1. FC Nürnberg:Wie im Kindergarten

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Even Hovland war Teil jener Nürnberger Abwehr, die in Freiburg riesige Probleme offenbarte. (Foto: Bongarts/Getty Images)
  • Der 1. FC Nürnberg hinterlässt zum Saisonstart der 2. Liga einen schlimmen Eindruck - die Fans sind besorgt.
  • Das 3:6 untermauert alle Probleme der Mannschaft - die Unruhe im Klub nimmt zu.

Von Christoph Ruf, Freiburg

Um zu begreifen, was da gerade passiert war, hätte man sich möglicherweise das Spiel zwischen dem SC Freiburg und dem 1. FC Nürnberg gar nicht anschauen müssen. Die Gesichter der Nürnberger Profis nach dem Spiel genügten, um zu ermessen, was die sechs Gegentore angerichtet hatten, die sich ihre völlig desolate Mannschaft da gegen einen quietschfidelen Gegner eingefangen hatte.

Mit nackter Verzweiflung im Blick versuchte Rechtsverteidiger Kevin Möhwald den Reportern zu erklären, wie es passieren konnte, dass ein Team, das noch vor 15 Monaten in der ersten Liga spielte, plötzlich jegliche Zweitliga-Tauglichkeit vermissen ließ. Und Jan Polak, ein alter Fahrensmann mit der Erfahrung von Hunderten Erst- und Zweitligaspielen, schaute drein wie der Augenzeuge eines schlimmen Ereignisses. "Das war ganz schlecht von uns", fand der Tscheche und erklärte, wie man die Partie eigentlich hatte angehen wollen: "Wir hatten uns vorgenommen, die Freiburger von Anfang an in Zweikämpfe zu zwingen."

Das wiederum war interessant zu erfahren, denn zu so etwas wie Zweikämpfen kann es gar nicht kommen, wenn zehn Feldspieler in Rot zehn Kollegen in Weiß nach allen Regeln der Kunst überrennen. Als die hilflosen Nürnberger den dritten Gegentreffer kassiert hatten, waren gerade mal 13 Minuten gespielt. Freiburgs Nils Petersen hatte mit zwei Elfmetern und einem weiteren Treffer innerhalb von fünf Minuten einen Hattrick zustande gebracht.

Fußball
:In vier Minuten dreimal Bumm

Nils Petersen trifft gegen Nürnberg dreimal in fünf Minuten - einer der zehn schnellsten Hattricks im deutschen Fußball. Ein Stürmer schaffte das Kunststück sogar nach einer späten Einwechslung.

Doch selbst damit waren die Kräfteverhältnisse auf dem Platz nur unzureichend abgebildet. Völlig ungehindert hatten die Freiburger bis dahin Ball und Gegner laufen lassen, waren übers Zentrum, über rechts und über links immer wieder in den Nürnberger Strafraum gekommen. Und wenn dann doch mal ein Nürnberger an den Ball kam, hatten die Freiburger ihn schon drei, vier Sekunden später wieder.

"Das war ein kleiner Fußball-Albtraum", sagte Nürnbergs Trainer René Weiler, "so kann man nicht verteidigen, so kann man nicht auftreten. Das gibt einem als Trainer zu denken." Mike Frantz erhöhte noch in der ersten Hälfte auf 4:0, Maximilian Philipp und Julian Schuster erzielten die Tore fünf und sechs. Und hätten die Freiburger in der Phase vor und nach der Pause nicht kurz nachgelassen und den Nürnbergern dadurch zu einer hundertprozentigen Chancenverwertung verholfen (drei Chancen, drei Tore durch Möhwald, Behrens und Schöpf) - das Resultat wäre noch deutlicher ausgefallen.

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Spektakulärer Abschluss des ersten Spieltags in der 2. Bundesliga: Der SC Freiburg schlägt den 1. FC Nürnberg mit 6:3. Dabei gelingt SC-Angreifer Nils Petersen ein Rekord.

Nun ist der ruhmreiche 1. FC Nürnberg kein Verein, der ein solches Desaster gleichmütig hinnehmen würde. Schon zur Halbzeit hatten Hunderte Club-Fans den Ort des Schreckens verlassen, bei Abpfiff war nur noch die Hälfte der knapp 2000 Gäste-Fans im Stadion. Einige von ihnen hatten einen Schuldigen ausgemacht, zu dessen Verteidigung man immerhin anführen kann, dass er nicht auf dem Platz stand. "Bader raus", skandierten weite Teile der Kurve, wohlwissend, dass der Nürnberger Sportvorstand in mühevoller Kleinarbeit eine solide Defensive aufgebaut hat. Zumindest in den Vereinsgremien.

Auf dem Platz bestätigte sich dagegen der Eindruck aus der durchwachsenen Saisonvorbereitung. Dass ein Stürmer fehlt, dem man zutraut, wenigstens sieben, acht Saisontore zu schießen, war augenfällig. Und wie fahrlässig es ist, einen offensiv denkenden Mittelfeldspieler als Rechtsverteidiger aufzustellen, sah man nicht nur beim 1:5.

Vorwerfen sollte man das dem Spieler Möhwald nicht, zumal er mit Selbstkritik nicht sparte: "Bei diesem Tor hab' ich mich kindergartenmäßig verhalten." Es sei "bekannt, dass wir auf der Rechtsverteidiger-Position noch aktiv werden", sagte Trainer Weiler später, um Bader nicht in den Rücken zu fallen. "Das war heute einfach schlecht. Vor dem Spiel gegen Heidenheim am Freitag wartet jetzt viel Arbeit auf uns." Und zwar ziemlich viel Arbeit für drei Trainingstage.

© SZ vom 29.07.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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