Xabi Alonso stammt aus einer Fußballerfamilie, und das merkt man an nicht unerheblichen Details, die davon erzählen, dass er großen Respekt vor den Entwicklungsstufen des Sports hat. Zum Beispiel daran, wie er reagierte, als Karl-Heinz Rummenigge, scheidender Vorstandsvorsitzender des FC Bayern München, in den Raum stellte, dass Alonso dereinst das Amt des Trainers beim FC Bayern übernehmen könnte. "Ich glaube, dass er mal ein Trainer sein wird, der für den FC Bayern irgendwann in der Zukunft möglicherweise von Interesse sein kann", sagte Rummenigge im Podcast "Phrasenmäher".
Alonso registrierte das damals durchaus. Und dass es ihm schmeichelte, konnte man heraushören, wenn man ihn darauf ansprach. Noch viel deutlicher aber erklärte er, dass er als Trainer erst einmal lernen und wachsen wolle. Zum Beispiel: Als U-13-Trainer bei Real Madrid. Oder: wie zurzeit als Coach der zweiten Mannschaft des spanischen Erstligisten Real Sociedad San Sebastián - seinem Stammklub. Folgt nun der nächste Schritt?
Am Montag meldete die Bild mit viel Tamtam und Getöse, Xabi Alonso werde im Sommer bei Borussia Mönchengladbach auf Marco Rose folgen, der aktuelle Coach soll im Juli bekanntlich das Erbe von Edin Terzic in Dortmund verwalten. Doch ob die Meldung in dieser apodiktischen Gewissheit zutrifft, war am Montag fraglich. Bei Borussia Mönchengladbach hieß es, man werde "keinen Namen kommentieren" - weder den von Xabi Alonso noch von sonst jemandem. Wer tiefer bohrte, erfuhr, dass eine Entscheidung noch gar nicht gefallen sei. Vom Betroffenen selbst war am Montag kein Wort zu vernehmen.
Und in San Sebastián war man am Montag über die Nachrichten aus Alemania einigermaßen überrascht. Aus einem Grund: Dem Vernehmen nach steht ein Gespräch der Verantwortlichen der Real Sociedad mit Xabi Alonso über die Zukunft noch aus. Und diesem Verein fühlt er sich mindestens ebenso verbunden wie den Grundregeln des Anstands. Dazu würde eher nicht passen, relevante Nachrichten via deutscher Presse überbringen zu lassen.
Benítez, Mourinho, Ancelotti, Guardiola: All diesen Trainergrößen galt Alonso als ihr verlängerter Arm
Alonso, heute 39, hat dort im Jahr 1999 eine Profikarriere begonnen, die sich beeindruckend entwickeln und ihn 2010 unter anderem mit Spanien zum Weltmeister küren sollte. Er spielte in Liverpool, bei Real Madrid und dem FC Bayern - unter Trainergrößen wie Rafa Benítez, José Mourinho, Carlo Ancelotti und Pep Guardiola. All diesen Trainern galt er als der sprichwörtliche verlängerte Arm. Denn er hatte von seinem Vater Periko Alonso, einer Meisterlegende der Real Sociedad der frühen 1980er Jahre, nicht nur begnadete Füße geerbt - sondern auch einen privilegierten Kopf.
Nur wenige Spieler seiner Generation wussten, Fußball so rational zu prozessieren wie er. Den Gedanken, dass Xabi Alonso das Potenzial hat, der große Trainer einer großen Mannschaft zu sein, hatte Rummenigge daher auch nicht exklusiv: Real Madrids Präsident Florentino Pérez etwa hat ihn regelmäßig auf Shortlists gehabt.
Seit seiner Rückkehr hat er in San Sebastián mehr als nur angedeutet, dass in ihm ein Trainer von Rang wohnt. Am Sonntag siegte er mit "Sanse" beim baskischen Erzrivalen Athletic Bilbao 2:1, damit ist sein Team in der Aufstiegsrunde zur 2. Liga dabei. In San Sebastián gilt das als gehörige Leistung, denn die aktuelle Generation gilt nicht als die beste der Geschichte des Klubs. Schon vor Monaten ließ der Verein einerseits erkennen, dass man ihn nur zu gern im Klub behalten würde.
Andererseits: Das wäre einfacher zu bewerkstelligen, wenn man ihm die erste Mannschaft von Real Sociedad anvertrauen würde. Das wiederum gilt als ausgeschlossen. Der aktuelle Trainer, Imanol Alguacil, ist trotz überschaubarem Talent eine ehemalige Klublegende - und als Coach so beliebt wie erfolgreich.
Am Sonntag wurde seine Mannschaft zwar vom FC Barcelona im eigenen Stadion brutal gedemütigt (1:6), aber sie steht in La Liga noch immer auf dem fünften Tabellenplatz, trägt Anfang April gegen Athletic Bilbao das spanische Pokalfinale aus - und spielt mindestens so gepflegt Fußball wie Alonsos "Sanse", und wie jede Mannschaft, die der Baske dereinst trainieren sollte. Ob sie nun Gladbach heißen wird oder nicht.