"Mopeds" in der Nationalmannschaft:Töfftöff hurra

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Moped kommt von den Wörtern "motor" und "pedaler". Der Begriff war das Ergebnis eines Preisausschreibens und wurde vom Verband der Fahrrad- und Motorradindustrie festgelegt. (Foto: Florian Peljak)

Die Nationalelf hat jetzt eine "Moped"-Gang - hach, Moped! Blickt man in die Vergangenheit, gibt es so einige erstrebenswerte Beispiele für das Kleinkraftrad.

Von Gerhard Matzig

1954 gilt unter Fußballfreunden als Jahr, da Deutschland in Bern entgegen aller Annahmen Weltmeister wurde. Das darf man nun korrigieren - da die Nationalmannschaft am Montag in Gelsenkirchen entgegen aller Annahmen gegen die Niederlande lange Zeit souverän 2:0 in Führung lag. Und zwar dank der "Moped-Gang". Wenn man dieser Tage vom Fußball der Zukunft spricht, muss man also auch von den veloziferischen Vehikeln der Vergangenheit und von der Sprache als Echo- und Evolutionsraum sprechen. Ein Zufall ist das nicht.

Die Moped-Gang ist letztlich eine Sprachschöpfung von Niklas Süle, dem respektablen Verteidiger, den man sich rein phänotypologisch auch als Heroen eines Steinzeit-Comics vorstellen kann. Was unbedingt für ihn spricht. Erfunden wurde der Begriff im Interview nach dem 3:0-Sieg gegen Russland einige Tage zuvor. "Das sind schon kleine Mopeds", sagte Süle mit Blick auf das euphorisierend dynamische Sturmtrio Timo Werner, Leroy Sané und Serge Gnabry. Auch in Gelsenkirchen hat es knatternd gezündet. Schade nur, dass man sich nach einem fulminanten Tretkickstart in den letzten Minuten des Spiels zwei Gegentreffer einfangen musste - oder auch einwechseln wollte.

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Trotzdem ist die Moped-Sehnsucht dieses Abends, herbeigerufen von den Moderatoren und viralisiert in den Onlineforen, kaum mehr einzufangen. Feiert das Moped, das unsterblich verbunden ist mit Begriffen wie NSU Quickly (gefahren von Ottfried Fischer alias Sir Quickly in der BR-Serie "Irgendwie und Sowieso"), Kreidler Florett, Hercules oder Zweirad Union, das aber dennoch in den Achtzigerjahren von den Mokicks und der Führerscheinnovelle gemeuchelt wurde, endlich ein glorioses Comeback? Motortechnisch eher nein, sprachlich aber in gewisser Weise schon.

1954 war jedenfalls auch insofern ein bedeutsames Jahr, weil es in Westdeutschland seinerzeit 26 Firmen gab, die in einer hyperventilierenden Branche 44 unterschiedliche Mopedtypen herstellten. Im Osten war man erst etwas hinterher, um dann aber, nur ein Jahr später, mit der legendären Simson SR 1 dem Westen erfolgreich die zweitaktgetriebene Stirn zu bieten.

Es ist der Kurzschluss von Nationalelf, Jargon und Nostalgie, der dafür sorgt, dass man sich gerne wieder an ein schwedisches Kofferwort erinnert. Moped kommt von den Wörtern "motor" und "pedaler". Der Begriff war das Ergebnis eines Preisausschreibens und wurde vom Verband der Fahrrad- und Motorradindustrie festgelegt. Wobei das Moped (in der Schweiz: "Töffli") ein Motorfahrrad bezeichnet, dessen Hubraum auf 50 Kubikzentimeter begrenzt ist. Entgegen der Motorlimitierung ist der Sprachraum aber unbegrenzt.

In der Jugendsprache umschreibt das Mopedsein etwas, was "gut abgeht". Das Moped ist ein Zuspruchwort. Es steht für etwas Tolles, gar "Fettes". Etwas, was für Fun sorgt. Das gilt übrigens auch, wenngleich in sexistischer Absicht, für den englischen Sprachraum. Der Satz "Dude that girl is such a moped" bedeutet: macht Spaß, aber man möchte lieber nicht damit gesehen werden. Da ist es schon besser, wenn hierzulande mit der Moped-Gang auch die Träume vom Unterwegssein der Nachkriegsjahre aufgerufen werden. Was für die Nationalelf gilt, ist auch abseits davon richtig: Ein Leben ohne Moped ist möglich, aber nicht sinnvoll.

© SZ vom 21.11.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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