Rechtskolumne:Darf man im Kleingarten wohnen?

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Schrebergärten sind grüne Rückzugsorte in der Stadt. Manchmal möchte man gar nicht wieder weg. (Foto: Arnulf Hettrich/Imago)

Im Schrebergarten übernachten oder gleich ganz in die Laube ziehen - gerade im Sommer ist das eine verlockende Idee. Aber ist es auch legal?

Von Eva Dignös

Es ist noch gar nicht so lange her, da galt der Kleingarten als Inbegriff deutscher Spießigkeit, ein Dreiklang aus Jägerzaun, Gartenzwerg und, natürlich, der Laube. Mit Hollywoodschaukel auf der Terrasse und Häkelgardine am Fenster. Aber wie das so ist mit vielen Klischees: Man ist noch mitten im Lästern, da ziehen sie plötzlich als Trend auf der Überholspur vorbei.

Kleingärten sind wieder begehrt, mancherorts warten Interessenten mehrere Jahre auf eine Parzelle. Vor allem Großstädter sehnen sich nach dem Rückzugsort im Grünen, der meist nur wenig Pacht kostet und im besten Fall - wenn die Schnecken es zulassen - auch noch erntefrisches Gemüse abwirft. Und das gute Gefühl, Tomaten, Zucchini und Rhabarber mit eigener Hände Arbeit zur Reife gebracht zu haben.

Doch zurück zur Laube, dem Häuschen, das auf fast jedem Schrebergartengrundstück steht. Und zu einem weiteren Trend, nämlich dem zur neuen Bescheidenheit beim Wohnen. Tiny House statt Villa, zwei, drei Dutzend Quadratmeter reichen fürs Wohnen. Ließe sich das nicht in einem Kleingarten auf wunderbarste Weise umsetzen, mit Grün drum herum und den Kartoffeln fürs Mittagessen gleich vor der Haustür?

Um es kurz zu machen: leider nein. "Die Laube soll der kleingärtnerischen Nutzung dienen", sagt Sandra von Rekowski vom Bundesverband Deutscher Gartenfreunde, in dem rund 13 000 Kleingartenvereine mit mehr als 900 000 Parzellen organisiert sind. Seine Geräte darf man dort unterstellen, den Grill und die Liegestühle, sich natürlich auch mal ausruhen vom Ackern im Beet. Aber die Laube darf, so steht es in Paragraf drei des Bundeskleingartengesetzes, "nach ihrer Beschaffenheit, insbesondere nach ihrer Ausstattung und Einrichtung, nicht zum dauernden Wohnen geeignet sein". Zulässig ist ein Bauwerk "in einfacher Ausführung mit höchstens 24 Quadratmetern Grundfläche einschließlich überdachtem Freisitz".

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Wie einfach die "einfache Ausführung" auszufallen hat, lasse sich nicht pauschal beantworten, sagt Rekowski, das hänge unter anderem von der Infrastruktur der jeweiligen Kleingartenanlage ab. Doch auch wenn Strom, Wasser- und Toilettenanschluss vorhanden sind, darf die Laube nicht zum Zweit- oder gar Erstwohnsitz mit Küche, Bad und Heizung ausgebaut werden, nicht für den Pächter und erst recht nicht für einen Mieter. "Der Kleingarten dient dem Anbau von Obst und Gemüse - und nicht dazu, dass man dort hübsch wohnt", sagt Rekowski.

Das hat zu tun mit den historischen Wurzeln der Kleingartenbewegung. Entstanden ist die Idee in Zeiten der Industrialisierung im 19. Jahrhundert, als Hunderttausende in die Städte zogen, auf der Suche nach Arbeit in den Fabriken. Die Wohn- und Arbeitsbedingungen waren katastrophal, doch zumindest auf einem kleinen Stück Grün sollten die Menschen Luft und Licht tanken und dabei gleich auch noch ein paar vitaminhaltige Lebensmittel anbauen können.

Einige wenige Ausnahmen vom Wohnverbot gibt es noch, weiß Sandra von Rekowski zu berichten. Sie stammen aus der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg, als es in den zerstörten Städten kaum Wohnraum gab. "Doch die Genehmigung erlischt, wenn der jeweilige Pächter seine Parzelle abgibt."

Das alles gilt - und das ist die gute Nachricht für alle Kleingartennutzer - nur fürs dauerhafte Wohnen. Gegen die eine oder andere Übernachtung im Gärtchen in einer warmen Sommernacht oder nach einer feucht-fröhlichen Party sei nichts einzuwenden, sagt Rekowski - vorausgesetzt, die Vereinssatzung spricht nicht dagegen.

Und tagsüber muss auch nicht ununterbrochen in der Erde gebuddelt werden. So ein blühender Garten kann ein durchaus inspirierender Ort für das Home- respektive Garden-Office sein: "Natürlich darf man im Kleingarten seinen Laptop aufklappen und arbeiten", sagt Rekowski, "da sind allenfalls die Regeln des Arbeitgebers für das mobile Arbeiten der reglementierende Faktor."

Andererseits: Sollte das Gärtchen nicht ein Rückzugsort sein? Dann wär's vielleicht schlau, sich nicht nur räumlich vom grauen Alltag ins Grüne zu verabschieden. Sondern für ein paar Stunden mal komplett offline zu gehen.

Die Autorin hat etwas gegen Stürme im Wasserglas. (Foto: Bernd Schifferdecker (Illustration))
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