Slalom-Weltcup in Garmisch-Partenkirchen:Salarich überrascht sie alle

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Spanische Energie auf Skiern: Joaquim Salarich, 28, konnte über zwei Top-Ten-Ränge jubeln. (Foto: Christof Stache/AFP)

Beim Doppelerfolg des Norwegers Henrik Kristoffersen erkämpft sich der Münchner Linus Straßer die Ränge sechs und drei. Die Überraschung des Wochenendes am Gudiberg ist aber ein Spanier.

Von Gerald Kleffmann, Garmisch-Partenkirchen

Als er im Zielraum abschwang und zur Anzeige blickte, fing er sofort zu jubeln an. Er riss die Hände hoch. Für die nächste halbe Stunde sollte man Joaquim Salarich nur noch lächeln sehen, er klatschte reihenweise Hände ab. Zweiter war er in diesem Moment. In der Endabrechnung sollte er beim Sieg des Norwegers Henrik Kristoffersen auf Platz acht landen, aber was spielte das für eine Rolle? Er ist kein Österreicher, kein Schweizer, kein Deutscher, er fuhr nicht etwa zu Hause auf dem berühmten Gudiberg. Er ist nicht mal aus Kroatien, das als Ski-Nation ja auch immer wieder vorzügliche alpine Skifahrer abstellt. Salarich ist Spanier. Ein Katalane, der nahe Barcelona wohnt und aussieht wie der Bruder von Javier Bardem, vor allem mit seinem Vollbart.

Und dieser kernige, 28 Jahre alte Kerl, der erst einmal 15. im Weltcup war (im vergangenen Dezember in Val d'Isère) und in Garmisch-Partenkirchen mit den Nummern 50 (am Samstag) und 49 (am Sonntag) startete, mischte nun noch weiter vorne bei einem Rennen mit? Ja, genau das gab es an diesem Wochenende tatsächlich zu bestaunen. Denn auch am Sonntag ging diese kleine, überraschende Erfolgsgeschichte weiter.

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Salarich kann nach der Aufregung lange nicht einschlafen - und wacht um fünf Uhr wieder auf

Als Vierter rauschte Salarich beim ersten Durchgang über die Linie, und kurz nachdem der aufgedrehte Stadionsprecher "Paella für alle" forderte, berichtete Salarich von seinen aufregenden Tagen in den bayerischen Alpen. Um 21.30 Uhr wollte er am Samstag schlafen, es ging nicht, so aufgewühlt war er. Erst nach 23 Uhr glückte es ihm. Um fünf Uhr wachte er wieder auf. "Es ist ein unglaubliches Gefühl", sagte er und erklärte mit Stolz in der Stimme: "Wir haben so hart gearbeitet die letzten Jahre. Wir sind so ein kleines Ski-Land, und jetzt zahlt es sich aus. Endlich sieht man, was für ein starkes Team wir haben. Wir genießen hier jede Sekunde und zeigen, dass auch Spanier ganz gut Skifahren können." Das gelang in der Tat, auch wenn es schon eine Weile her ist, dass vor ihm ein Iberer auf einer Skipiste glänzte. Der unvergessene Francisco Fernández Ochoa hatte 1972 gar Olympia-Gold in Sapporo geholt.

Beim zweiten Slalom am Sonntag rockte Salarich gleich wieder, auch wenn er im zweiten Durchgang ein paar Ränge einbüßte und final dann Siebter wurde. Wieder tauchte er jubelnd ein in den Applaus der Zuschauer und ließ sich feiern. Felix Neureuther, Sieger 2010 beim letzten ausgetragenen Weltcup-Slalom bis zu diesem Samstag am Gudiberg, schwärmte als ARD-Kommentator: "Das ist so cool. Die Geschichten schreibt der Sport und die Emotionen auch. Genau so was will man sehen." Die Begeisterung des inzwischen 37 Jahre alten Neureuther wurde allerdings leicht gedämpft, als es um die deutsche Bilanz dieses Wochenendes ging.

Als erster Fahrer mit zwei Siegen im Slalom: Henrik Kristoffersen. (Foto: Alexis Boichard/Getty Images)

Wobei ein Athlet die Ausnahme bildete: Am Samstag schon war Linus Straßer, dem besten deutschen Slalom-Fahrer, ein respektabler sechster Rang gelungen. Eine bessere Platzierung vergab er, weil er ausgerechnet im flachen Schlussstück des legendär steilen Hanges wertvolle Zehntelsekunden einbüßte. Am Sonntag, als Kristoffersen abermals triumphierte und damit als erster Fahrer in dieser Saison zwei Mal im Slalom gewann, machte Straßer im zweiten Durchgang gar 13 Ränge gut und fuhr so noch spektakulär aufs Podest, als Drittplatzierter. Doch er war aus DSV-Sicht sehr einsam da vorne unterwegs.

"Wir können im Slalom nicht immer nur auf den Linus angewiesen sein", sagt Neureuther besorgt

Von seinen Kollegen schieden am Samstag sechs Athleten aus, zwei verpassten die Qualifikation für die Top 30, die den zweiten Durchgang bestreiten dürfen. Am Sonntag kamen mehr ins Ziel, aber einzig Straßer schaffte es in den zweiten Lauf. "Da muss man sich viele Gedanken machen", sagte Neureuther besorgt. "Das ist das, was ich auch schon bei den Olympischen Spielen angesprochen habe. Wir können uns im Deutschen Ski-Verband nicht immer nur abhängig machen von einzelnen Athleten. Wir können im Slalom nicht immer nur auf den Linus angewiesen sein. Sondern da muss ein Zweiter, Dritter nachkommen."

Doch davon, sagte Neureuther weiter, sei man "meilenweit entfernt". In der zweiten technischen Ski-Disziplin, dem Riesenslalom, ist die Lage ja ähnlich, dort ist der Allgäuer Stefan Luitz der Anker des Teams. Wenn er verletzt fehlt wie seit Monaten, liegt die Last des Erfolges auch auf einem einzigen Fahrer - in diesem Fall ist das Alexander Schmid, der den Schwung des Olympia-Silbers aus dem Teamwettbewerb diesmal nicht in den Slalom-Wettbewerb nach Garmisch-Partenkirchen transferieren konnte.

Einen formidablen Eindruck in jedem Fall hinterließ der Veranstalter, der Skiclub Garmisch. Elf Jahre nach der Heim-WM durften die Werdenfelser ja wieder einmal einen Slalom am Gudiberg ausrichten, 3000 Zuschauer waren zugelassen, die sich gut gelaunt hinter mehreren Absperrungen postierten und jeden der Fahrer beklatschten. "Der Gudiberg gehört hierher, das Ambiente ist perfekt", sagte Neureuther und meinte damit, dass der Slalom von Garmisch-Partenkirchen endlich wieder fester Bestandteil des Weltcup-Kalenders sein sollte. Das dürfte ein Spanier aus dem Städtchen Vic genau so sehen.

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