Brexit:London kündigt harte Verhandlungen an

  • Einer der größten Streitpunkte in den Verhandlungen zwischen Großbritannien und der EU dürften vor allem die Fischerei-Rechte sein.
  • Offen ist auch die Frage, ob sich britische Unternehmen künftig an die EU-Regeln halten sollen. Nur dann gäbe es faire Wettbewerbsregeln.

Von Björn Finke, Brüssel

Die neue Ära beginnt konfliktreich: Drei Tage nach dem Austritt Großbritanniens aus der EU stellten der britische Premier Boris Johnson und EU-Chefunterhändler Michel Barnier ihre Ziele für die künftigen Beziehungen vor. Die Reden, die am Montag in London und Brüssel gehalten wurden, demonstrieren, wie schwierig die Verhandlungen darüber sein werden. Streitpunkte sind vor allem Fischerei-Rechte sowie die Frage, ob und wie sehr sich das Vereinigte Königreich weiter an EU-Regeln halten soll, um unfaire Vorteile für britische Firmen zu verhindern.

Barnier präsentierte in Brüssel den Vorschlag für sein Verhandlungsmandat. Dem 26-seitigen Dokument sollen die Mitgliedstaaten am 25. Februar zustimmen; danach könnten die Gespräche "sofort beginnen", sagte der Franzose. Die Zeit drängt: Die Übergangsphase, in der sich fast nichts ändert, läuft Ende Dezember aus, und Johnson lehnt eine Verlängerung ab. Ohne Handelsvertrag drohen daher im Januar 2021 Zölle und Kontrollen.

"Sehr ehrgeizigen Handelsvertrag"

Die EU strebe einen "sehr ehrgeizigen Handelsvertrag" an, sagte Barnier. Aber der sei "untrennbar verbunden" mit den Themen Fischerei und Level Playing Field, also fairen Regeln für den Wettbewerb der Unternehmen. Sprich: Ohne Einigung in allen drei Bereichen soll es kein Abkommen geben. Die britischen Gewässer sind für viele EU-Fischer wichtige Fanggründe. Britische Fischer klagen, für sie bleibe zu wenig übrig. Johnson versprach bei seiner Rede in London, dass die heimischen Fischgründe in Zukunft "zuallererst für britische Boote" da sein würden. Doch die EU will den guten Zugang für ihre Flotten beibehalten.

Außerdem sagte Barnier, die Abkommen müssten "auf lange Sicht offenen und fairen Wettbewerb" sichern. Das Verhandlungsmandat listet Politikfelder auf, in denen verhindert werden soll, dass die britische Regierung Regeln aufweicht und ihren Firmen dadurch Vorteile beschert: Es geht um Staatsbeihilfen, Sozial- und Umweltstandards, Arbeitnehmerrechte, Klimaschutz und "relevante Steuerthemen". Sollten Brüssel oder London in Zukunft ihre Standards weiter anheben, könne der Vertrag angepasst werden, um dieses höhere Schutzniveau festzuschreiben, heißt es in dem Vorschlag für das Mandat.

Johnson hingegen machte klar, dass solche Verpflichtungen seiner Meinung nach nichts in einem Freihandelsvertrag verloren hätten - und ohnehin unnötig seien: "Das Vereinigte Königreich wird in diesen Bereichen die höchsten Standards beibehalten - in vielerlei Hinsicht bessere als die der EU -, ohne den Zwang eines Vertrags." Die Gefahr, dass die Gespräche über einen Handelsvertrag bis Jahresende nicht zum Erfolg führen, tat der Konservative ab. Ob mit Abkommen oder ohne: Er habe "keinen Zweifel, dass Großbritannien erblühen wird".

Sehr wichtig für die britische Wirtschaft ist die Finanzbranche. Barnier betonte, dass sich der Zugang zum EU-Binnenmarkt für Banken und Versicherer verschlechtern werde. Entscheidungen über mögliche Erleichterungen werde Brüssel "unilateral" treffen, also nicht in Verhandlungen mit London.

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