Bei der Finanzaufsicht Bafin sind im vergangenen Jahr so viele Verbraucherbeschwerden über Banken, Versicherer und Wertpapierdienstleister eingegangen wie noch nie, seit die Behörde dazu Zahlen veröffentlicht. Insgesamt beschwerten sich Kunden 38 233-mal. Das waren 62 Prozent mehr als im Vorjahr, teilte die Bafin mit. Die meisten Beschwerden kamen von Bankkunden, hier stieg die Zahl der Fälle um fast 87 Prozent auf gut 27 536 Fälle an. Für Unmut sorgten vor allem Probleme bei Kontokündigungen, Störungen im Kundenservice, verspätet ausgestellte Jahressteuerbescheinigungen sowie unzulässige Gebühren.
Besonders groß war der Ärger von Bankkunden über die Postbank, die zur Deutschen Bank gehört. "Ein wesentlicher Teil der Beschwerden über Störungen im Privatkundenservice bei den Banken ging auf ein Finanzinstitut zurück", sagte Christian Bock, Leiter der Bafin-Verbraucherschutzabteilung. Dabei handelt es sich dem Vernehmen nach um die Postbank, die vergangenes Jahr ihre IT auf die Systeme der Deutschen Bank umgezogen hat. Zeitweise hatten Tausende Kunden keinen Zugang zu ihren Konten oder beklagten schlecht zugängliche Hilfestellung im Call-Center oder der Filiale. Es gab sogar zahlreiche Fälle von offenbar unberechtigten Abbuchungen. Die Probleme waren derart gravierend, dass die Bafin im Herbst einen Sonderbeauftragten zur Deutschen Bank schickte. Er sollte die Aufräumarbeiten dort überwachen.
Inzwischen seien die Probleme im Großen und Ganzen abgearbeitet, hieß es bei der Deutschen Bank. Wobei das größte deutsche Geldhaus auch durchblicken ließ, dass es noch Verbesserungsbedarf gibt. Bis Ende März habe man, wie zuletzt angekündigt, den Rückstau bei den "kundenkritischen Prozessen", bewältigt, sagte ein Bank-Sprecher. Diese waren auch Gegenstand der Anordnungen der Bafin. Man arbeite nun weiter an Verbesserungen, hieß es weiter. "Auch neu eingehende Anliegen unserer Kundinnen und Kunden in diesen Prozessen werden grundsätzlich in den erwarteten Servicezeiten bearbeitet." Gleichzeitig habe man weiterhin Arbeit vor sich, "um unseren Kundenservice und unsere Prozesse in den kommenden Monaten weiter zu verbessern."
Bereits seit 2018 beschweren sich immer mehr Bankkunden bei der Bafin. Das dürfte nicht nur am mittelmäßigen Service, sondern auch an der wachsenden Bekanntheit der Bafin liegen. "Inzwischen kennen uns viel mehr Verbraucherinnen und Verbraucher. Das liegt unter anderem daran, dass wir über unsere Maßnahmen transparent berichten", sagte Bock. Sie hätten aber auch einige hohe Bußgelder verhängt und die Bestellung von Sonderbeauftragten bekannt gemacht. Zudem sei die Bafin in den sozialen Medien sichtbarer geworden. Einzelne Streitfälle dürfe und könne die Finanzaufsicht allerdings nicht verbindlich entscheiden. Hier seien ordentliche Gerichte die Ansprechpartner, auch an Ombudsleute und Schlichtungsstellen könne man sich wenden.
Banken investieren nicht genug in die IT
Über Versicherer und Wertpapierdienstleister häuften sich ebenfalls die Beschwerden. Versicherungskunden beklagten sich der Bafin zufolge vor allem über langsame Schadensbearbeitung und schleppende Auszahlung von Versicherungsleistungen. "Schaden- und Unfallversicherer waren zudem auffällig oft schlecht telefonisch erreichbar", sagte Bock. Bei Lebensversicherern hätten sich Kunden vor allem an der Höhe der Versicherungsleistung gestört. Die Zahl der Beschwerden über Versicherungen stieg um gut 20 Prozent auf 7680 Fälle. Bei Wertpapierdienstleistern stand häufig der Kundenservice in der Kritik. Kunden klagten über lange Reaktionszeiten, unzureichende Antwortschreiben oder Schwierigkeiten im Zusammenhang mit Depotüberträgen.
Doch nicht nur die wachsende Bekanntheit der Bafin dürfte der Grund sein für die steigende Zahl an Beschwerden. Es liegt wohl schlichtweg oft am schlechten Service selbst, denn viele Banken haben zu spät und unzureichend in ihre IT investiert. Bafin-Chef Mark Branson hatte unlängst Cyberattacken und IT-Pannen als die größten Risiken für den Finanzsektor genannt und die Banken daran erinnert, ausreichend zu investieren.
Zumal die meisten Geldhäuser derzeit enorm von der Zinswende profitieren und daher die Mittel für Investitionen zur Verfügung haben: Laut einer Studie der Beratungsgesellschaft EY erwirtschafteten die größten europäischen Banken 2023 fast 100 Milliarden Euro Nettogewinn - so viel wie noch nie in den vergangenen zehn Jahren. Diese Gewinne sollten die Banken nicht nur an die Aktionäre ausschütten, sondern auch in operationelle Sicherheit und Stabilität investieren, forderte Branson. Aber auch das Thema Kundenzufriedenheit, so zeigt sich, sollten die Banken ganz offensichtlich nicht vergessen.