Arbeitskampf bei der Lufthansa:Darum ist der Pilotenstreik ein Ärgernis und Fehler

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Lufthansa-Jet auf dem Flughafen München. (Foto: dpa)

Die Piloten der Lufthansa haben das Recht, mehr Geld für ihren verantwortungsvollen Beruf zu verlangen. Doch ihr fortgesetzter Streik ist ein Fehler - sie ignorieren die Lage, in der sich ihr Unternehmen befindet.

Von Marc Beise

Nichts gegen Piloten, im Gegenteil, schon gar nicht in Lufthansa-Flugzeugen. Kein Zweifel, dass die Herren - und zunehmend, gut so, Damen - ganz vorn im Flieger gut ausgebildet und professionell am Werk sind, so dass man sich in ihrer Obhut sicher fühlen darf. Das darf dann gern auch etwas kosten, weshalb an dieser Stelle ausdrücklich keine Neiddebatte geführt werden soll.

Es mag sein, dass ein Berufsanfänger im Cockpit mehr bekommt als viele andere Berufsanfänger in Deutschland. Ein Lufthansa-Pilot verdient später im Durchschnitt zwischen 100 000 und 200 000 Euro im Jahr. Er kann in der Spitze und am Ende des Berufslebens sogar auf etwa 250 000 Euro kommen, wenn er die ganz großen Maschinen führt. Und dann gibt es noch einige gut bezahlte Ruhejahre bis zur Pensionierung. Alles sehr komfortabel - aber es gibt durchaus auch gute Gründe, warum das grundsätzlich in Ordnung ist.

Die Piloten haben das Recht, sich nicht Verdi anzuschließen

Die Rede ist von einem besonders verantwortungsvollen Beruf, bei dem es für die Passagiere um Leben und Tod gehen kann. Die Arbeit ist anstrengend, sie pendelt zwischen Routine und Höchstanspannung, die Arbeitszeiten sind gesundheitsgefährdend. Piloten müssen ihre Ausbildung vorfinanzieren, bis zu 70 000 Euro sind später zurückzuzahlen. Vor allem ist dies ein Beruf, den nicht jeder übernehmen kann, bei dem also Angebot und Nachfrage zugunsten des Arbeitnehmers ausschlagen. So weit also alles okay, und auch kein Anlass für Zorn über Pilotenstreiks.

Streik ist ein Grundrecht, und die Vereinigung Cockpit ist eine kleine, aber schlagkräftige Interessenvertretung der Piloten. Die vielen Arbeitskämpfe von vielen Interessengruppen nerven das Lufthansa-Management, es hat gerade in Brüssel interveniert, um eine Tarifeinheit zu erzwingen.

Arbeitskampf
:Lufthansa-Pilotenstreik betrifft 20 000 Passagiere

Den vierten Tag in Folge haben die Lufthansa-Piloten am Samstag gestreikt, 77 Flüge fielen aus. Die Bevölkerung zeigt nur wenig Verständnis.

Aber Wettbewerb ist eine gute Sache, er beugt der Erschlaffung und der Behäbigkeit vor und führt zu besseren Angeboten, wovon vor allem Kunden, aber auch die Unternehmen selbst und die ganze Wirtschaft profitieren - und das gilt sogar für das Gewerkschaftslager. Die Piloten haben das Recht, sich nicht der großen Dienstleistungsgewerkschaft Verdi anzuschließen, in der andere Berufsgruppen bei der Lufthansa organisiert sind, sondern allein ihren Weg zu gehen, wie übrigens auch die Lokführer in der GDL.

Die Streikenden ignorieren die Lage, in der ihr Konzern steckt

Dennoch ist dieser fortgesetzte Streik der Lufthansa-Piloten, der nun ins Wochenende hinein fortgesetzt wird, ein Ärgernis und ein Fehler. Die halsstarrigen Streikenden ignorieren nämlich die schwierige Lage, in der sich ihr Unternehmen, ihre Kollegen und übrigens auch sie selbst befinden.

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:Cockpit vs. Lufthansa: Wie beurteilen Sie den Pilotenstreik?

Seit Mittwoch befinden sich die Piloten der Lufthansa im Arbeitskampf - Fortsetzung nicht ausgeschlossen. Am Samstag sind allein 20 000 Passagiere betroffen und das Verständnis der Bevölkerung schwindet. Ist der Streik also ein Fehler - angesichts der ohnehin schwierigen Lage der Lufthansa?

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Die Lufthansa, man darf das so drastisch sagen, kämpft ums wirtschaftliche Überleben. Ein Flugzeug ist rasch geleast, eine Fluggesellschaft in Deutschland zu finanzieren heute ein Kunststück. Konkurrenten aus dem Ausland haben bessere Bedingungen, sie werden beispielsweise von ihren Heimatstaaten am Arabischen Golf in einer Art und Weise finanziell und logistisch unterstützt, wie das hierzulande unüblich ist. Die Lufthansa muss sich mit Flugsteuern, sich verändernden Märkten und Billigfluglinien herumschlagen. Die Lage ist ernst.

In dieser Situation Gehaltssteigerungen im zweistelligen Bereich zu fordern; längere Lebensarbeitszeiten zu verweigern (in einer Zeit, da alle Menschen länger arbeiten müssen und dies biologisch auch können); für Berufseinsteiger dieselben Privilegien zu fordern wie für die Alten; einen Streik immer weiter herauszuziehen, sodass er viele Millionen an neuen Kosten verursacht und das Image der Firma schädigt - das alles ist in dieser Radikalität einfach nur: dumm.

© SZ vom 21.03.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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