Der Harvard-Professor Yochai Benkler ist überzeugt davon, dass sich mit dem kollektiven Lernen und Teilen von Wissen nicht nur die Wirtschaftswelt, sondern auch die Gesellschaft an sich zum Besseren verändern lässt.
Harvard-Professor Yochai Benkler ist ein radikaler Verfechter der Informationsfreiheit. Er ist überzeugt davon, dass sich mit dem kollektiven Lernen und Teilen von Wissen nicht nur die Wirtschaftswelt, sondern auch die Gesellschaft an sich zum Besseren verändern lässt. Dieser Ansatz wird in der Wissenschaft als Open-Source-Theorie bezeichnet - ein Begriff, abgeleitet aus der Softwareentwicklung, mit dem Programme beschrieben werden, deren Quelltexte frei verfügbar sind, sodass jeder daran mitarbeiten kann. Mit Kritik an den Auswüchsen des Kapitalismus hält der bekannte Juraprofessor nicht hinter dem Berg. Damit meint er vor allem " den arroganten Kapitalismus", wie er von den Vereinigten Staaten und Großbritannien seit den Siebzigerjahren geprägt worden sei. Benkler hat dafür auch einen Begriff gefunden: den "Milton-Friedman-Reagan-Thatcher-Washington-Konsenskapitalismus".
Er kritisiert vor allem die Deregulierung der Finanzmärkte, niedrige Steuern für Großverdiener, schwache Gewerkschaften und den Freihandel. Für ihn alles Faktoren, die die Kluft zwischen Arm und Reich immer größer werden lassen. Eine Fehlentwicklung, die gestoppt werden müsse, fordert er. Dafür sei es notwendig, die Märkte nach sozialen Kriterien auszurichten. Die Gesellschaft müsse sich auf die Stärken der Gemeinschaft besinnen. Darunter versteht er Kooperation statt Konkurrenzdenken. In den Unternehmen sei ein Umdenken notwendig. Deren Aufgabe sieht Benkler darin, die soziale und uneigennützige Zusammenarbeit der Menschen zu fördern. Ein bedingungsloses Grundeinkommen könnte dabei helfen, meint Benkler, der damit auf einer Linie mit dem Drogeriemarkt-Unternehmer Götz Werner liegt.
In der Finanz- und Wirtschaftswelt stoßen Benklers Ideen auf breite Ablehnung. Was nicht überrascht, der Angriff auf Patent- und Urheberrechte würde sie um riesige Einnahmen bringen. Benkler ist sich dessen bewusst. "Diejenigen, die sich dank dieser Rechte die Taschen vollstopfen, werden den stärksten Widerstand leisten", meint er. Das allergrößte Hindernis für Reformen sieht er jedoch in der Trägheit.