Kolumne "Eigener Herd":In Speck wickelt man Fische

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Speck lässt sich auch in der Fischküche sehr gut als Geschmacksbooster verwenden. (Foto: Helge Kilchberger Photography)

Kaum jemand versteht so viel von Süßwasserfischen wie Lukas Nagl, der Koch des Jahres 2023. Sein Rezept für Renken-Saltimbocca in Orangenbutter ist so ungewöhnlich wie bestechend einfach.

Von Marten Rolff

Ein Einwand, der gelegentlich gegen Süßwasserfische vorgebracht wird, lautet, Meeresfische seien aromatischer. Natürlich ist das zu pauschal. Doch wenn trotzdem ein bisschen was dran sein sollte an diesem Vorurteil, dann auch, weil Meeresfische ihre Zellen vor dem hohen Salzgehalt ihrer Umgebung schützen müssen und als Ausgleich zum Beispiel verschiedene Aminosäuren einlagern, die wiederum den Geschmack beeinflussen. Glycin etwa bringt Süße, die Glutaminsäure in Thunfisch oder Sardellen ist eher herzhaft. Überbewerten sollte man solche "Geschmacksregeln" aber lieber nicht.

Der österreichische Spitzenkoch Lukas Nagl weist darauf hin, wie unterschiedlich selbst Fische derselben Art schmecken können, ja dass die Unterschiede zwischen einzelnen Wildfang-Exemplaren oft größer sind als die zwischen Arten, je nachdem, wo die Fische gelebt und was sie gefressen haben oder wann sie gefangen wurden. Ein anderes, nur vermeintliches Paradox lautet: Je klarer, sauberer und nährstoffärmer ein See oder Fluss ist, desto aromatischer ist das Fleisch seiner Fische. Warum? Weil sie langsamer wachsen als ihre Artgenossen in nährstoffreicheren Gewässern.

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Davon abgesehen kann man Filets - vor allem von Süßwasserfischen mit eher weichem, zartem Fleisch - geschmacklich auf die Sprünge helfen, indem man sie vor der Zubereitung für 10 (bis höchstens 60) Minuten in - idealerweise dreiprozentiger - Salzlake einlegt. Danach, so rät Lukas Nagel, sollte man sie vorsichtig trockentupfen. Für sein Lake-Rezept löst man 30 g Salz und 10 g Zucker pro Liter in warmem Wasser auf und lässt dieses vor dem Einlegen der Filets abkühlen, einen besseren Würztrick gebe es kaum.

Lukas Nagl ist aktueller österreichischer Koch des Jahres (Gault & Millau), stammt vom Attersee und arbeitet als Küchenchef im Hotelrestaurant "Bootshaus" am Traunsee. Mit Bergseen kennt er sich also aus. Und es dürfte wenige Köche geben, die ähnlich viel von Süßwasserfisch verstehen wie er. Nachzulesen ist das in seinem Kochbuch "Der Fischer und der Koch" (Servus-Verlag), das Ende März erschienen ist und das - man muss das so überschwänglich sagen - bemerkenswert gut geworden ist. Es hat leider immer noch Seltenheitswert, dass es Spitzenköchen gelingt, ihr Können nicht nur zu präsentieren, sondern auch für andere wirklich zugänglich zu machen. Nagl aber schlägt ganz selbstverständlich den Bogen zu Alltagsküche und Nutzwert (Seine "schnellen Gerichte" etwa gehen wirklich schnell!). Er bietet Anglerwissen, Warenkunde und ernst gemeinte Nachhaltigkeitstipps (Wie gerät Fischhaut köstlich knusprig?), und er lässt sich für seine Rezepte auf unaufgeregte Art international inspirieren.

Die Saison für die Renke beginnt gerade

Ein großes Verdienst seines Buchs ist der Abbau der Schwellenangst, die das Thema Fischzubereitung ja nie wirklich verloren hat. Und so sehr Forelle blau und gebratene Renke an Bergpanorama auch ihre Berechtigung haben, es ist schön zu lesen, wie souverän da jemand die alpenländische Seenfisch-Küche mal aus ihren regionalen Verkrampfungen löst, ohne dabei die Bodenhaftung zu verlieren. Gut, nicht alle Leser werden nach der Lektüre einen Zanderkopf japanisch flambieren (gar nicht schwer!), aber die Fisch-Bolognese trauen wir uns jetzt ebenso zu wie das Karpfen-Tatar oder die Flusskrebs-Hollandaise. Und aus der nächsten Forelle machen wir ziemlich sicher asiatische Fischbällchen - mit Koriandersaat, Ingwer, Kurkuma und Frühlingszwiebeln.

Für diese Kolumne aber ist die Renke Thema, wegen ihres zarten, leicht nussigen Fleisches der vielleicht beliebteste Seenfisch, dessen Saison nach langer Schon- und Laichzeit gerade beginnt. Die Renke ist ein unter diversen Namen bekannter Lachsfisch (auch Reinanke, Felchen, Schnäpel oder Maräne), manche ihrer Arten kommen sogar in Nord- und Ostsee vor. Nagl aber serviert Renkenfilet überraschend mondän und dabei bestechend einfach - als Saltimbocca in Orangenbutter. Das Rezept erinnert daran, dass Italiens Köche Schinken auch erfolgreich in der Meeresfischküche als Aromabooster verwenden, etwa als kräftige Hülle für Seeteufel. Und dass man Fischfilets nicht immer schon mit Zitronenschnitzen servierte, sondern früher vor allem mit süß-bitteren Sevilla-Orangen würzte, was ganz hervorragend funktioniert.

Für Renken-Saltimbocca (4 Personen) benötigt man nur wenige Zutaten: 4 Renken-Filets, halbiert (auch Forelle oder Saibling gehen gut), 8 dünne Scheiben durchwachsenen Speck, 8 Salbeiblätter, den Abrieb und Saft einer Bio-Orange und etwas Salz. Für jede Portion legt man zwei Scheiben Speck nebeneinander auf eine Arbeitsplatte, legt ein Salbeiblatt drauf und platziert darauf eine Filet-Hälfte mit der Haut nach unten. Das Filet mit Salz und etwas Orangenschale würzen, mit der zweiten Hälfte abdecken (Fleisch- auf Fleischseite), mit einem weiteren Salbeiblatt abschließen und dann in den Speck einrollen. Das ist ein wenig Bastelarbeit, eventuell fixiert man den Speck wie bei einer Roulade - mit Band oder einem Zahnstocher.

Jedes Fisch-Päckchen in einer heißen Pfanne in Olivenöl von allen Seiten braten, dann 100 g Butter sowie ein bisschen Thymian (gerne frischen) und einen Schuss Knoblauchöl (man kann auch vorher eine Zehe mitbraten) zufügen; die geschmolzene Butter leicht braun werden und dann kurz abkühlen lassen, mit dem ausgepressten Orangensaft ablöschen und vermischen, abschmecken und als Sauce servieren. Zu Fisch-Saltimbocca passt Reis, aber auch Polenta oder Kartoffelstampf.

Das braucht man für Renken-Saltimbocca in Orangenvinaigrette

- 4 Renkenfilets, jeweils halbiert (alternativ Forelle oder Saibling)

- 8 Scheiben mageren oder durchwachsenen Speck

- 8 Salbeiblätter

- Abrieb und Saft einer unbehandelten Orange

- 100 g Butter

- 2-3 frische Thymianzweige (getrockneter Thymian geht auch, ist aber intensiver und weniger duftig)

- Olivenöl, Salz, Knoblauchöl (oder 1 Knoblauchzehe)

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