Steve Jobs:"Ich will nicht, dass wir eine Nation von Bloggern werden"

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Eigentlich scheut Steve Jobs öffentliche Auftritte. Doch auf einer IT-Konferenz plaudert er über die Konkurrenz zu Google, die Entstehung des iPad, das verschwundene iPhone und die Medienlandschaft.

Die Konferenz D: All Things Digital gilt als Bühne der Großen im IT-Geschäft: Jedes Jahr lädt das Wall Street Journal die Chefs einflussreicher Internetfirmen nach Kalifornien, wo sie über den Status Quo der Branche philosophieren dürfen. Hier kam es 2007 zum legendären Zusammentreffen zwischen Microsoft-Gründer Bill Gates und Apple-Chef Steve Jobs, die aufgrund ihrer Rivalität zuvor über Jahre hinweg nicht gemeinsam aufgetreten waren.

Apple-Chef Steve Jobs: Größtes Start-Up auf dem Planeten. (Foto: afp)

In diesem Jahr wird neben Gates-Nachfolger Steve Ballmer auch Facebook-Chef Mark Zuckerberg erwartet - doch trotz des Generationswechsels war es der Auftritt von Apple-Chef Jobs, der im Vorfeld mit der größten Spannung erwartet wurde.

Erst im vergangenen Jahr war der 55-Jährige nach einer Lebertransplantation zurückgekehrt - doch außerhalb der Präsentationen neuer Produkte hatte er sich nur in einigen E-Mails an Kunden und einem Essay zum Multimedia-Format Flash geäußert. Jobs wirkte in dem 90-minütigen Gespräch äußerst konzentriert und versuchte, die beiden Moderatoren bei kritischen Fragen ins Leere laufen zu lassen.

Lesen Sie auf den nächsten Sachen, wie sich Jobs zum verlorenen iPhone-Prototypen, der Rivalität mit Google und Microsoft äußert und warum die Idee für das iPad dem iPhone vorausging.

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Der verlorene iPhone-Prototyp Das US-Technologieblog hatte jüngst den Prototypen eines neuen iPhones präsentiert, den offenbar ein Apple-Mitarbeiter in einer Bar hatte liegen lassen. Jobs dazu: "Um ein gutes drahtloses Produkt zu machen, müssen sie es testen. Und einer unserer Mitarbeiter trug eines bei sich und es gibt eine Debatte darüber, ob es in einer Bar verloren oder gestohlen wurde." Der Finder habe sich dazu entschlossen, das iPhone zu verkaufen und es an den Computer seines Mitbewohners angeschlossen. Dieser habe daraufhin die Polizei gerufen. "Ich weiß nicht, was aus dem Fall wird."

Die Flash-Kontroverse In einem Essay hatte Jobs vor einigen Wochen begründet, weshalb Apple-Geräte Adobes Multimedia-Format Flash nicht unterstützen und das Unternehmen stattdessen auf den neuen Webstandard html 5 setzt. Im Gespräch wiederholte er seine Argumente: "Wir sind es müde, in der Presse von Adobe in die Pfanne gehauen zu werden. Wir glauben nicht, dass Flash ein gutes Produkt ist, deshalb verwenden wir es nicht." Am Ende entschieden die Kunden, ob sie mit diesem Kurs einverstanden seien. "Ich muss sagen, bisher scheinen die Menschen das iPad zu mögen. Wir verkaufen drei iPads pro Sekunde."

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Google, der Rivale Lange Zeit arbeitete Apple mit Google zusammen, Google-CEO Eric Schmidt saß bis Sommer 2009 sogar im Verwaltungsrat des Jobs-Unternehmens. Doch seitdem Google mit dem mobilen Betriebssystem Android auf den Markt drängt, ist es mit der Freundschaft vorbei. Jobs blockte bei der Frage, ob er persönlich enttäuscht sei, ab. "Sie haben sich entschieden, mit uns in Wettbewerb zu treten", gab er zu Protokoll, "doch auch wenn wir Konkurrenten sind: Mit jemandem im Wettbewerb zu stehen, bedeutet nicht, gemein zueinander zu sein." Gerüchte, Apple würde die Google-Suche auf dem iPhone durch Microsofts Bing ersetzen, dementierte er.

Der Kampf der Plattformen Angesprochen darauf, ob Plattformen wie Facebook, Google oder Apple sich einen Kampf liefern würden, der ähnlich der Rivalität zwischen Microsoft und Apple in den 80ern und 90ern sei, antwortete Jobs lakonisch: "Wir sehen uns nicht in einem Plattform-Krieg. Wir haben uns auch niemals in einem Plattform-Krieg mit Microsoft gesehen. Vielleicht ist das der Grund, weshalb wir ihn verloren haben."

Die Zukunft der Medien "Ich will nicht, dass wir eine Nation von Bloggern werden. Ich denke, wir brauchen redaktionelle Kontrolle heutzutage mehr als jemals zuvor. Wenn wir etwas tun können, um den Zeitungen dabei zu helfen, neue Ausdrucksformen zu finden, durch die sie Geld verdienen können, bin ich absolut dabei." Die Menschen seien bereit, Geld für Inhalte zu zahlen, die Verlage sollten nur aggressiver bei der Preisgestaltung sein.

Die Entstehung des iPad Die Idee für das iPad, so Jobs, sei Grundlage für das iPhone gewesen: "Es begann mit dem Tablet. Ich hatte diese Vorstellung eines Glasdisplays, einer Multitouch-Oberfläche die man mit den Fingern bedienen kann. Ich fragte unsere Leute, was sie davon halten. Sechs Monate später kamen sie mit diesem erstaunlichen Display zurück. (...)Und ich dachte: 'Mein Gott, wir können ein Handy damit bauen!' Also stellten wir die Tablet-Idee erst einmal hintenan und begannen, am iPhone zu arbeiten." Das iPad, ergänzte er, sei nicht nur ein Konsumgerät: Es erlaube zum Beispiel das Schneiden von Videos.

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Die strenge App-Store-Politik Apple steht immer wieder in der Kritik von Entwicklern, weil das Unternehmen bestimmte Applikationen zurückweist, wenn sie der Firmenphilosophie widersprechen und beispielsweise zu viel nackte Haut enthalten. Jobs erklärte, man habe inzwischen die Regeln für die einst geblockten politischen Karikaturen geändert und würde diese künftig zulassen. "Wir machen manchmal Fehler, doch wir bereinigen sie." Manchmal allerdings würden Entwickler sofort zur Presse gehen, nachdem ihre Applikationen abgelehnt wurden, "ihre 15 Minuten Ruhm abstauben und hoffen, dass wir unsere Meinung ändern. Wir stecken den Schlag ein und machen weiter."

Neue Geschäftsbereiche Jobs ging nur am Rande auf neue Geschäftsbereiche wie die mobile Werbeplattform iAd ein. Zu den Bemühungen Googles, Fernsehen und Internet zu verändern, sagte er: "Die Fernsehhersteller haben ein Modell unterstützt, das allen Menschen eine Set-Top-Box gratis gibt. Also will niemand eine Box kaufen. Fragen Sie TiVo, fragen Sie Roku, fragen Sie uns. Fragen Sie Google in einigen Monaten." Dieses Geschäftsmodell würde jegliche Innovation abtöten - und bislang sei niemand in Sicht, der Fernsehen komplett neu denken würde. Apple TV sei deshalb "ein Hobby".

Apples Zukunft Als der iPhone-Prototyp auf dem IT-Blog Gizmodo auftauchte, seien viele Menschen auf ihn zugekommen, die ihm geraten hätten, gelassen zu bleiben und nicht auf Journalisten wütend zu sein, weil sie gestohlenes Eigentum kauften und ihn erpressen würden. "Ich habe darüber nachgedacht und entschieden, dass es Apple sich nicht leisten kann, seine Grundwerte zu ändern und einfach loszulassen." Im Klartext: Jobs wird weiterhin versuchen, Botschaft und Image des Unternehmens penibel zu kontrollieren.

Die Apple-Angestellten, ergänzte der 55-Jährige, würden immer noch für die gleichen Ziele und Werte zur Arbeit gehen, die sie vor fünf Jahren vertraten. Zudem sei das Unternehmen das "größte Start-Up auf dem Planeten", weil es sich vor allem durch Zusammenarbeit weiterentwickle.

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