US-Strafzölle:China hat sich im Handelsstreit verzockt

Containerhafen in Shanghai

Eine Aufnahme des Containerhafens in Shanghai.

(Foto: dpa)

Die Regierung in Peking hat Donald Trump und seine zerstörerische Kraft maßlos unterschätzt. Nun droht dem Land entweder ein innenpolitischer Bruch - oder ein ökonomisches Desaster.

Kommentar von Christoph Giesen, Peking

Eine Woche ist es jetzt her, da stand US-Präsident Donald Trump auf einer Bühne in Singapur, berauscht von sich selbst und seinem Treffen mit Nordkoreas Diktator Kim Jong-un. Einmal in Jubelstimmung verteilte Trump Komplimente: Chinas Staats- und Parteichef Xi Jinping bekam besonders dickes Lob: "Er ist eine tolle Person und ein Freund von mir. Wirklich der große Führer seines Volkes", pries Trump Xi. Wenige Tage danach ist von dieser ach so engen Freundschaft nicht mehr viel übrig: Die Vereinigten Staaten und China steuern auf einen Handelskrieg zu, wie ihn die Welt noch nicht gesehen hat.

Zölle auf Waren im Wert von 50 Milliarden Dollar will Trump von seinem vermeintlichen Kumpel Xi verlangen. Doch nicht nur das: Erhebt China Gegenzölle, sollen Strafabgaben für Handelsartikel im Umfang von 200 Milliarden folgen. Kontert China auch das, will Trump Zölle für weitere 200 Milliarden überprüfen lassen. Insgesamt also 450 Milliarden Dollar - mathematisch ist es kaum möglich für China gleichzuziehen: Die Volksrepublik importierte im vergangenen Jahr bloß US-Produkte für 130 Milliarden Dollar.

Peking steckt in einem Dilemma. Innenpolitisch wird eine scharfe Reaktion erwartet. Xi setzt auf einen neu entfachten Nationalismus, ein weicher Kurs schadet ihm nur. Außerdem hat die Regierung immer wieder verkündet, Gleiches mit Gleichem zu vergelten. Davon gibt es kein zurück. Ökonomisch wäre das aber Wahnsinn. Beinahe 20 Prozent der chinesischen Exporte gehen in die USA, das macht etwa vier Prozent des Bruttoinlandsprodukts aus. Und das Land will, ja muss wachsen. Denn: Stärker noch als durch Xis Nationalismus wird der Machtanspruch der Kommunistischen Partei durch das Wirtschaftswachstum legitimiert.

In den vergangenen Wochen hat China versucht, den Konflikt abzuwenden. Vizepremier Liu He, Xis Mann für die Wirtschaft, ist nach Washington gereist. Zuletzt war Peking bereit, Zugeständnisse zu machen und das Handelsdefizit dramatisch zu senken. 70 Milliarden und mehr stehen im Raum. Als wohl einziger Staat der Welt ist die Volksrepublik in der Lage so etwas einfach zu beschließen. Chinesische Firmen müssten dann per Dekret in den USA einkaufen. Offenbar nicht genug.

Trump liebt doch eigentlich Deals - und nun das

Die chinesische Regierung hat diesen Donald Trump und seinen Hang, alles mit sich in den Abgrund zu reißen, unterschätzt. Dabei hatte sich nach dessen Amtsantritt niemand so schnell angepasst wie Peking. Als man sich in Paris, Brüssel und Berlin noch fragte, ob man wirklich mit der mandatslosen Präsidententochter Ivanka oder dem Schwiegersohn Jared Kushner sprechen solle, handelte China. Ivanka wurde in die chinesische Botschaft in Washington zu den Frühlingsfest-Feierlichkeiten eingeladen. Und ein Video von Trumps Enkelin Arabella, in dem diese auf Chinesisch singt, machte im Netz die Runde. Ivankas Modefirma bekam im Handstreich Markenrechte in China zugesprochen. Inzwischen sind es 34 Lizenzen.

Auch die Trump-Organisation, die Immobilienfirma des Präsidenten, profitierte: Ein chinesisches Unternehmen hilft beim Bau von Hotels und Golfplätzen für einen Vergnügungspark in Indonesien - staatliche Kredite inklusive. Als Trump dann im vergangenen Herbst nach China reiste, ließ die Führung Wirtschaftsverträge (fast nur Absichtserklärungen) im Wert von 250 Milliarden Dollar unterzeichnen. Trump liebt ja Deals. Und nun das.

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