Union Berlin:Das alte Union ist wieder da

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Sein erster Jubellauf Richtung Eckfahne: Trainer Nenad Bjelica (r.) feiert das 2:0. (Foto: Michael Taeger/Imago/Jan Huebner)

Durch einen ungefährdeten 3:1-Sieg gegen apathische Gladbacher landet der 1. FC Union den ersten Dreier nach 16 Spielen - und beschert seinem neuen Trainer Nenad Bjelica ein erinnerungswürdiges Bundesligadebüt.

Von Javier Cáceres, Berlin

Auch Nenad Bjelica ist nun "Fußballgott". Und er war es, noch ehe er sein Heimdebüt in der Bundesliga als Trainer des 1. FC Union begonnen hatte. Die Apotheose geht in Köpenick mit der An- und Aufstellung beim 1. FC Union automatisch einher; Spieler und Trainer werden umgehend in den Stand von "Fußballgöttern" erhoben und als solche gefeiert, wenn der Stadionsprecher die Aufstellung verliest.

"Fußballgott", riefen also die Anhänger der Unioner, als Bjelicas Name erstmals im Stadion An der Alten Försterei ertönt war. Und sie bereuten ihre Worte nicht: Union siegte gegen eine in jeder Hinsicht enttäuschende Gladbacher Mannschaft mit 3:1. Und bereitete dem früheren Lauterer Bundesligaprofi nicht nur ein gelungenes Bundesligadebüt als Trainer. Sondern beendete drei Tage vor der letzten Champions-League-Vorrundenpartie gegen Real Madrid eine ewig anmutende Serie von wettbewerbsübergreifend 16 Spielen oder 105 Tagen ohne Sieg.

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Es war den Unionern von Beginn an anzumerken, dass (und wie sehr) sie nach einem Erfolgserlebnis lechzten. Erstaunlicher war darob die Gladbacher Apathie - und wie sich aus der Köpenicker Sehnsucht nach einem Erfolgserlebnis ein selbstsicherer Auftritt und ein vollauf verdienter Sieg entwickelte. Ob Union Berlin wieder da sei, wurde Bjelica nach der Partie gefragt. "Absolut!", sagte der neue Coach. "Wir haben von A bis Z Union-Fußball gespielt", sekundierte Kapitän Rani Khedira.

Der Sieg der Berliner stand zu keinem Zeitpunkt der Partie in Diskussion. Zu seinem Treffer kam Gladbach durch Alassane Pléa erst, als Union bereits mit 3:0 führte und bloß noch eine gute Viertelstunde auf der Uhr verblieb. "Wir wissen, dass wir im Pokal viel Energie gelassen haben. Aber das ist keine Ausrede", sagte Gladbachs Trainer Gerardo Seoane, der verärgert wirkte und auch eine Tiefenanalyse ankündigte.

Union lässt erste Chancen liegen - ein Handelfmeter bringt die Führung

Nötig ist sie durchaus. Seine Mannschaft war in der ersten Halbzeit im Grunde chancenlos geblieben, ganz im Gegensatz zu Union. Das erste Mal lag der Ball nach nicht einmal 90 Sekunden im Netz der Gladbacher, doch Schütze Benedict Hollerbach - der unter Bjelicas Vorgänger Urs Fischer im Grunde keine Rolle gespielt hatte - stand nachweislich im Abseits. In der 20. Minute bestätigte Mittelstürmer Kevin Behrens, dass er weiterhin vom Pech verfolgt wird. Nach einer Kopfballvorlage von Robin Gosens lupfte Behrens den Ball nicht nur über den Gladbacher Torwart Moritz Nicolas, sondern auch über die Querlatte des Tores der Gäste hinweg.

Dann folgte die Elfmeterszene, die Grundlage der Katharsis. Im Anschluss an eine Flanke von Hollerbach wollte Union-Stürmer Kevin Volland den Ball per Kopf ablegen, der Gladbacher Abwehrspieler Luca Netz aber berührte den Ball beim Sprung mit dem Arm, und diesen hatte er oberhalb der Schulter ausgefahren. Volland verwandelte den Strafstoß sicher zum 1:0 (24.). Union hatte mehr Zug zum Tor und Zielstrebigkeit, und hätte Torwart Nicolas kurz vor dem Halbzeitpfiff nicht so bravourös bei einem spektakulären Volleyschuss von Jérôme Roussillon geklärt, so wäre der Vorsprung angemessen größer geworden.

Bjelica jubelt nach dem 2:0 mit den Spielern und sagt: "Das ist Bjelica pur"

Nach der Pause drängten nicht die Gäste. Sondern: die Köpenicker. Und es war der weiterhin auffällige Hollerbach, der in der 50. Minute das beruhigende und deshalb wichtige 2:0 erzielte - und damit erstmals in der Bundesliga erfolgreich war. Nach einer Ecke stand er völlig allein im Rückraum und zog nach einem schlecht abgewehrten Ball aus 20 Metern volley ab. Der Ball schlug unten links ein und hatte ein Jubelrudel zur Folge, der in seiner Emotionalität eine Menge über die Last erzählte, die auf den Schultern der Unioner lag. Auch Trainer Bjelica stürzte sich in die Traube. "Das ist Bjelica pur", sagte er hinterher, "immer mit Emotionen dabei".

Der kroatische Coach hatte nicht nur mit Hollerbach ein glückliches Händchen bewiesen - sondern auch mit der Einwechslung von Mikkel Kaufmann für Behrens, der nach einem haarsträubenden Fehlpass von Nico Elvedi gen Gladbacher Tor zog und aus 14 Metern zum zwischenzeitlichen 3:0 einschoss (75.). Trotz des folgenden Anschlusstreffers von Pléa (77.) wussten die Unioner, dass der Abend in Freude und Erleichterung enden würde. "Es war eine lange Leidenszeit ...", sagte der überragende Khedira.

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Er durfte auch schon dem Dienstagsspiel gegen Real Madrid in der Champions League entgegenfiebern, bei Stürmer David Fofana ist das nicht so klar. Er fand gegen Gladbach keine Berücksichtigung. Disziplin- und Einsatzfanatiker Bjelica ließ keinen Zweifel daran, dass er mit den Trainingsleistungen des vom FC Chelsea ausgeliehenen Fofana nicht zufrieden war. Bjelica sagte, es liege nur in der Hand von Fofana, ins Team zurückzukehren.

Bei einem Sieg Unions gegen Real Madrid bestünde die Chance auf den Einzug in die K.-o.-Runde der - kontinental zweitklassigen - Europa League, und damit auch auf ein finanzielles Zubrot. Es würde Union dabei helfen, den Kader im kommenden Transferfenster aufzupeppen. Schaden kann das sicher nicht - auch wenn einer Union-Mannschaft, die sich auf die Tugenden der letzten Spielzeiten besinnt, vor keinem Gegner bange sein muss.

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