"Lärmkontrolle in Echtzeit", "effektive Eigentumsüberwachung" und "Risikobewertung" - klingt nicht gerade nach entspanntem Urlaub. Mit diesen Begriffen werben Hersteller für Überwachungsgeräte, deren Einbau die Buchungsplattform Airbnb seit einigen Wochen ihren Vermietern empfiehlt. Airbnb nennt die Geräte "Party Prevention Devices", also Geräte zur Partyverhinderung.
Auf den ersten Blick sehen die Apparate aus wie Rauchmelder. Im Inneren befindet sich eine Art Dezibelmesser, der kontinuierlich die Lautstärke in der Unterkunft erfasst, und ein Computerchip, der die Daten analysiert und per Wifi überträgt. Sobald der Lärmpegel dauerhaft über einem Schwellenwert liegt, den die Vermieter der Ferienwohnung vorher einstellen, werden sie automatisch per Telefon über die unerwünschte Lautstärke in ihrer Unterkunft benachrichtigt.
Seit Dezember bietet Airbnb seinen Kunden für drei solcher Geräte einen Rabatt an. Hergestellt werden die von den Unternehmen Noiseaware, Mînut und Roomonitor. Die Geräte kosten zwischen 35 und 130 Euro, wenn man sie als Airbnb-Nutzer kauft. Bei zwei der drei Geräte gilt der Airbnb-Rabatt auch für deutsche und europäische Vermieter, die sich die Geräte übers Internet nach Hause bestellen können. Der Funktionsumfang der Geräte unterscheidet sich in einigen Details, doch gemeinsam haben alle die Lärmmessung. Bei dem Gerät von Noiseaware kann der Vermieter den Geräuschpegel in seiner Unterkunft in Echtzeit über ein Web-Portal beobachten. Um vorzuführen, was die Geräte können, zeigt der Anbieter auf seiner Homepage Lautstärkekurven, neben denen je ein Wort steht: "Wohnzimmer", "Terrasse" und "Whirlpool". Für größere Unterkünfte empfiehlt Noiseaware, an diesen drei Orten seine Lautstärkemessgeräte zu verbauen. Für jeden der drei Orte ist in der App zu sehen, wie sich der Geräuschpegel über mehrere Stunden entwickelt. Laut Anbieter werden die Daten rund um die Uhr gespeichert und können auch noch Jahre rückwirkend abgerufen werden.
Airbnb verlangt von allen Vermietern, den Einsatz der Geräte im Beschreibungstext der Unterkunft oder in der Hausordnung transparent zu machen. Auf Anfragen betonen alle drei Hersteller, dass diese keine Stimmen oder Geräusche in der Wohnung aufnehmen, sondern nur den Lärmpegel messen. Sie betonen, dass ihnen die Privatsphäre der Mieter wichtig ist und dass sie diese schützen wollen. Aus Sicht des Datenschutzes ist es positiv, dass die Geräte offenbar keinerlei Geräuschaufzeichnungen an die Server der Unternehmen senden, sondern den gemessenen Lärm nur auf dem Gerät analysieren. So soll festgestellt werden, ob eine Party stattfindet oder nur eine Tür laut zugeschlagen wurde. Da keine Aufnahmen übers Internet übertragen werden, sinkt das Risiko, dass auf diesem Wege Daten von Hackern abgegriffen werden.
Datenschützerin warnt, dass Geräte mehr überwachen als nötig
Datenschützerin Dalia Kues bewertet die Funktionen der Geräte dennoch als problematisch. "Auf den ersten Blick sehen wir schon datenschutzrechtliche Bedenken", sagt Kues, Pressesprecherin der Berliner Datenschutzbeauftragte. "Die erfassten Daten können durchaus viel über den Tagesablauf der Bewohner aussagen, insbesondere wenn sie nach Räumen sortiert werden." Beschwerden über Airbnb nimmt in Deutchland die Berliner Datenschutzbeauftragte entgegen, bisher habe es aber keine Beschwerde oder eine umfassende technische Prüfung der Geräte gegeben, sagt Kues. Da die Geräte nicht von Airbnb hergestellt werden, wäre für eine datenschutzrechtliche Prüfung der Geräte wohl das Bundesland oder Land zuständig, in dem die Geräte hergestellt oder eingesetzt werden. Roomonitor ist ein spanisches Unternehmen, Mînut sitzt in London, NoiseAware im texanischen Dallas.
Airbnb erklärt auf Anfrage, dass die Geräte lediglich dazu dienen, "unerlaubte Partys und Störungen in der Nachbarschaft zu verhindern". Keines würde Ton aufzeichnen, sondern lediglich eine Veränderung des Geräuschpegels in der Wohnung erfassen. Doch selbst wenn die Gäste wie vorgeschrieben allgemein über den Einsatz von Partyverhinderungstechnik aufgeklärt werden, so ist damit nicht garantiert, dass ihnen bewusst ist, welche Rückschlüsse sich aus den Daten ziehen lassen. So können die Lärmmessungen durchaus verraten, wann ein Besucher aufsteht oder zu Bett geht. Auch zu welcher Uhrzeit es wo besonders laut in einer Unterkunft war, lässt sich aus den Daten ablesen. Das lässt durchaus mehr Rückschlüsse zu als nur die Antwort auf die Frage, ob ein Gast eine unangekündigte Party gefeiert hat oder nicht.
Tatsächlich gibt es seit dem Start von Airbnb immer wieder Berichte über zu laute Touristen und Beschwerden von Nachbarn. Beispielsweise häufen sich rund um das Oktoberfest, wenn in München besonders viele Wohnungen über Airbnb vermietet werden, solche Berichte: In Unterkünften hätten viel mehr Gäste übernachtet als vereinbart, oder Gäste hätten eine Party gefeiert.
Besser als versteckte Kameras, schlechter als ein Polizeiruf
Gleichzeitig gibt es auch Berichte von Airbnb-Gästen, die versteckte Kameras in ihren Unterkünften gefunden haben. Dies verstößt zwar eindeutig gegen die Airbnb-Richtlinien kommt allerdings durchaus vor. Im Vergleich zu Überwachungskameras sind Lärmmesser sicher die deutlich weniger übergriffige Kontrollmöglichkeit für Airbnb-Vermieter. Zugleich besteht aus Datenschutzsicht die Gefahr, dass die Geräte die Toleranz von Gästen und Vermietern für weitergehende technische Überwachung von Ferienwohnungen erhöhen.
Für Datenschützerin Kues ist der entscheidende Punkt immer die Zweckmäßigkeit beim Einsatz von solchen Technologien. "Es ist fraglich, ob ein solches Gerät wirklich nötig ist, wenn der Zweck die Verhinderung von Partys ist." Sie hat eine andere Idee, wie zu laute Gäste zur Räson gebracht werden können und Nachbarn wieder ruhig schlafen. "Wenn Mieter eine Party feiern und die davon gestörten Nachbarn die Polizei rufen, dann ist die Party auch vorbei."