Barbara Unmüßig, Vorstandsmitglied der Heinrich-Böll-Stiftung: "Wir brauchen eine ökonomische, kulturelle und ökologische Transformation." Viel Zeit bleibe nicht mehr. "Wir müssen dringend und radikaler umsteuern."
So kann es auf keinen Fall weitergehen, meint Barbara Unmüßig, Vorstandsmitglied der Heinrich-Böll-Stiftung. Kapitalismuskritik sei bitter notwendig. Sie setzt sich für eine neue Ökonomie der Natur ein, die radikale Einschnitte beim verschwenderischen Umgang mit den begrenzten Ressourcen verlangt. So seien die Ölvorräte fast aufgebraucht, die Nahrungsmittelproduktion stoße an ihre Grenzen, und der dramatische Klimawandel lasse sich kaum noch aufhalten. "Natur, Land, Arbeit, Wissen und Vermögen werden in einem nie gekannten globalen Ausmaß zu privaten Zwecken angeeignet. Das Allgemeinwohl, die Menschenwürde, natürliche Lebensgrundlagen und demokratische Prinzipien bleiben dabei zu häufig auf der Strecke", kritisiert sie. Die Lösung sieht Unmüßig in einer Ökonomie des "Genug", in der Wachstum kein Selbstzweck mehr sein darf. Hier sieht sie den Staat gefordert, weil sich Mensch und Wirtschaft harte Grenzen nicht freiwillig setzen werden.
Was Verfechter der freien Marktwirtschaft als Ökodiktatur verdammen, ist für Unmüßig eine unverzichtbare Notwendigkeit, es gehe schließlich um das Wohl künftiger Generationen. "Wenn jeder Mensch auf der Welt so viel Fleisch essen würde wie ein Bundesbürger, dann müssten auf 80 Prozent der verfügbaren Ackerflächen nur Futtermittel angebaut werden." Sie definiert die Kernaufgabe so: "Wir brauchen eine ökonomische, kulturelle und ökologische Transformation." Drei Dinge seien dafür notwendig. Erstens ein breiter gesellschaftlicher Konsens darüber, "dass wir dringend und radikaler umsteuern müssen". Zweitens müsse die weitere Expansion des Kapitalismus mit all seinen sozialen und ökologischen Verheerungen gestoppt werden. Drittens seien neue soziale, technologische und ökonomische Experimente notwendig. Wie sich das konkret umsetzen lässt, bleibt bei Unmüßig vage. Die Risiken dieser Reformen sieht sie wohl: "Dem Wachstum abzuschwören, bedeutet, einen wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Zusammenbruch zu riskieren", sagt sie.