"Klassenkampf in Sicht": In den Vereinigten Staaten protestieren Tausende gegen die Macht der Banken und die wachsende Ungleichheit in den USA.
Das Motto der Demonstranten: "Occupy Wall Street", besetzt die Wall Street. Die Protestierenden tragen Plakate mit Aufschriften wie "Rettet unsere Republik", "Gleichheit, Demokratie, Revolution" oder "Besetzen und Widerstand leisten".
Die zumeist jungen Protestteilnehmer skandieren "Wir sind 99 Prozent" und spielen damit auf das reichste Prozent der US-Bevölkerung an, von dem sie sich hintergangen fühlen.
Zuletzt beteiligten sich an einem Demonstrationszug durch das New Yorker Börsen-Viertel nach Angaben aus Gewerkschaftskreisen bis zu 12.000 Menschen, die Polizei sprach von 5000 Teilnehmern.
An den Protesten nehmen mittlerweile auch gewerkschaftlich organisierte Mitarbeiter des Transportwesens und des öffentlichen Dienstes sowie Krankenschwestern und -pfleger teil.
Was vor knapp drei Wochen als bescheidene Protestaktion vor der Wall Street begann, zog immer weitere Kreise. Auch in Städten wie Boston, St. Louis, Kansas City und Los Angeles schlugen die Protestierenden Zelte auf und schwenkten Transparente.
Es ist schwer, die Konturen der Protestbewegung nachzuzeichnen. Eines jedoch eint alle Demonstranten: ihr Zorn über die schwache Wirtschaft.
In New York campieren Hunderte Anhänger der Aktion im Zuccotti Park, einer kleinen Grünfläche nicht weit von der Börsen- und Bankenstraße.
Die Demonstranten versorgen sich inzwischen gegenseitig mit Medizin, geben sich rechtliche Unterstützung und haben sogar mit dem "Occupied Wall Street Journal" eine eigene Zeitung herausgebracht.
Die Proteste werden von Tag zu Tag einfallsreicher - und auch hübsch gruselig. So marschierten vor einigen Tagen Hunderte Demonstranten als Zombies verkleidet an der New Yorker Börse vorbei.
Auf den Lippen hatten die Demonstranten vor allem Kapitalismuskritik. "Wie kommt man dem Defizit bei: Hört mit dem Krieg auf, besteuert die Reichen!", skandierten sie.
Die Bewegung ist so bunt wie vielstimmig. Einige Demonstranten diskutieren im Zombie-Kostüm über Leo Trotzki, andere zitieren den republikanischen Präsidentschaftskandidaten Ron Paul, einen Verfechter des Libertarismus, der einen Minimalstaat fordert.
Anfang Oktober marschierten etwa 1500 Demonstranten auf die Brooklyn Bridge, eines der Wahrzeichen New Yorks. Die Polizei nahm etwa 700 Protestierende fest.
Zu dem Einsatz sei es wegen der Behinderung des Straßenverkehrs gekommen, rechtfertigt später Polizeisprecher Paul Browne laut New York Times das Vorgehen der Polizei. "Diejenigen, die die Fahrbahn Richtung Brooklyn genommen und den Autoverkehr behindert haben, wurden festgenommen."
Doch die befragten Demonstranten sehen das anders: Sie sagen, die Polizei habe sie in eine Falle gelockt. Der Marsch über die Brücke "schien erlaubt zu sein", sagt ein Teilnehmer des Proteszuges später. "Es gab nicht einen einzigen Polizisten, der gesagt hätte: 'Mach das nicht'." Die befragten Demonstranten hatten sogar vielfach den Eindruck, sie würden von der Polizei über die Brücke "eskortiert" - ein großer Irrtum.
Die symbolische Besetzung der Banken- und Börsenstraße Wall Street hatten die Demonstranten bereits vor einigen Tagen versucht - sie scheiterte an einem massiven Aufgebot der New Yorker Polizei.
Unterstützung bekommen die Anti-Wall-Street-Demonstranten mittlerweile auch von zahlreichen Prominenten: So kamen zuletzt auch der Filmemacher Michael Moore, Wirtschaftsnobelpreisträger Joseph Stiglitz, die Schauspielerin Susan Sarandon und die Komikerin Roseanne Barr in die Liberty Street.
Einige Demonstranten sehen sich mittlerweile sogar schon als liberale Version der erzkonservativen Tea-Party-Bewegung oder vergleichen sich mit den Demonstranten des Arabischen Frühlings.