Türkgücü München:Schnelle Entfremdung zwischen Investor und Verein

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"Ich habe mich gleich nach dem Rückzug des Investors in die Kabine gestellt und die Lage erklärt." - Taskin Akkay. (Foto: Ulrich Gamel/Kolbert-Press/Imago)

Erneut gibt es große Finanzprobleme bei Türkgücü München: Bei der Suche nach den Ursachen widersprechen sich die Schilderungen des abgesprungenen Investors Milan Rapaic und von Klubpräsident Taskin Akkay komplett.

Von Christoph Leischwitz

Taskin Akkay feierte am Dienstag seinen 57. Geburtstag, viel Zeit zum Feiern hatte der Präsident von Türkgücü München allerdings nicht. Über mehrere Monate hinweg haben die Spieler des Fußball-Regionalligisten keine Gehälter bezogen, Anfang der Woche war dann öffentlich geworden: Der Investor Milan Rapaic hatte sich zurückgezogen, bevor das Engagement überhaupt richtig begonnen hatte. Auf SZ-Nachfrage erhebt die Investorenseite schwere Vorwürfe gegen den Verein. Und Akkay hat nun allerhand zu tun, die Vergangenheit zu moderieren und die Zukunft zu planen.

"Die Hauptgründe für diese Entscheidung waren vielfältig", erklärt Boris Rapaic, der Sohn des ehemaligen kroatischen Fußballspielers Milan Rapaic. Er hat kurzzeitig in München gelebt, es war geplant, dass er in den Türkgücü-Vorstand aufgenommen würde. Dass es dazu nicht kam, gibt er jetzt als einen der Gründe für den schnellen Ausstieg aus dem Investment an. Anstoß sei die Personalie Serdar Yilmaz gewesen: Rapaic wollte dessen Position als Sportvorstand übernehmen und hatte dies dem Präsidenten Akkay auch vorgeschlagen.

Die anschließenden "Meinungsverschiedenheiten" hätten dazu geführt, "dass ich die Entscheidung traf, meine Investitionen bei Türkgücü sofort zurückzuziehen und dies Taskin Akkay mitzuteilen", schreibt Boris Rapaic. Der zweite Grund sei fehlende Transparenz gewesen. So habe er zum Beispiel nur über Umwege erfahren, "dass Spielergehälter und Trainerhonorare nicht fristgerecht gezahlt wurden. Dies verstärkte meine Bedenken bezüglich der finanziellen Stabilität des Vereins."

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:Diesmal geht es um die Existenz

Die GmbH des einstigen Drittligisten Türkgücü München befindet sich noch im Insolvenzverfahren, nun ist auch der Stammverein in gewaltiger finanzieller Schieflage: Ein Investor zahlt nicht mehr, viele Spieler sollen zur Winterpause gehen.

Von Christoph Leischwitz

Akkay weist die Vorwürfe strikt von sich. Die ausgehandelte Kooperation in Form eines Darlehensvertrags habe beidseitige Verpflichtungen vorgesehen, und die Investorenseite sei Verpflichtungen nicht nachgekommen - eine dritte, vorab vereinbarte Marge sei nicht eingetroffen, was zu jenen Liquiditätsproblemen geführt habe.

Bei dem Vorwurf, keine Einsicht in die finanziellen Verhältnisse erlangt zu haben, wird Serdar Yilmaz namentlich beschuldigt. "Das kann ich nicht nachvollziehen, er hätte jederzeit die Chance gehabt, Einsicht zu bekommen", antwortet Yilmaz. Übrigens habe er auch angekündigt, seinen Platz im Vorstand zu räumen, wenn dies gewünscht sei und dem Verein helfe. Akkay erklärt, dass er dies Milan Rapaic bei einem persönlichen Treffen in München mitgeteilt habe. Wenige Tage später habe man vom Investor eine Nachricht erhalten, dass ein weiterer Plan folge. Wiederum ein paar Tage später kam dann die laut Akkay für Türkgücü überraschende Mitteilung, dass es überhaupt nicht weitergehe. Insgesamt entsteht auf Basis der Erklärungen ein Bild, wonach beide Parteien mit den Erwartungen des jeweils anderen nicht viel anfangen konnten - und sich schnell wieder entfremdeten.

Vorwürfe an die Türkgücü-Führung gibt es auch aus dem Umfeld der Spieler

Vorwürfe an die Türkgücü-Führung gibt es aber auch aus dem Umfeld der Spieler. Die Rede ist von fehlender Kommunikation, andererseits von knallharten Ansagen, wonach man den Verein nun zu verlassen habe. "Ich habe mich gleich nach dem Rückzug des Investors in die Kabine gestellt und die Lage erklärt", sagt Akkay. Die Mannschaft habe dichtgehalten und "hochachtungsvoll weitergespielt", und bei allem sportlichen Erfolg lange nichts nach außen dringen lassen. Jetzt beginne die Konsolidierungsphase, jetzt wäre man auch selbst bald an die Öffentlichkeit gegangen - eine Aussage, die möglicherweise ein Grundproblem offenlegt: Geplant war vieles, mit der Umsetzung haperte es bisweilen.

Auch sei eine außerordentliche Mitgliederversammlung für Anfang nächsten Jahres ohnehin geplant gewesen. Akkay ist sich bewusst, dass er damit auch seinen nun begonnenen Sparkurs zur Abstimmung stellt. "Natürlich ist der eine oder andere jetzt sauer, das verstehe ich", sagt Yilmaz. Obwohl er noch nicht weiß, wie viele Spieler den Verein verlassen werden, kündigt er jetzt schon an: "Der Spielbetrieb ist bis zum Ende der Saison gesichert." Angst vor einer Insolvenz halten beide Verantwortliche für übertrieben.

Yilmaz ist seit über 30 Jahren im Verein, er hat auch die Insolvenz vor knapp zwei Jahren miterlebt und will sich jetzt bemühen, neue Sponsoren zu finden. Doch wie weit der interne Ausverkauf noch geht, vermag er nicht zu sagen. Vielleicht macht er nicht einmal vor Yilmaz' langjährigem Weggefährten und Coach Alper Kayabunar Halt. "Ich hoffe, dass er bei uns bleibt", sagt Yilmaz über den 38-Jährigen, "aber er ist ein junger Trainer mit einer erfolgreichen Hinrunde. Ich würde ihm keinen Stein in den Weg legen." Es gilt eben zu sparen.

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