Fehlverhalten am Arbeitsplatz:BP verweigert Ex-Chef 32 Millionen Pfund

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Bernard Looney hatte den Chefposten bei BP erst 2020 mit dem Versprechen übernommen, das 113 Jahre alte Unternehmen "neu zu erfinden". (Foto: Kamran Jebreili/AP)

Bernard Looney hatte dem Energiekonzern nicht die Wahrheit über seine Beziehungen zu Kolleginnen gesagt. Jetzt wurde er fristlos gekündigt - und muss auf viel Geld verzichten.

Von Alexander Mühlauer, London

Als Bernard Looney vor zwei Monaten völlig überraschend von seinem Chefposten bei BP zurücktrat, gab es allerlei Spekulationen: Hat er den Aufsichtsrat wirklich angelogen? Und wenn ja, mit wie vielen Kolleginnen hatte er eine Affäre? Nun gibt es immerhin ein wenig Gewissheit. Der frühere Vorstandschef des britischen Energiekonzerns habe das Board "wissentlich irregeführt", heißt es in einer BP-Mitteilung vom Mittwochabend. Wegen "schwerwiegenden Fehlverhaltens" müsse Looney auf insgesamt 32,4 Millionen Pfund (37,5 Millionen Euro) verzichten. Zum 13. Dezember wurde er fristlos gekündigt.

32,4 Millionen Pfund, das ist die maximale Summe, die Looney an ausstehenden Aktienoptionen und Boni verweigert werden kann. Das ist nicht nur viel Geld, sondern vor allem auch ein klares Zeichen: Vorstandschefs müssen sich an den Verhaltenskodex eines Unternehmens halten. Wer das nicht tut, dem muss klar sein, dass es Konsequenzen gibt. Vor allem dann, wenn man gegenüber dem Aufsichtsrat nicht die Wahrheit sagt.

Was Looneys Verfehlungen betrifft, ist noch immer einiges unklar, nur so viel steht fest: Im Mai 2022 wurden erstmals Vorwürfe geprüft, wonach der heute 53-Jährige sexuelle Beziehungen zu Kolleginnen gehabt haben soll. Damals wurden keine Verstöße gegen den Verhaltenskodex des Unternehmens festgestellt. Als jedoch in diesem Jahr weitere Vorwürfe aufkamen, leitete BP eine erneute Untersuchung ein.

Looney gab zu, dass er in der Vergangenheit "nicht vollständig transparent" gewesen sei. "Er hat nicht alle Beziehungen detailliert offengelegt und akzeptiert, dass er zu einer vollständigeren Offenlegung verpflichtet ist", hieß es in einer Mitteilung von BP, als Looney im September seinen Rücktritt bekannt gab. Dem Vernehmen nach soll er als Chef des Energiekonzerns mindestens eine Mitarbeiterin befördert haben, mit der er eine sexuelle Beziehung gehabt haben soll.

Looney zeigte sich "enttäuscht über die Art und Weise, wie diese Situation gehandhabt wurde"

Looneys Rücktritt kam für den Energiekonzern zu einem heiklen Zeitpunkt. Der Ire hatte den Chefposten erst 2020 mit dem Versprechen übernommen, das 113 Jahre alte Unternehmen "neu zu erfinden". Bis 2050 soll BP klimaneutral werden. Um das zu erreichen, kündigte Looney Milliardeninvestitionen in erneuerbare Energien an. Ob es bei diesem grünen Kurs bleibt, wird sich zeigen. Looneys Nachfolge ist noch immer offen. Zurzeit führt der frühere Finanzchef Murray Auchincloss das Unternehmen übergangsweise.

Mit einem Börsenwert von 88 Milliarden Pfund (102 Milliarden Euro) und fast 68 000 Angestellten zählt BP zu den größten Energiekonzernen der Welt. Das Unternehmen betreibt weltweit gut 20 700 Tankstellen, in Deutschland gehören jene von Aral dazu. Looney führte BP durch einige der schwierigsten Jahre der Unternehmensgeschichte. Erst Corona, dann der russische Angriffskrieg auf die Ukraine, in dessen Folge die Energiepreise massiv gestiegen sind. BP machte dadurch sehr hohe Gewinne, zuletzt sind sie aber wieder deutlich gesunken.

Mit Looneys Abgang geht einer, den viele bei BP als Urgestein bezeichneten. In seinem bisherigen Berufsleben hat er im Grunde nur für diese Firma gearbeitet. Aufgewachsen auf einem irischen Bauernhof, fing er 1991 als 21-jähriger Elektroingenieur bei BP an. Er arbeitete unter anderem in Mexiko und Vietnam, bevor er 2016 ins Management der Londoner Zentrale kam. Vier Jahre später wurde Looney Chef.

Jetzt also der tiefe Fall. Zum Abschied ging Looney allerdings nicht ganz leise, er wollte nach seiner Kündigung noch ein paar Worte loswerden. Er sei "enttäuscht über die Art und Weise, wie diese Situation gehandhabt wurde", ließ er sich in einer Stellungnahme zitieren. Ansonsten wünsche er allen bei BP einfach nur alles Gute für die Zukunft.

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