Kolumne: Darf man das?:Im Strandkorb chillen

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Markisen anzubringen, dürfen Vermieter ihren Mietern nicht generell untersagen. Aber sie können Vorgaben zu deren Farben und Formen machen. (Foto: Sebastian Willnow/dpa)

Mit einer Markise, Möbeln und Pflanzen soll der Balkon zu einem kleinen zweiten Wohnzimmer werden. Doch Vermieter oder benachbarte Eigentümer können mitbestimmen, wie er aussieht.

Von Stephanie Schmidt

Pink liegt bei Sommerkleidern im Trend - aber wie wäre es mit einem neuen Outfit in Pink für den Balkon? Wäre das nicht zu gewagt? Das könnte gut aussehen, sagt die beste Freundin - und auf ihr Urteil ist Verlass. Die Idee nimmt Gestalt an, nachdem man in einer Design-Zeitschrift moderne Markisen in Pink entdeckt hat. Für mehr Freizeit-Feeling auf dem Balkon soll auch ein schöner Strandkorb aufgestellt werden, in dem man sich nach Sylt wegträumen kann. Schließlich handelt es sich um eine Eigentumswohnung, da dürfte doch nichts dagegen sprechen?

Leider sind dem Wunsch nach kreativer Selbstverwirklichung hier Grenzen gesetzt. Denn der Balkon gehört in der Regel zum Gemeinschaftseigentum: Für eine bauliche Änderung - eine Markise muss fest im Mauerwerk verankert werden - braucht man die Zustimmung der anderen Eigentümer. Dafür genügt die einfache Mehrheit auf der Eigentümerversammlung. Abgesehen davon kann es sein, dass eine bunte Vielfalt von Markisen in einer Wohnanlage unerwünscht ist. So kann es Vorgaben für ein einheitliches Erscheinungsbild in der Gemeinschaftsordnung einer Eigentümergemeinschaft geben.

Und der Strandkorb? Einerseits gilt: Wo kein Kläger, da kein Richter. Vielleicht gewinnt man den einen oder anderen Nachbarn, der sich zunächst kritisch geäußert hatte, als Unterstützer, nachdem man ihn zum Kaffeetrinken auf den Balkon eingeladen hat. Andererseits sind Strandkörbe keine balkontypischen Sitzmöbel, befand das Amtsgericht Potsdam. Ihr besonderer Zweck sei vielmehr, am Strand Sonne und Wind abzuhalten. Durch ihre Höhe könnten sie die Sicht der Nutzer benachbarter Balkone erheblich beeinträchtigen, argumentierten die Richter zudem. Deswegen dürfe die Eigentümergemeinschaft nicht beschließen, Strandkörbe auf den Balkonen der Eigentumswohnungen zu erlauben (Az. 31 C 34/17).

Wenn der Balkon zum Sondereigentum gehört, hat man etwas mehr Freiheiten

Zählt der Balkon zum Gemeinschafts- oder zum Sondereigentum? "Das steht in der Teilungserklärung", sagt Inka-Marie Storm, Chefjustiziarin von Haus & Grund in Berlin. Sie rät, das als Allererstes zu checken, bevor man für seinen Balkon ein neues Ambiente wählt. Falls er zum Sondereigentum gehört, hat der jeweilige Eigentümer mehr Freiheiten. So kann man zum Beispiel einen Holzboden verlegen oder den Balkon etwa farbig streichen - unterhalb der Brüstung. Der "Gesamteindruck des Gebäudes" dürfe nicht verändert werden, merkt Storm an. Auch wenn ein Bewohner offensichtlich gestalterisches Talent hat - es muss für andere unsichtbar bleiben. Und auch in diesem Fall gilt: Eingriffe in die Bausubstanz sind nicht erlaubt.

"Wenn der Balkon Gemeinschaftseigentum ist, darf man ihn grundsätzlich noch nicht einmal dort farbig streichen, wo das für andere Eigentümer unsichtbar wäre, zum Beispiel unterhalb der Brüstung." Allerdings könne sich aus der Gemeinschaftsordnung ergeben, dass der Einzelne vergleichsweise großen Spielraum hat. "Ansonsten können Eigentümer die Gemeinschaft um Erlaubnis fragen."

Eine Markise darf der Vermieter nicht generell untersagen

Mieter können ebenso wenig wie Eigentümer einfach so zur Tat schreiten und eine Markise ihrer Wahl anmontieren. Doch darf der Vermieter dem Mieter nicht pauschal untersagen, eine Markise anzubringen: Eine Markise gehört zum vertragsgemäßen Gebrauch der Wohnung, entschied das Amtsgericht Pankow/Weißensee. Ein solches Anliegen dürfe nur aus triftigem Grund abgelehnt werden; das Argument "optische Beeinträchtigung" allein genüge da nicht (Az. 4C 367/14). In einem anderen Fall hatte sich ein Mieter sogar bereit erklärt, die Markise optisch ganz nach dem Geschmack der Vermieterin zu gestalten. Doch sie lehnte mit der Begründung ab, sein Balkon sei überdacht, außerdem könne er ja einen Sonnenschirm aufstellen. Mieter haben einen Anspruch auf eine Markise, urteilten indes die Richter. Ein ausreichender Schutz vor UV-Strahlung und den damit verbundenen gesundheitlichen Gefahren könne durch das Aufstellen eines Sonnenschirms nicht erreicht werden (Az. 411 C 4836/13).

Der Balkon als Erholungsraum - dazu gehört für viele auch eine Begrünung nach ihrem Geschmack. Inka-Marie Storm rät Eigentümern und Mietern, sich neben der Gemeinschaftsordnung auch die Hausordnung anzusehen: Enthalten diese Dokumente Vorgaben für die Gestaltung des Balkons? Gibt es sogar Auflagen für Hobbygärtner? Womöglich darf man auf der Außenseite des Geländers keine Blumenkästen anbringen. Manche Vermieter oder Eigentümergemeinschaften verbieten Rankpflanzen, weil sie die Fassade angreifen. Außerdem könnte Wurzelwerk die Bausubstanz beschädigen. Und man will ja nicht die ganze Zeit im Schatten sitzen, nur weil der Nachbar einen grünen Daumen hat. "Die Hausordnung kann auch festschreiben, dass kein Wäldchen auf dem Balkon wachsen darf", sagt Storm.

Bergahorn kann bis zu 40 Meter hoch werden, aber das hielt einen Mieter nicht davon ab, ein Exemplar auf dem Balkon zu pflanzen. Zunächst als Bäumchen im Topf. Als daraus ein Baum geworden war, pflanzte er ihn samt Erdreich auf den Boden seines Balkons und befestigte ihn mit Stahlketten an der Hauswand. Der Bergahorn muss weg vom Balkon, entschieden die Richter des Amtsgerichts München (Az. 461 C 26728/15). Da half es dem Mann auch nicht, dass er in Berufung ging. Ob er sich inzwischen mit Japanischem Ahorn tröstet, den man gut im Kübel auf dem Balkon züchten kann, ist nicht bekannt.

Die Autorin saß gern auf ihrem Balkon - solange bis neben ihm ein Außenaufzug installiert wurde. (Foto: Bernd Schifferdecker (Illustration))
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