Ladies & Gentlemen:Reisegruppe Wagner

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(Foto: Christof Stache, Daniel Karmann/dpa)

Zur Bayreuth-Premiere führen Politiker pflichtgemäß ihre Abendgarderobe aus. Das ist mäßig aufregend - wenn nicht gerade ein Sturzregen niedergeht.

Von Max Scharnigg und Julia Werner

Für sie: Der blaue Engel

Deutsche Politikerinnen abseits von Gipfeln sind immer ein Schock. Wenn sie sich mal zum Vergnügen aus ihren Arbeitsuniformen schälen, dann fällt es dem Wähler schlagartig wie Schuppen von den Augen: Himmel, das ist ja ein Mensch mit allem, was ihn ausmacht, also inklusive Spaßgesicht und Stilunsicherheit! Traditionell am menschlichsten geht es modisch gesehen in Bayreuth zu, sozusagen die Met Gala der hiesigen Politprominenz. Legendär sind etwa bis heute Angela Merkels Seidentaft-Looks. Aber Merkel hat nie einen Hehl daraus gemacht, dass ihr das Anziehen eine Last ist.

(Foto: Christof Stache/dpa)

Mehr Mühe gibt sich seit jeher, also vor allem modisch, die EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen, auch wenn sie das wohl nicht zugeben würde. Aber hier in Bayreuth verrät sie ihre Eitelkeit: Die Robe in passenderweise verblichenem Europablau ist guccimäßig durchplissiert, hat Flügelärmel und eine Disco-Fever-Schließe in der Taille. Das Ganze hat einen Achtzigerjahre-Touch, ist aber nicht so gut gemacht, dass man es cool nennen könnte: die Ärmel zu lang, der Ausschnitt nicht tief genug, der Rockteil zu bedeckend. Weswegen das Ganze so wirkt wie ein Bühnenlook aus einer Theaterrequisite für die Zweitbesetzung der Walküre, obwohl gerade Parsifal ist. Schade: An ein paar - wenn auch entscheidenden - Stellen wären nur eine Nuance mehr Mut und Esprit nötig gewesen, um aus diesem Look den einer Erstbesetzung zu machen. Da unterscheidet sich die Mode mal überraschend wenig von der Politik. Und dann hätte das Ergebnis auch jede Eitelkeit überstrahlt.

Für ihn: Der Schirmherr

Das ist "Singin' in the Rain" in der neuen Besetzung mit Hubert Aiwanger. Nur dass er nicht singt, sondern nach Bayreuth kam, um besungen zu werden. Es ist ja in den wechselhaften letzten Tagen zu einer Stilfrage geworden, wie man als Mann mit dem ungewollten Nasswerden umgeht. Man erinnere sich: Gene Kelly klappt in der Urversion der angesprochenen Szene erst mal seinen Regenschirm zusammen, das Revers seines Jacketts hoch und tanzt dann durch den Sommerregen.

(Foto: Daniel Karmann/dpa)

Diese demonstrative Verachtung gegenüber den Elementen hat durchaus etwas Männliches und natürlich eine tolle Souveränität. In der Gegenwart erlebt man einen ähnlichen Effekt vielleicht bei Fußballspielen, die einen Sturzregen verkraften müssen, den die Akteure auf dem Platz dann auch stets möglichst unbeeindruckt hinnehmen. Bei den ersten Tropfen gleich unter das nächste Vordach zu flüchten oder eilig die Pelerine aus dem Rucksack zu wurschteln, wirkt dagegen eher sicherheitsfixiert bis uncool. Besser: Mantelkragen hochschlagen, gerollte Zeitung über den Kopf halten (auch dafür könnte man also mal wieder ein Papier-Exemplar mit sich führen) und gegebenenfalls ein Taxi heranwinken, um dem Schlamassel zu entkommen. Auch ein zum Outfit passender Schirm ist natürlich ein vorzügliches Accessoire. Aiwanger, der nur ein paar Meter von der Limousine bis zum Opernhaus zurücklegen muss, hat damit gut lachen. Was man hier nicht sieht - seine seitlich mitgeführte Partnerin kam nicht in den Genuss, der Wirtschaftsminister war zu sehr mit seinem Auftritt und der Wahrung des (dürftigen) Smokings beschäftigt. Das wäre Gene Kelly nicht passiert. Bei Schiff- und Wolkenbruch gilt nun mal: Frauen und Kinder zuerst.

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