Großbritannien:London legt eine Zinspause ein

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Die Bank of England im Zentrum Londons. (Foto: IMAGO/ZUMA Wire)

Weil die Inflation stärker gesunken ist als erwartet, nimmt sich die Bank of England ein Beispiel an der Fed: Die britische Notenbank belässt den Leitzins bei 5,25 Prozent. Die Entscheidung fiel allerdings äußerst knapp aus.

Von Alexander Mühlauer, London

Am Ende ist die Entscheidung ziemlich knapp ausgefallen: Mit nur einer Stimme Mehrheit beschloss das zuständige Gremium der Bank of England, den Leitzins von 5,25 Prozent beizubehalten. Fünf Mitglieder des Monetary Policy Committee sprachen sich am Donnerstag für eine Zinspause aus, vier stimmten hingegen für eine weitere Anhebung. Der Grund für die Pause ist vor allem die im August überraschend gesunkene Inflationsrate. Mit 6,7 Prozent liegt diese in Großbritannien zwar immer noch höher als in den anderen G-7-Staaten, aber die Tendenz scheint doch recht klar zu sein: Die Teuerung wird wohl in den kommenden Monaten weiter sinken.

Mit der Zinspause folgt die Bank of England nun dem Beispiel der US-Notenbank Federal Reserve. Die Fed hatte erst am Mittwoch ihren wichtigsten Leitzins, die sogenannte Tagesgeldzielspanne, bei 5,25 bis 5,50 Prozent beibehalten. Auch die Schweizerische Nationalbank legte am Donnerstag eine Zinspause ein. Der Leitzins liegt in der Schweiz derzeit bei lediglich 1,75 Prozent und damit deutlich niedriger als in anderen westlichen Ländern. Allerdings verzeichnet die Schweiz auch eine vergleichsweise sehr geringe Inflationsrate von gerade mal 1,6 Prozent.

Davon kann der Chef der Bank of England, Andrew Bailey, nur träumen. Bereits vor der Entscheidung hatte er immerhin davon gesprochen, dass man allmählich den Zinsgipfel erreicht habe. Die Inflationsrate werde voraussichtlich weiter sinken, so der Notenbankchef. Am Donnerstag sagte Bailey, dass es trotz dieser Annahme "keinerlei Grund zur Selbstzufriedenheit" gebe. "Wir müssen sicherstellen, dass sich die Inflation wieder normalisiert, und wir werden weiter die notwendigen Entscheidungen treffen, um genau das zu erreichen", sagte er. Bis allerdings das Notenbank-Ziel von zwei Prozent Inflation erreicht sein wird, dürfte es noch länger dauern. Um die Teuerung zu bekämpfen, hatte die Bank of England den Leitzins seit gut einem Jahr noch stärker als die Europäische Zentralbank (EZB) angehoben. Erst jetzt folgt bei 5,25 Prozent eine Pause.

Ob sich die Inflationsrate wie erhofft weiter verringern wird, ist jedoch ungewiss. Erst zu Beginn dieser Woche hatte die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) ihre Inflationsprognose für das Vereinigte Königreich angepasst. Demnach werden die Preise in Großbritannien im Jahresdurchschnitt um 7,2 Prozent steigen - im Juni war die OECD noch von 6,9 Prozent ausgegangen. Wenn es so kommt, wäre die Inflation in Großbritannien in diesem Jahr damit so hoch wie in keinem anderen großen Industrieland.

Für den britischen Premierminister Rishi Sunak ist die Entwicklung der Teuerung entscheidend. Er hat sein politisches Schicksal daran geknüpft, als er im Januar versprochen hatte, die damalige Inflationsrate bis zum Jahresende auf 5,4 Prozent zu halbieren. Dieses Versprechen ist Teil von Sunaks Wahlkampagne. Im Vereinigten Königreich muss bis spätestens Januar 2025 ein neues Unterhaus gewählt werden. Solange dürfte der Premier allerdings nicht warten. In Westminster geht man davon aus, dass die Wahl 2024 stattfindet. Derzeit liegen Sunaks Tories in den Umfragen 15 bis 20 Prozent hinter Labour, der größten Oppositionspartei.

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