Selbst bei Besichtigungsterminen für Häuser mit rissigem Putz, maroden Fensterläden und mieser Energiebilanz standen Kaufinteressenten in den vergangenen Jahren oft Schlange. Seit dem Ende der Nullzinsphase sind solche Szenarien deutlich seltener geworden - und Käufer können wieder über den Kaufpreis verhandeln. Doch vielerorts trifft nach wie vor ein geringes Angebot an bezahlbaren Häusern und Wohnungen auf eine große Nachfrage. Zuweilen überbieten sich daher Aspiranten, um den Zuschlag für ein Wohnhaus mit Garten oder eine Wohnung in zentraler Lage zu bekommen. Begehrte Objekte erzielen schnell Höchstpreise. Viele Immobilienmakler verdienen dabei gut. Wenn sie zudem eine sogenannte Reservierungsgebühr verlangen, müssen sie dafür noch nicht einmal eine Gegenleistung erbringen.
Je größer der Wunsch nach den eigenen vier Wänden ist, desto leichter lassen sich Immobiliensuchende dazu bewegen, eine derartige Extrazahlung in Höhe von mehreren Hundert oder Tausend Euro zu leisten. Gerade dann, wenn man noch mit der Bank die Finanzierung regeln muss oder zur Wohnung gehörende wichtige Dokumente wie die Gemeinschaftsordnung prüfen möchte. Die Reservierungsgebühr soll dann als vermeintliche Sicherheit dafür dienen, dass kein anderer bis zum Notartermin den Zuschlag für das gewünschte Objekt bekommt.
Kommt das Geschäft zustande, wird die Gebühr mit dem Kaufpreis verrechnet, so das Prozedere. Und wenn nicht? Es kann sein, dass man die Reservierungsgebühr nicht mehr zurückerstattet bekommt, wenn man sich gegen das Haus oder die Wohnung entscheidet. So etwas dürfte allerdings in der Zukunft nur noch selten passieren.
Denn der Gesetzgeber hat dieser Methode inzwischen einen Riegel vorgeschoben: Wie der Bundesgerichtshof in einem Urteil vom April dieses Jahres klarstellte, ist so eine Vereinbarung zur Zahlung einer Reservierungsgebühr in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) unwirksam, da sie die Maklerkunden unangemessen benachteiligt ( Urteil vom 20.04.2023, Az.: I ZR 113/22). Dies gilt unter anderem, wenn eine Rückzahlung der Gebühr ausgeschlossen ist. Zudem komme eine Reservierungsklausel einer erfolgsunabhängigen Provision zugunsten des Maklers gleich - was dem Leitbild der gesetzlichen Regelung des Maklervertrags widerspreche.
Mit der Extrazahlung will man sich das ersehnte Objekt sichern. Doch in der Regel kann der Makler das nicht garantieren
"Oft hatte der Kunde gar keine Möglichkeit, über die Klausel zu verhandeln, da sie in den AGB vorformuliert war", sagt Rechtsanwalt Michael Nack vom Verbraucherschutzverband "Wohnen im Eigentum", der die Verbraucherrechte durch das BGH-Urteil gestärkt sieht: "Jetzt ist klar, dass eine Reservierungsgebühr auch dann unzulässig ist, wenn sie nicht im Maklervertrag selbst, sondern in einer separaten Vereinbarung ergänzend zum Maklervertrag vereinbart wird."
Immobilienvermittler hatten in den vergangenen Jahren immer wieder versucht, über einen eigenständigen Reservierungsvertrag an das Zusatzentgelt zu gelangen, um ein BGH-Urteil von 2010 zu umgehen. Schon damals wurde die Vereinbarung einer Reservierungsgebühr im Maklervertrag für unwirksam erklärt, da sie die Kunden unangemessen benachteiligt (Urteil vom 23.09.2010, Az.: III ZR 21/10 ).
Rechtsanwalt Nack kritisiert die Reservierungsgebühr schon seit Langem: "Wird der Verkäufer nicht in die Reservierung eingebunden, kann der Makler nicht garantieren, dass der Interessent die gewünschte Immobilie wirklich erhält." Das heißt, da hat jemand womöglich eine Zahlung geleistet und schon geplant, wie er seine Wohnung einrichten wird. Und ist am Ende doch leer ausgegangen, weil der Verkäufer sich für einen anderen Interessenten entschied. Zudem übe eine Reservierungsgebühr auf Kaufwillige einen gehörigen Druck aus, da diese die Zahlung nicht verfallen lassen möchten, sagt Nack und ergänzt: "Letztlich erhält der Immobilieninteressent keine nennenswerte Gegenleistung. Schon gar nicht, wenn der Verkäufer nicht verpflichtet wird." Denn sonst könne überhaupt nicht garantiert werden, dass man selbst derjenige sein wird, der den Kaufvertrag unterschreiben darf.
Wer eine Wohnung oder ein Haus kaufen will, sollte sich am besten gar nicht auf so eine Klausel einlassen und auch nicht darüber verhandeln, rät Nack. Denn ein seriöser Vertragspartner würde eine solche Extragebühr nicht verlangen. Kaufinteressenten sollten aber auch nicht darauf spekulieren, dass die Klausel am Ende ohnehin unwirksam sei. "Es kann sein, dass Makler sich wieder einen anderen Trick einfallen lassen, um doch noch an die Extrazahlung zu kommen", sagt Nack. Werde etwa die Reservierungsgebühr individuell vereinbart und handschriftlich auf dem Vertrag festgehalten, könnte die Klausel unter Umständen doch wirksam sein, warnt Nack.
Wer bereits eine Reservierungsgebühr bezahlt, die zugesicherte Immobilie aber dann doch nicht bekommen hat, sollte fachlichen Rat einholen und prüfen lassen, ob ein Rückforderungsanspruch besteht, rät Nack. Der Verjährungsanspruch beträgt drei Jahre.