VfB Stuttgart:Der Präsident holt zum Gegenschlag aus

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Claus Vogt, Präsident des VfB Stuttgart, kritisiert dass über die neue Ausrichtung nicht auf einer Mitgliederversammlung abgestimmt worden sei. (Foto: Tom Weller/dpa)

Nach der Absetzung von Claus Vogt als Aufsichtsratschef geht der Machtkampf beim VfB Stuttgart in die nächste Runde. Der Vorwurf der Kritiker: Ein "rechtlich fragwürdiges" Verfahren.

Von Christoph Ruf, Stuttgart

Beim VfB Stuttgart gibt es dieser Tage nicht mehr viele Gewissheiten. Zwei Dinge stehen aber unverbrüchlich fest. Erstens: Nach Lage der Dinge hat "Fritzle", ein gutgelauntes Plüsch-Krokodil, die Grabenkämpfe gut überstanden und fungiert auch künftig als Maskottchen. Zweitens: Besagte Grabenkämpfe bieten jeden Tag aufs Neue überraschende Wendungen. Zur Wochenmitte schmückte die derzeit sehr häufig angeklickte Klub-Homepage ein "Statement des Präsidenten und des Vereinsbeirates" - die nächste Eskalationsstufe, die noch weitreichende Folgen haben könnte.

Denn in diesem Statement warfen die Unterzeichner um den Präsidenten Claus Vogt, 54, die Frage auf, ob "der VfB wirklich noch seinen Mitgliedern" gehöre. "Die Ereignisse des Dienstags und die nicht mit dem Verein abgestimmte Pressemitteilung zeichnen leider ein anderes Bild", hieß es. Zudem werfe die Abstimmung Fragen in Bezug zur 50+1-Regel auf, die im deutschen Fußball der Vereinsseite eigentlich das entscheidende Wort garantieren soll. "Der Einfluss des e.V. im Aufsichtsrat" sei "deutlich geschwächt", das ganze Vorgehen rund um die Abwahl "rechtlich fragwürdig".

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Der Unternehmer Vogt steht im Zentrum des Machtkampfes beim VfB. Er ist Präsident des eingetragenen Vereins (e.V.) und war lange zugleich Aufsichtsratschef der AG, unter deren Dach die Profifußball-Abteilung läuft. Doch vor wenigen Tagen wurde er als Vorsitzender des AG-Aufsichtsrates entmachtet und durch die frühere Umweltministerin Tanja Gönner ersetzt. Das hat auch, aber nicht nur mit dem Einstieg des neuen Investors Porsche zu tun, der auf "einen Neuanfang im Aufsichtsrat" pochte, "mit einem neuen Aufsichtsratsvorsitzenden, der idealerweise aus dem Kreis der vom e.V. gestellten AR-Mitglieder stammen sollte".

Der Beirat kritisiert, dass über die neue Aufstellung nicht auf einer Mitgliederversammlung abgestimmt wurde

Ebenfalls auf der Vereinshomepage erschien eine Stellungnahme der neuen Mehrheit im AG-Aufsichtsrat, die Vogt öffentlich abwatschte. Nun holte der also zum Gegenschlag aus - mit Unterstützung des Beirates, aber nicht im Namen des gesamten Präsidiums. Seit der Ausgliederung der Profifußball-Abteilung 2017, für die fast 85 Prozent der Mitglieder votierten, war der Vereinspräsident zugleich Chef des Aufsichtsrates. Nun ist er das nicht mehr - und kritisiert wie der Beirat, dass über die neue Ausrichtung nicht auf einer Mitgliederversammlung abgestimmt worden sei. Stattdessen seien "mit der vermeintlichen Abwahl des e.V.-Präsidenten als Vorsitzender des Aufsichtsrates, des Präsidialausschusses und Leiter der AG-Hauptversammlung ohne jegliche Einbindung der Mitglieder Tatsachen geschaffen" worden.

Neben den inhaltlichen Vorwürfen dürfte auch eine Nachricht über den angeblichen Stil für Empörung sorgen. Demnach sei versucht worden, Vogt "aus gesundheitlichen oder privaten Gründen" zur "freiwilligen" Niederlegung des Amtes zu bewegen. Was für ihn "natürlich" keine Option gewesen sei.

Dazu kommt: Nicht nur Vogt polarisiert - sondern auch die neue Aufsichtsratsvorsitzende Tanja Gönner. Die ehemalige Umweltministerin ist vielerorts als prominente Befürworterin des in Stuttgart mit quasi religiösem Eifer diskutierten und noch heute umstrittenen Großprojekts "Stuttgart 21" in Erinnerung geblieben. Und es ist offensichtlich, dass die Investorenseite und die neue Vorsitzende der Vereinsbasis mit großer Skepsis begegnen.

Es ist kompliziert in diesem Stuttgarter Machtkampf. Und klar ist: Der Streit wird weitergehen.

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