Influencer im Sport:Der Volleyballer, dem fünf Millionen Menschen auf Tiktok folgen

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Große Reichweite im doppelten Sinne: Tobias Krick, Tiktok-Experte und Volleyballprofi. (Foto: Jürgen Kessler/Imago)

Der 2,13-Meter-Mittelblocker Tobias Krick gewinnt mit Berlin den DVV-Pokal. Noch mehr von sich reden macht der Nationalspieler auf einer Kurzvideo-Plattform - wo ihn mehr Leute kennen als Fußballer wie Thomas Müller.

Von Sebastian Winter, Mannheim

Die Umkleidekabine des neuen und alten Volleyballpokalsiegers lag in einer flüssigen Lache. Nachdem der große Favorit aus Berlin den WWK Volleys Herrsching die Endspielpremiere vor knapp 11 000 Zuschauern in Mannheim mit einem klaren 3:0 verdorben hatte, floss das Bier sogar aus der Kabine hinaus auf den Gang, wo sich große Pfützen bildeten. Auch für Tobias Krick, an dessen nacktem Oberkörper die Goldmedaille baumelte, gab es kein Entrinnen. Der 25-jährige Mittelblocker stach aus dem Pulk heraus, alleine schon wegen seiner Größe von 2,13 Metern.

Im Endspiel war er eher unter die Kategorie unauffällig gefallen, sechs Punkte, gute Angriffsquote, ein Block. Mannschaftskollegen wie Topscorer Marek Sotola und Zuspieler Johannes Tille waren präsenter - auf dem Feld. Denn bei Krick gibt es immer ein Danach.

Nach den Spielen ist der Mann aus Bingen am Rhein derjenige, den die meisten Fans zu Selfies bitten, den sie regelrecht umringen, was so nicht üblich ist im Volleyball. Das liegt vor allem daran, dass Krick die Videoclip-Plattform Tiktok so erfolgreich bespielt wie wohl kein anderer Volleyballer weltweit.

Begehrt bei den Fans: Tobias Krick nach dem Champions-League-Viertelfinale gegen Trentino. (Foto: Andreas Gora/dpa)

Mehr als fünf Millionen Menschen folgen ihm dort, er hat mehr als 150 Millionen Likes. Und übertrifft damit problemlos Fußballgrößen wie Thomas Müller. Auf Instagram hat Krick mehr als 900 000 Follower. Sein Leitsatz: "Follow if you're shorter than me" - folge mir, wenn du kleiner bist als ich.

Damit dürften sich ungefähr 99,9 Prozent der Weltbevölkerung angesprochen fühlen. Aber es ist nicht nur dieser Satz, der die Generation Z, die Zehn- bis 25-Jährigen, auf Kricks Seite treibt. Er spielt dort auf sechs bis zwölf Sekunden kurzen Videos mal ernsthaft, mal selbstironisch mit seiner Größe, seinem Aussehen, Alltagsproblemen, er macht sich künstlich älter, präsentiert sich als Modellathlet.

Vor allem wirbt er, häufig in Zeitlupentempo, für seinen Sport bei einer ansonsten eher volleyballfernen Zielgruppe. "2019 habe ich die ersten Videos für Tiktok geschnitten, geschaut, wie das ankommt", sagte Krick jüngst im Gespräch: "Mir hat es einfach Spaß gemacht, den Leuten näherzubringen, was ich so mache, meinen Sport zu zeigen. Und dann wurde es immer mehr und immer besser."

Krick verdient sogar etwas Geld mit seinen Videos

Das chinesische Videoportal ist nicht unumstritten, auch rechtsgerichtete Parteien wie die AfD nutzen es erfolgreich. Krick schaut dort eher nach Trends, nach Dingen, die Prominente wie Cristiano Ronaldo auf Tiktok stellen (lassen). Dann entwickelt er eigene Videos daraus - und überträgt sie auf Spielszenen, die ihn zeigen. "Ich glaube, das ist ein guter Mix bei mir, ich poste auch viel Persönliches", sagte Krick. Das Schneiden eines Videos dauert rund zwei bis vier Stunden, es ist also nicht ganz unaufwändig.

Inzwischen verdient der Volleyballprofi sogar ein wenig Geld damit: "Bei Tiktok wird man nach Aufrufen bezahlt, für eine Million Aufrufe bekommt man circa 30 bis 50 Euro." Zwei seiner erfolgreichsten Videos haben 26 beziehungsweise 18 Millionen Aufrufe. Nicht schlecht abseits des im Vergleich zu Handball, Eishockey und Basketball hierzulande eher schlecht bezahlten Profisports Volleyball. "Aber ich bin nicht so darauf aus, damit Geld zu verdienen", sagt Krick: "Ich will eher die Fanbase und in Zukunft vielleicht ein paar Kooperationen aufbauen." Er hilft auch Kollegen, die sich auf der Plattform ein Profil basteln wollen.

Da ist der Pokal: Tobias Krick hält die Trophäe nach dem 3:0-Sieg über Herrsching in seinen Händen. (Foto: Uwe Anspach/dpa)

Für seinen Verein Berlin Volleys, der ihn im vergangenen Sommer verpflichtete, ist Krick in doppelter Hinsicht ein Gewinn. Er ist einer der talentiertesten deutschen Blocker und hat sich mit der Nationalmannschaft für Olympia in Paris qualifiziert. Und er hilft Berlin, ein neues, junges Publikum zu gewinnen. "Es ist ja irre, was er da für Zahlen hat. Natürlich hilft uns das auch, unsere Reichweite zu vergrößern", sagte Berlins Manager Kaweh Niroomand der SZ am Rande des Pokalfinals.

Kricks Vertrag in Berlin läuft bis 2026, in der aktuellen Saison hatte er aber auch große Probleme. Nach der erfolgreichen Olympiaqualifikation im Herbst fiel er in ein kleines sportliches Loch, im Winter zog er sich eine Gehirnerschütterung zu. Niroomand appelliert an ihn: "Er muss an seinem Körper arbeiten, kräftiger werden, auch dadurch die Verletzungsanfälligkeit minimieren."

Ende April möchte der aktuelle Tabellenführer Berlin endlich auch Friedrichshafen in puncto Meistertitel überholen, derzeit liegen beide gleichauf. Krick versucht, auf und neben dem Feld möglichst viel beizutragen - und sich weiter dem Bundestrainer zu empfehlen für Paris. Am Sonntag fuhr er erst mal acht Stunden durch die Nacht in die Hauptstadt zurück, im Partybus der Pokalsieger. "Heute wird nichts mehr geschnitten", versprach er zuvor. Aber er wird seinen insgesamt knapp sechs Millionen Anhängern schon bald das nächste Futter geben.

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