VfL Wolfsburg gegen Union Berlin:Sieg ohne Ambition

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Sein bereits dritter Saisontreffer war zu wenig für einen Punktgewinn in Wolfsburg: Unions Zugang Robin Gosens. (Foto: Cathrin Müller/MIS/Imago)

Vor dem historischen Champions-League-Debüt bei Real Madrid unterliegt Union Berlin effektiven Wolfsburgern 1:2. Stareinkauf Bonucci darf nur zuschauen. Ob er ein Thema fürs Bernabéu-Stadion wird, bleibt damit fraglich.

Von Javier Cáceres, Wolfsburg

Unions Trainer Urs Fischer setzt auch in freier Rede seine Adjektive mit Bedacht, das heißt: überlegt und umsichtig. Und jenes dieser Adjektive, das der Schweizer am Samstag nach dem 1:2 beim VfL Wolfsburg wählte, war gar nicht so unbedeutend. Fischer beglückwünschte seinen Kollegen Niko Kovac zu einem "erkämpften" Sieg. In dem Wörtchen lag eine Menge Anerkennung für den Gegner (welcher Protagonist der Bundesliga sollte schon "erkämpften" Siegen einen höheren Wert einräumen als Fischer?), aber auch Ärger über eine Niederlage, die Fischer ein paar Minuten später als "unnötig" definieren sollte. Und darin lag auch noch, freilich etwas versteckt, Anerkennung für das Spiel der eigenen Mannschaft, der auch VfL-Coach Kovac Respekt zollte, als er ohne Umschweife eingestand, dass es "sicherlich kein verdienter Sieg" der Wolfsburger gewesen war.

Ein Symptom dessen war, dass Wolfsburg zu seinen Toren kam, als man damit nicht rechnen musste. Oder konnte. Die Wolfsburger schienen sich darauf verständigt zu haben, auf die Unioner am eigenen Strafraum zu warten, ohne eigene Ambitionen zu verströmen. Doch als Kevin Behrens in der eigenen Hälfte einen unkontrollierten Rückpass spielte, waren die Wolfsburger da.

Robin Gosens warnt: Ehrfurcht im Bernabeu-Stadion ist fehl am Platz

Der dänische Stürmer Jonas Wind spielte mit Lovro Majer Doppelpass und schob den Ball zu seinem nun schon fünften Saisontor ein. Der zweite Treffer entstand ebenfalls aus einem Fehler der Gäste. Zwei Minuten, nachdem Robin Gosens per Kopf den Ausgleich erzielt hatte (28.), boxte Unions Torwart Fredrick Rönnow einen Eckball an den Strafraumrand, wo Joakim Maehle direkt abzog und volley zum 2:1 traf. Der Rest des Spiels der Wolfsburger wurde ihrer Rolle als Reklameläufer für den VW-Konzern kaum gerecht: Sympathien werden sie jenseits der Mauern der Wolfsburger Arena, wo genügsame Herzen zu Hause sind, kaum gewinnen. Doch am Ende stand halt der dritte Saisonsieg - und Platz sechs. Obschon die Berliner 17:8 Torschüsse aufwiesen und der eingewechselte Stürmer Sheraldo Becker sowie Kevin Behrens zum Schluss der Partie feinste Chancen vergaben, musste Union umgekehrt erstmals seit Februar 2022 zwei Niederlagen in Serie verbuchen. "Wenn du so viele Möglichkeiten hast, musst du effizienter sein", ärgerte sich Fischer, und attestierte seinem Team doch, "einiges richtig gemacht" zu haben.

Im Einzelnen meinte er damit, dass seine Mannschaft schon versucht und sich zugetraut habe, "spielerische Lösungen zu finden". Das stimmte Fischer vor allem mit Blick auf das Champions-League-Spiel am Mittwoch (18.45 Uhr) bei Real Madrid hoffnungsfroh. Denn dort werde es gewiss Phasen geben, die man schlicht "überstehen" müsse, und in denen es nicht helfen werde, den Ball einfach wegzuschlagen. Es werde schon auch darum gehen, Fußball zu spielen. Gegen eine Mannschaft übrigens, die im Vergleich zu Wolfsburg eine stärkere Neigung hat, selbst Fußball zu spielen.

Das wird im Bernabéu-Stadion auch eine Frage der mentalen Verfassung, wie Robin Gosens weiß. Er ist einer der wenigen Spieler im Union-Kader, die Champions-League-Atmosphären aus eigener Anschauung kennen. Es sei wichtig, "das Spiel zu genießen", es dürfe nicht jeder auf einer Bühne wie dem Bernabéu spielen, gab der Nationalspieler zu bedenken. Man dürfe "nicht nach Madrid fahren, um irgendwie Zuschauer zu sein und nur rumzustaunen", "Ehrfurcht und Angst" seien fehl am Platz. Ob der andere Serie-A-Zugang der Berliner, Leonardo Bonucci (Juventus Turin), ausgerechnet am Mittwoch sein Union-Startelf-Debüt feiert, ist fraglich. Der italienische Europameister von 2021 durfte sich auch am Samstag - wie schon gegen Leipzig vor der Länderspielpause - lediglich warmlaufen, kam aber nicht eine Sekunde zum Einsatz.

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