Geldpolitik:Britische Notenbank erhöht überraschend den Leitzins

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Die Bank of England in London (Foto: Clodagh Kilcoyne/REUTERS)

Die Währungshüter reagieren damit auf den rasanten Preisanstieg im Land. Ein Ende des Zinstiefs im Euroraum ist hingegen nicht in Sicht - die EZB belässt den Leitzins bei null Prozent.

Die Bank von England erhöht als erste der großen Zentralbanken weltweit die Zinsen seit Ausbruch der Corona-Pandemie. Der geldpolitische Schlüsselsatz wurde am Donnerstag überraschend auf 0,25 von zuvor 0,1 Prozent angehoben.

Die Währungshüter reagieren damit auf den rasanten Preisanstieg auf der Insel. Die Inflation ist mit zuletzt 5,1 Prozent weit über das Ziel der Notenbank hinausgeschossen. Angetrieben werden die Preise unter anderem durch die stark gestiegenen Energiekosten sowie aus der Pandemie-Krise resultierendem Materialmangel und Lieferengpässen. Diese Faktoren heizen auch die Inflation in den USA kräftig an, sodass die US-Notenbank Fed mehrere Zinserhöhungen für kommendes Jahr ins Auge fasst.

Ein Ende des Zinstiefs im Euro-Raum ist hingegen nicht in Sicht: Den Leitzins für den Währungsraum der 19 Staaten hält die Europäische Zentralbank (EZB) auf dem Rekordtief von null Prozent. Auf diesem Niveau liegt der Zins nunmehr seit März 2016. Geschäftsbanken müssen nach wie vor 0,5 Prozent Zinsen zahlen, wenn sie Geld bei der Notenbank parken.

In Deutschland kletterte die Inflation im November auf 5,2 Prozent

Kritiker werfen der EZB vor, mit dem vielen billigen Geld die Inflation anzuheizen, die sie eigentlich im Zaum halten will. Oberstes Ziel der Notenbank sind stabile Preise bei einer Teuerungsrate von etwa zwei Prozent. Eine höhere Inflation schwächt die Kaufkraft von Verbrauchern, weil sie sich für einen Euro dann weniger kaufen können als zuvor. Sowohl in Deutschland als auch im Euro-Raum haben sich die Teuerungsraten in den vergangenen Monaten immer weiter vom Ziel der EZB entfernt.

In Deutschland kletterte die Inflation im November auf 5,2 Prozent. Der für die EZB-Geldpolitik maßgebliche harmonisierte Verbraucherpreisindex HVPI lag in Europas größter Volkswirtschaft sogar um 6,0 Prozent über Vorjahresniveau. Im Euro-Raum insgesamt legten im November die Verbraucherpreise im Jahresvergleich um 4,9 Prozent zu - das ist die höchste Inflation seit Bestehen des gemeinsamen Währungsraums.

Zumindest an einer Stellschraube wird nun aber gedreht. Europas Währungshüter lassen ihr Corona-Notkaufprogramm für Anleihen im kommenden Jahr auslaufen. Die Europäische Zentralbank werde "die Nettokäufe von Vermögenswerten im Rahmen des PEPP Ende März 2022 einstellen", entschied der EZB-Rat.

Beendet sind die milliardenschweren Wertpapierkäufe der EZB damit aber nicht. Das zu Beginn der Pandemie im März 2020 aufgelegte Kaufprogramm PEPP (Pandemic Emergency Purchase Programme) endet damit formal. Im Rahmen dieses besonders flexiblen Programms wird die EZB vorerst weiterhin Staatsanleihen und Unternehmenspapiere erwerben. Das Volumen des PEPP hatte die Zentralbank mit Sitz in Frankfurt am Main von ursprünglich 750 Milliarden Euro zwei Mal auf 1,85 Billionen Euro erhöht. Die Anleihenkäufe helfen Staaten wie Unternehmen: Diese müssen für ihre Wertpapiere nicht so hohe Zinsen bieten, wenn eine Zentralbank als großer Käufer am Markt auftritt.

Unsicherheiten haben angesichts der neuen Coronavirus-Variante zugenommen

Führende Vertreter der EZB hatten zuletzt bekräftigt, die Notenbank werde die Wirtschaft auch 2022 mit Anleihenkäufen unterstützen. Denn die Unsicherheiten für den wirtschaftlichen Ausblick haben angesichts der neuen Coronavirus-Variante Omikron wieder zugenommen. Auch nach einem formalen Auslaufen von PEPP will die EZB Geld aus fällig werdenden Wertpapieren neu anlegen - und zwar nun bis mindestens Ende 2024. Zudem sind Anleihenkäufe inzwischen fester Bestandteil des Werkzeugkastens der EZB.

Im Rahmen des seit 2015 genutzten Programms Asset Purchase Programme (APP) hat die EZB bisher mehr als drei Billionen Euro in Staatsanleihen und Unternehmenspapiere gesteckt. Im zweiten Quartal 2022 stockt die Notenbank das Kaufvolumen des Programms APP von derzeit monatlich 20 Milliarden Euro auf dann 40 Milliarden Euro auf, wie der EZB-Rat ebenfalls entschied. Im dritten Quartal sollen Anleihen im Volumen von 30 Milliarden Euro monatlich gekauft werden, ab Oktober 2022 wird das Volumen wieder auf 20 Milliarden Euro verringert.

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