Unbegrenzte Kredite:Die Regierung muss ihrem Versprechen nun Taten folgen lassen

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Das Signal von Scholz und Altmaier an die Unternehmen ist wichtig, weil es beruhigt und Vertrauen schafft. (Foto: AFP)

Die Koalition holt die ganz große Bazooka raus. Das Signal ist wichtig, weil es beruhigt und Vertrauen schafft. Nun sollte sie gerade bei den Kleinen klotzen statt kleckern.

Kommentar von Cerstin Gammelin, Berlin

Niemand hatte wohl damit gerechnet, dass die Koalition aus CDU, CSU und SPD nach den kümmerlichen Versprechen des Koalitionsausschusses vom vergangenen Sonntag fünf Tage später die ganz große Bazooka rausholt. Es war, als schwebe der Geist des berühmt-berüchtigten Mario Draghi durch den Raum, als die Bundesminister für Wirtschaft und für Finanzen ihr deutsches "Whatever it takes"-Versprechen abgaben. Die Bundesregierung werde alles tun, was nötig sei, um die Corona-Folgen zu mildern und Unternehmen liquide zu halten. Vom Taxifahrer über die Kreativwirtschaft bis zum Großunternehmen soll allen geholfen werden. Das ist ein riesiges Versprechen. Und, vor allem, es ist das richtige Versprechen.

Dass die deutsche Regierung plötzlich so klingt wie der einstige, aus Italien stammende und gerade hierzulande umstrittene Präsident der Europäischen Zentralbank, zeigt, wie groß die von Sars-CoV-2 ausgelöste Krise tatsächlich ist. Die einschneidenden Vorsichtsmaßnahmen, mit denen die Infektionen verlangsamt werden sollen, bieten keinen Platz für Klein-Klein oder parteipolitische Profilierungen. Das "Whatever it takes" der Bundesregierung ist so auch eine Aufforderung an jeden einzelnen Bürger, selbst alles zu tun, um die Ausbreitung durch persönliche Rücksichtnahmen zu verlangsamen. Die Koalition signalisiert: Wir unterstützen euch. Wir stehen euch bei. Das Signal ist wichtig, weil es beruhigt und Vertrauen schafft. Man erinnere sich an frühere Krisen. Als in der dramatischen Finanzkrise 2008 viele Bürger sich anschickten, ihre Sparguthaben abzuheben, beruhigten Angela Merkel und Peer Steinbrück mit dem Satz, die Sparguthaben seien sicher. Vier Jahre später beendete Mario Draghi mit seinem "Whatever it takes" die Wetten der Spekulanten gegen den Euro. Er rettete die Währung, indem er den Märkten Stärke zeigte.

Genau darauf kommt es für die Bundesregierung jetzt an. Sie muss dem Versprechen Taten folgen lassen. Und dafür sorgen, dass niemand vergessen wird. Es gilt, nicht nur unbegrenzt Kredite über die staatseigene Förderbank auszureichen, sondern auch an jene zu denken, die Freiberufler sind, Kulturschaffende oder Studenten, die sich die Ausbildung über einen Nebenjob finanzieren. Gut möglich, dass sie nachbessern muss, und gerade bei den Kleinen sollte die Bundesregierung klotzen statt kleckern. Notfalls muss eben noch ein Fonds für Härtefälle aufgesetzt werden.

Und, ganz wichtig, es sollte nicht unterschätzt werden, wie bedeutsam das deutsche Signal für die europäischen Nachbarn ist, allen voran Italien. Wir sind jetzt alle Italiener, hatte sich EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen diese Woche solidarisch gezeigt. Es war eine schöne Geste, ja. Aber mehr nicht, weil die Brüsseler Behörde ja nur so stark sein kann, wie es die Mitgliedstaaten erlauben. Dass aber nun Berlin versichert, Europa könne auf die Solidarität der größten Volkswirtschaft zählen, die selbst gerade mit allen Mitteln stabilisiert werden soll, ist ein großes Versprechen. Wiederholt Olaf Scholz diese Worte am Montag in Brüssel, kann sich europaweit noch etwas Unerwartetes ausbreiten: die Zuversicht, dass die Europäer in dieser Krise tatsächlich zusammenstehen.

© SZ vom 14.03.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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