Der Unternehmer Götz Werner: "Es ist ein Denkirrtum zu meinen, Arbeit sei das, was gut bezahlt wird. Erst wenn der Mensch ein Einkommen hat, kann er für andere tätig werden. Einkommen ermöglicht die Arbeit."
Götz Werner ist nicht nur ein Unternehmer der alten Schule - sondern Verfechter eines bedingungslosen Grundeinkommens. Das macht ihn zu einem Exoten in der Firmenwelt. Über Jahrzehnte hat der 71-Jährige die erfolgreiche Drogeriemarktkette dm aufgebaut. Im Gegensatz zu vielen Managern der Neuzeit, hat er seine soziale Verantwortung nicht aus den Augen verloren. Während Aldi, Lidl und Co. auf strikte Kontrolle von oben nach unten setzten, schlug Werner einen anderen Weg ein. Seinen Mitarbeitern hat er immer mehr Selbstverantwortung und Eigenkontrolle zugestanden und gute Erfahrungen damit gemacht.
Das allein reicht jedoch nicht aus, findet er: "Das Grundeinkommen hat sich für mich als eine Notwendigkeit ergeben aus meinen betriebswirtschaftlichen Erfahrungen in der Übertragung auf die Volkswirtschaft." Dahinter steht das Konzept, dass der Staat jedem Bürger eine einheitliche finanzielle Basiszuwendung zukommen lässt, und zwar völlig unabhängig von seiner wirtschaftlichen Lage. Werners Forderung als Schnapsidee eines Sozialromantikers abzutun, fällt schwer. Dafür hat der Mann zu viel Praxis. Er glaubt nicht, dass die Menschen sich dann auf die faule Haut legen, im Gegenteil: "Es ist ein Denkirrtum zu meinen, Arbeit sei das, was gut bezahlt wird. Erst wenn der Mensch ein Einkommen hat, kann er für andere tätig werden. Einkommen ermöglicht die Arbeit", meint der Firmengründer. "Mit alldem können wir sofort anfangen, wir müssen es nur ernsthaft wollen." In Finnland will man das tun, zumindest im Rahmen eines Experiments, wie die Regierung angekündigt hat.
Den Stab über den Kapitalismus brechen will Werner nicht. Schließlich hat ihn das System reich gemacht. Die Kapitalismuskritik sei eine Interpretationsfrage: "Die Verwerfungen, die wir zum Beispiel in der Finanzwirtschaft erleben, entspringen nicht dem Kapitalismus, sondern unserem Weltbild." Erst wenn Geld zum Zweck werde, entstehe menschliches Leid. Die größten Schwierigkeiten für eine Grundeinkommen sieht er in festgefahrenen Denkstrukturen und "Blendgranaten", von denen wir uns ablenken lassen.