MeinungWirtschaftskrise:Wo sind die ehrbaren Kaufleute geblieben?

Kommentar von Cerstin Gammelin

Bis die Innenstädte wieder so voll sind, wie die Kölner Einkaufsstraße Hohe Straße, wird es noch dauern. Aber sollte man deswegen die Läden durchfinanzieren?
Bis die Innenstädte wieder so voll sind, wie die Kölner Einkaufsstraße Hohe Straße, wird es noch dauern. Aber sollte man deswegen die Läden durchfinanzieren? (Foto: dpa)

Diejenigen, die ihre Probleme erst mal selbst lösen wollen. Gewiss ist, dass der Konjunktureinbruch schlimm wird, aber das rechtfertigt nicht Hilfe für alle und jeden.

Die deutsche Konjunktur wird in diesem Jahr wohl einen negativen Rekord hinlegen: Der Einbruch wird der größte seit Gründung der Bundesrepublik sein. Man kann schon die Forderungen hören, die jetzt dramatisch an Lautstärke gewinnen werden. Panik! Noch mehr Unterstützung! Für alle! Doch Vorsicht. Gibt die große Koalition allen Rufen nach, befördert sie neue Ungleichheit im Lande.

In Deutschland greift eine besorgniserregende Selbstbedienungsmentalität um sich. Branchen halten die Hand auf, um vom Staat subventioniert zu werden. Zahnärzte, die gerade noch florierende Praxen hatten, fordern Zuschüsse. Autokonzerne, die Dividenden zahlen, wollen Finanzhilfen. Ebenso Studenten aus wohlhabendem Hause und Start-ups mit prekären Arbeitsbedingungen.

Man fragt sich, wo die ehrbaren, verantwortungsvollen Kaufleute geblieben sind, die Probleme erst mal selbst lösen wollen. Die Rücklagen für schlechte Zeiten gebildet haben. Und wo der Staat seine Prinzipien gelassen hat - es geht schließlich um Steuergeld. Jeder Euro, den die öffentliche Hand in Unternehmen steckt, bewahrt deren Aktionäre oder Eigentümer davor, selbst Verluste zu tragen. Die Gewinne werden privatisiert, die Verluste sozialisiert. So wird der Kickstart aus der Krise nicht gelingen.

© SZ vom 27.04.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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