage: Hätten JP Morgan und später die Deutsche Bank einen zweifelhaften Kunden wie den später verurteilten Sexualstraftäter Epstein annehmen und dessen Vermögen verwalten dürfen? Die New Yorker Bankenaufsicht hat diese Frage bereits 2020 verneint und der Deutschen Bank unter anderem deshalb 150 Millionen Dollar Strafe auferlegt. Zur Begründung führten die Bankenaufseher damals sogar aus, welche Manager involviert waren, als das Geldhaus Epstein als Kunden angenommen hat - allerdings ohne Namen zu nennen. Epstein war von 2013 bis 2018 Kunde der Deutschen Bank, ein "schwerwiegender Fehler", wie Konzernchef Christian Sewing später eingestand. Die Bank habe seither viel investiert, um die internen Kontrollen zu verbessern.

2019 war Epstein wegen Verdachts auf Sexhandel verhaftet worden, bereits mehr als ein Jahrzehnt nachdem er sich vor einem Gericht in Florida wegen der erzwungenen Prostitution einer Minderjährigen für schuldig bekannt hatte. Sein Tod im Gefängnis im August 2019 wurde als Suizid eingestuft. Seine Vertraute Ghislaine Maxwell wurde im vergangenen Sommer zu 20 Jahren Haft verurteilt.

Die Klage der Frauen ist nicht die erste Zivilklage: Im vergangenen Herbst hatte sich die Bank in einem Rechtsstreit mit Anlegern auf die Zahlung von 26 Millionen Dollar geeinigt. Die Kläger, die zwischen 2018 und 2020 mit Aktien der Bank gehandelt hatten, warfen der Bank laxe Anti-Geldwäsche-Kontrollen vor. Fortschritte auf diesem Gebiet habe das Institut viel zu positiv dargestellt, was den Aktienkurs in die Höhe getrieben habe. Die Bank habe behauptet, man beende riskante Kundenbeziehungen konsequent. Stattdessen hätten Führungskräfte Bedenken von Compliance-Mitarbeitern der Abteilung Vermögensverwaltung überstimmt, sagen die Kläger. Als die Bank wegen der Beziehung zu Epstein und anderen Vergehen bestraft wurde, sei der Aktienkurs gefallen und habe die Anleger geschädigt.

Bei JP Morgan steht ein Vergleich noch aus. Die Großbank hat inzwischen sogar Klage gegen ihren früheren Top-Manager Jes Staley eingereicht, um ihn für alle Schäden haftbar machen, die im Zusammenhang mit Epstein entstehen könnten. Staley war bis 2021 Vorstandschef der britischen Bank Barclays und musste im Zuge der Epstein-Ermittlungen zurücktreten. Ende Mai muss sogar JP-Morgan-Chef Jamie Dimon in den zwei Zivilprozessen unter Eid dazu aussagen.

Bei der Deutschen Bank war Epstein Kunde des Geschäftsbereichs für Superreiche, in dem auch Ex-Präsident Donald Trump Kunde war. Das Geldhaus wollte damals unbedingt in den USA expandieren. Mit einem Vermögen von zeitweise mehr als 560 Millionen Dollar war Epstein ein wichtiger Kunde. In der Bank war der Manager Michele Faissola für die Vermögensverwaltung zuständig, als Epstein im Jahr 2013 Kunde wurde. Von 2015 an war zeitweise der heutige Vorstandschef Sewing für die Sparte verantwortlich, anschließend Fabrizio Campelli, heute Investmentbank-Vorstand. Faissola hatte mitgeteilt, dass er zu keiner Zeit weder in irgendeine Entscheidung zur Kundenbeziehung mit Epstein involviert gewesen sei noch gewusst habe, dass Epstein Kunde sei, bevor dies in der Presse erwähnt worden sei. Eine interne Untersuchung konnte dem Vernehmen nach kein Fehlverhalten feststellen. Ob Sewing und Campelli etwas von der Kundenbeziehung wussten, ist öffentlich nicht bekannt. Offiziell will sich die Bank dazu nicht äußern.

Warum Aufsichtsrat und Vorstand die Aktionäre aber am Mittwoch nicht auf der Hauptversammlung des Instituts über den Vergleich informierten? Auch dazu wollte sich die Bank nicht äußern. Auf die Frage eines Aktionärs zum Thema Epstein hieß es, die Kundenbeziehung sei von einem Gremium in den USA geprüft worden, dem weder Sewing noch Campelli angehört hatten, nicht aber von dem Risiko-Gremium in der Konzernzentrale in Frankfurt.

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