München:Siemens greift nach Affäre um Gasturbinen durch

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München (dpa) - Nach dem Debakel um mehrere sanktionswidrig auf die Krim gelangte Gasturbinen greift Siemens-Chef Joe Kaeser durch. Siemens werde sich von seiner Minderheitsbeteiligung an der russischen Ingenieurfirma Interautomatika trennen, gab das Unternehmen am Freitag in München bekannt. Zwei Siemens-Mitarbeiter, die in den Interautomatika-Aufsichtsrat entsandt wurden, würden ausgetauscht beziehungsweise lassen ihr Amt ruhen.

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München (dpa) - Nach dem Debakel um mehrere sanktionswidrig auf die Krim gelangte Gasturbinen greift Siemens-Chef Joe Kaeser durch. Siemens werde sich von seiner Minderheitsbeteiligung an der russischen Ingenieurfirma Interautomatika trennen, gab das Unternehmen am Freitag in München bekannt. Zwei Siemens-Mitarbeiter, die in den Interautomatika-Aufsichtsrat entsandt wurden, würden ausgetauscht beziehungsweise lassen ihr Amt ruhen.

Man habe glaubhafte Informationen erhalten, dass alle vier im Sommer 2016 für das Projekt Taman in Südrussland gelieferten Gasturbinen lokal modifiziert und rechtswidrig, entgegen klarer vertraglicher Vereinbarungen, auf die Krim gebracht worden seien, erklärte das Unternehmen. „Siemens hatte alle in seiner Macht stehenden Maßnahmen ergriffen, dies zu verhindern. Dieses Vorgehen stellt einen eklatanten Bruch der Lieferverträge mit Siemens, des Vertrauens und der EU-Regularien dar.“

Interautomatika ist ein Anbieter von Steuerungs- und Kontrollsystemen für Kraftwerke und sollte die Leittechnik für ein Projekt auf der Krim erstellen. Das rief den deutschen Elektrokonzern auf den Plan, der die Aufkündigung des entsprechenden Vertrages durchsetzte und eine Untersuchung startete. Im Zuge dessen erging auch Strafanzeige gegen die Verantwortlichen des russischen Abnehmers Technopromexport (TPE) sowie eine Klage auf Einhaltung der Verträge. Die EU erlaubt den Export von Kraftwerken nach Russland, nicht aber auf die von Russland annektierte Krim.

Zu dem von Siemens nun beschlossenen Maßnahmenpaket gehört auch die Beendigung eines Lizenzabkommens zur Lieferung von Kraftwerksausrüstung mit russischen Unternehmen. Bei Verträgen mit staatlich kontrollierten Kunden in Russland solle zudem die Lieferung von Kraftwerksausrüstung bis auf Weiteres gestoppt werden, erklärte Siemens. Weitere Mechanismen sollen gewährleisten, dass Siemens potenzielle künftige Lieferungen kontrolliert und eigene Mitarbeiter die Ausrüstung am Bestimmungsort vornehmen.

Der Chef der deutsch-russischen Auslandshandelskammer (AHK) in Moskau, Matthias Schepp, kritisierte die Lieferung der Turbinen auf die Krim. „Deutsche Unternehmen müssen sich in Russland auf die Einhaltung von Verträgen verlassen können“, teilte Schepp mit. „Verträge zu brechen, verstößt gegen grundlegende Handelsprinzipien und beschädigt im konkreten Fall über lange Jahre gewachsenes Vertrauen.“ Schepp betonte, die deutsche Wirtschaft halte sich an die Sanktionen der EU, ihm seien keine Verstöße durch deutsche Unternehmen bekannt.

Für Russland ist das Thema der Turbinen auch aus rein technischer Sicht sensibel. Die mehrheitlich von Siemens kontrollierte Firma SGTT mit Sitz in St. Petersburg ist laut der russischen Wirtschaftszeitung „Wedomosti“ der einzige Hersteller von leistungsstarken Gasturbinen in Russland. „Daher könnte die heimliche Lieferung der Turbinen auf die Krim, das ganze Land um (neue) Turbinen bringen“, sollte Siemens die Lieferungen völlig einstellen, fürchtet das Blatt.

Erst am Donnerstag hatte Kremlsprecher Dmitri Peskow auf Fragen von Journalisten bekräftigt, die Turbinen auf der Krim seien russische Fabrikate. Auch Industrieminister Denis Manturow hatte zuvor betont, Russland habe sich juristisch korrekt verhalten.

An dem Wärmekraftwerk-Projekt auf der Krim hält Russland indes trotz des Streits um die Turbinen fest. Für das erste Quartal 2018 ist der Start geplant. „Das Projekt wird in jedem Fall umgesetzt“, sagte Energieminister Alexander Nowak Berichten zufolge - selbst wenn die Turbinen wieder zurückbeordert würden.

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