Wirtschaftspolitik:"Ohrfeigt die USA, wenn es nötig ist"

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Adam Posen auf dem SZ-Wirtschaftsgipfel im Gespräch mit Bastian Brinkmann, stellvertretender Ressortleiter Wirtschaft. (Foto: Johannes Simon)

Der US-Ökonom Adam Posen rät der europäischen Politik, endlich strenger mit seinem Heimatland umzugehen. Von US-Präsident Biden sei nicht viel zu erwarten.

Von Kathrin Werner

Adam Posen hat einen Rat, wie man mit einem unerzogenen, unkooperativen Land umgehen sollte. Genauer gesagt: mit seinem Heimatland. "Stellt Euch den USA entgegen, schubst die USA ein wenig an, ohrfeigt die USA, wenn es nötig ist", lautet sein Rat an die europäische Politik, auch an die deutsche. Ein Beispiel sei die Klimapolitik, aber auch Außenhandelsabkommen.

Adam Posen, Jahrgang 1966, ist ein amerikanischer Ökonom und seit 2013 Präsident des renommierten Peterson Institute for International Economics, einem der wichtigsten Think Tanks für internationale Volkswirtschaft. Beim SZ-Wirtschaftsgipfel in Berlin erläutert er, dass Europa, und vor allem Deutschland, manchmal noch zu sehr in historischer Dankbarkeit für die Leistungen der USA beim Wiederaufbau nach dem Zweiten Weltkrieg gefangen sei. Dies sei zwar nicht falsch, dürfe allerdings den politischen Umgang mit der heutigen Führungsriege des Landes nicht zu sehr bestimmen.

"Die USA haben sich so lange so verhalten, als ob die Spielregeln für sie nicht gelten", sagt er. Jetzt sei es an der Zeit, strenger mit ihnen zu sein - obwohl natürlich mit Joe Biden inzwischen ein besserer Präsident an der Macht sei als der "rassistische, sexistische und faschistische Kasper", der sein Vorgänger war. "Ihr solltet nicht überschätzen, was Biden tatsächlich erreichen kann", warnt der US-Ökonom. "Und Ihr solltet das Risiko nicht unterschätzen, dass die USA im Jahr 2024 wieder zurückdrehen."

Die USA seien oft eine Hürde für Fortschritt und Reformen

Sein Land sei zutiefst zersplittert, die Wahrscheinlichkeit, dass die Demokraten um Biden schon bei den kommenden Midterm-Wahlen die Mehrheit im Kongress verlieren, schätzt er als enorm hoch ein. Danach sei kaum noch Gesetzgebung möglich. Und bei der nächsten Präsidentenwahl werde Trump wieder antreten, wenn er dann nicht gestorben "oder im Gefängnis ist, was er sein sollte, aber wahrscheinlich nicht sein wird". Und dass die Demokraten gegen Trump gewinnen können, sei nicht garantiert. "Weiße Frauen aus den Vororten sind die entscheidenden Wählerinnen", sagt er. Alle anderen Wählergruppen seien sowieso schon festgelegt und die Mehrheiten knapp.

Bei der Weltklimakonferenz habe John Kerry, der US-Sonderbeauftragte für Klimaschutz, durchaus versucht, das Richtige zu tun. "Aber die Offiziellen aus Deutschland und Europa sehen sich mit einer Biden-Regierung konfrontiert, die solche Angst vor dem Kongress hat, die im Grunde Angst vor wütenden weißen Männern hat, dass sie sich zum Beispiel nicht traut, eine CO₂-Steuer oder andere aggressivere Instrumente zum Kampf gegen den Klimawandel einzuführen." Es müsse eine glaubwürdige Drohung aus Europa geben, dass die EU etwa den so genannten Carbon Border Adjustment Mechanism (CBAM) einführen werde, ein CO₂-Grenzausgleichssystem. Der CBAM könnte Einfuhren aus den USA hart treffen. EU-Importeure müssen dann Zertifikate kaufen, die dem CO₂-Preis entsprechen, der gezahlt worden wäre, wenn die Waren nach den EU-Regeln für die Bepreisung von CO₂-Emissionen hergestellt worden wären.

Auch in der Welthandelsorganisation seien die USA oft eine Hürde für Fortschritt und Reformen, glaubt Posen. "Es gibt so viele Probleme, bei denen man die USA aufwecken muss." Notfalls mit Ohrfeigen.

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