Daimler:Der Handelsstreit trifft Daimler mit voller Wucht

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  • Der Autokonzern Daimler muss seine Prognosen senken. Der Aktienkurs fiel.
  • Daimler begründet das mit dem Handelsstreit, der neue Zölle bringen könnte: Der Konzern produziert viele Geländewagen in den USA und exportiert sie nach China.

Von Caspar Busse, München

So hat sich Dieter Zetsche, 65, die letzten Jahre seiner Karriere sicher nicht vorgestellt. Der studierte Elektrotechniker, der schon seit 2006 Vorstandsvorsitzender des Daimler-Konzerns ist und dessen derzeitiger Vertrag noch bis Ende 2019 läuft, hat ziemlich unruhige Wochen und Monate mit immer neuen Problemen. Erst steigt plötzlich und für viele unerwartet ein neuer Investor aus China bei Daimler ein und kauft fast zehn Prozent der Aktien. Dann wird Zetsche gleich zwei mal von CSU-Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer nach Berlin zitiert, um sich im Dieselskandal zu erklären.

Und jetzt muss Zetsche auch noch die Prognosen deutlich senken. Die Anleger sind entsetzt und wurden kalt erwischt. Die Daimler-Aktie gibt zwischenzeitlich fast fünf Prozent ab und notiert auf einem Zweijahrestief. Der operative Konzerngewinn werde nun leicht unter dem Vorjahreswert von 14,7 Milliarden Euro liegen, teilte Daimler mit. Bisher galt: leicht über dem Jahr 2017.

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Als Begründung führt Zetsche unter anderem die internationalen Handelsauseinandersetzungen an. US-Präsident Donald Trump hatte zunächst Zölle auf Stahl- und Aluminium-Einfuhren in die USA verhängt. Daraufhin reagierten die Handelspartner. Die Europäische Union will von diesem Freitag an Vergeltungszölle auf amerikanische Waren einführen, weitere Länder können folgen, die Türkei und Indien sprechen ebenfalls von Vergeltung.

Auch China hat bereits angekündigt, vor allem die Einfuhr von Autos aus den USA nun mit Zöllen zu belegen. Umgesetzt ist das noch nicht, aber genau diese möglichen Zölle machen nun Daimler zu schaffen. Denn die Stuttgarter produzieren in ihrem US-Werk in Tuscaloosa 290 000 Fahrzeuge, darunter besonders große Geländewagen, sogenannte SUV, die dann nach China gehen. Aufgrund der Zölle sein nun "von geringeren als bisher erwarteten SUV-Absätzen sowie höheren - nicht vollständig an die Kunden weiterzugebenden - Kosten auszugehen", teilte Daimler mit.

Daimler ist das erste große deutsche Unternehmen, dass seine Vorhersagen wegen des Zollstreits zurück nehmen muss. Experten rechnen nun damit, dass weitere folgen werden. Mehrere Forschungsinstitute hatten zuletzt bereits die Wachstumsaussichten für Deutschland gesenkt, weil der Zollstreit zwischen den USA und China das Geschäft dämpfen kann.

"Unsere Unternehmen haben viele Niederlassungen und Engagements in beiden Ländern. Sie verlieren durch die angekündigten Zölle gegen China und die erwarteten Gegenmaßnahmen gleich doppelt", sagte der Präsident des Deutschen Industrie- und Handelskammertags, Eric Schweitzer. "Für unseren Wohlstand und unsere Beschäftigung ist offener Handel essenziell", meinte zuletzt BDI-Präsident Dieter Kempf.

Treffen könnte es nach Ansicht von Analysten auch BMW. Die Münchner fertigen in ihrem US-Werk in Spartanburg ebenfalls Geländewagen, die dann teilweise nach China exportiert werden. Von der Gesamtproduktion von 370 000 Einheiten ging etwa ein Viertel nach China. Zuletzt sei aber etwa das Modell X3 auch in China hergestellt worden, hieß es bei BMW. Es werden "laufend mögliche Auswirkungen von sich verändernden Rahmenbedingungen auf das Geschäft" geprüft, teilte der Konzern weiter mit.

Auch bei anderen deutschen Unternehmen wird der aufziehende Handelsstreit mit Sorge gesehen. Allerdings produzieren nur wenige in dem Ausmaß wie die Autobauer in den USA für den Weltmarkt. Siemens-Chef Joe Kaeser hatte zuletzt die Handelspolitik Trumps scharf kritisiert. "Die richtige Antwort auf mangelnde Wettbewerbsfähigkeit ist Innovation und Produktivität und keine Zölle und Tweets", sagte er.

EU-Chef Juncker sagt: "Es widerspricht jeder Logik und Geschichte"

US-Handelsminister Wilbur Ross hat die harte Gangart der USA verteidigt. Es müsse ein Umfeld geschaffen werden, in dem es für die Handelspartner "schmerzhafter" sei, an Handelshürden festzuhalten als sie abzubauen, sagte Ross dem TV-Sender CNBC. Letztlich wolle Trump Handelshürden abbauen, fügte er an. Davon allerdings ist derzeit nichts zu spüren. EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker sagte in Dublin zu den Zöllen, die Donald Trump verhängt: "Es widerspricht jeder Logik und Geschichte. Unsere Antwort muss klar, aber maßvoll sein." Man werde tun, was man tun müsse, um die EU zu schützen.

Der US-Präsident, der den deutschen Außenhandelsüberschuss mit den USA immer wieder hart kritisiert, hatte auch schon mit Zöllen auf deutsche Fahrzeuge gedroht, die in die USA importiert werden. Dies könnte die deutschen Autobauer ebenfalls treffen. Die deutsche Autoindustrie hatte versucht, auf den US-Botschafter in Deutschland, Richard Grenell, einzuwirken. Demnach will sie sich für eine Abschaffung aller Autozölle in der EU einsetzen, damit die Amerikaner im Gegenzug auf die Abgaben verzichten. "Schafft die Zölle ab und setzt dafür auf beiden Seiten des Atlantiks gegenseitige Standards", sagte vor kurzem dazu Bernhard Mattes, Chef des Autolobbyverbands VDA.

Daimler gab für seine Gewinnrevision noch weitere Gründe an, nämlich Kosten für Umrüstung von Dieselfahrzeugen, auch gebe es in Lateinamerika weniger Nachfrage nach Mercedes-Bussen. Wegen des Vorwurfs einer unzulässigen Abgastechnik muss der Konzern derzeit europaweit 774 000 Fahrzeuge zurückrufen, darunter 238 000 in Deutschland. Manche vermuten deshalb, Zetsche habe die drohenden Zölle Chinas nur als Vorwand für eine ohnehin nötige Revision genommen. "An Spekulationen beteiligen wir uns nicht", sagte dazu ein Sprecher.

© SZ vom 22.06.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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