TSV 1860 München:Niederlage und Rücktrittsgerüchte

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Zweite Pleite in Serie: 1860-Verteidiger Leroy Kwadwo und Torhüter Marco Hiller nach dem 0:3 in Sandhausen. (Foto: Michael Deines/M.i.S./Imago)

Der Fußball-Drittligist verliert 0:3 in Sandhausen. Zudem tauchen mysteriöse Schmierereien an einem Kulturdenkmal in Florenz auf, die offenbar von Anhängern des Klubs angefertigt wurden.

Von Korbinian Eisenberger

Es ist eine Weile her, dass die internationale Presse über elf Männer im Zusammenhang mit dem TSV 1860 München berichtete. Fast auf den Tag genau vor 23 Jahren war einmal in englischen Blättern zu lesen, dass die Lions aus Munich in der Champions-League-Qualifikation an Leeds United gescheitert waren. Weil diese glorreichen Löwenzeiten länger vorbei sind, ist es eine Erwähnung wert, dass sich nun italienische Gazetten für das weite Umfeld des Drittligaklubs aus München interessieren.

Anlass ist nicht etwa der jüngste Ligaauftritt der Sechziger. Das 0:3 (0:2) am vierten Spieltag in Sandhausen lieferte Hinweise darauf, dass sich die Anhänger der Münchner mit Ambitionen auf höhere Ligasphären wohl eher noch länger gedulden müssen. Und so wird es kaum überraschen, dass sich die italienischen Reporter weniger mit der sportlichen Achterbahnfahrt des TSV befassen.

TSV 1860 München
:Zweimal Zwarts

Mit einem 3:0 in Duisburg übernehmen die Sechziger in der dritten Liga vorübergehend die Tabellenführung - dank ihres neuen Angreifers, der zwar ganz sicher kein Landkartenzeichner ist, aber mühelos den Weg zum Tor findet.

Von Korbinian Eisenberger

Bei besagter Thematik handelt es sich um schwarze Sprühfarbe, die in dieser Woche in Florenz auf den berühmten Säulen des Vasari-Korridors entdeckt wurde, eines viel beachteten Kulturdenkmals, geschaffen 1565 vom italienischen Architekten Giorgio Vasari. Die Farbhinterlassenschaften wurden in Italien allerdings nicht als Kunstwerke identifiziert. "Junge Männer aus Deutschland" sollen, so heißt es aus Ermittlerkreisen, an insgesamt sieben Säulen des historischen Gangs den Schriftzug "DKS 1860" hinterlassen haben, der von einer Fangruppierung des TSV 1860 verwendet wird. Der Bürgermeister von Florenz Dario Nardella sprach von einem "schändlichen Akt des Vandalismus", und der Klub teilte mit: "Dass bedeutende Kulturgüter beschädigt werden, ist keine Unterstützung des TSV 1860 München, sondern schlichtweg Sachbeschädigung."

Gerüchten zufolge will auch noch 60-Präsident Robert Reisinger zurücktreten

Es kommt einiges zusammen in dieser englischen Löwen-Woche. Im Nachgang der überraschenden 1:2-Heimniederlage am Dienstagabend gegen Aufsteiger Lübeck wurden im Dunstkreis des Grünwalder Stadions Gerüchte laut, wonach 1860-Präsident Robert Reisinger seinen Rücktritt erwäge. Dem Vernehmen nach liegt Reisinger sowohl mit seinen Vizes als auch mit der Investorenseite um Hasan Ismaik im Dauerclinch. Bestätigt hat Reisinger das Rücktritts-Raunen in Giesing nicht, offenbar befindet er sich im Urlaub. Ähnlich wie wahrscheinlich die mutmaßlichen Florenzer Farbschmierer. Und weil das für eine Löwenwoche nicht reichte, gab es von Sandhausen noch einen hinterher.

Die Münchner zeigten zwei völlig unterschiedliche Halbzeiten. Vom Anpfiff weg erinnerte das Team von Trainer Maurizio Jacobacci an schlechte Zeiten aus der Vorsaison. Wie ein Bauwerk aus der Romanik, unverschnörkelt, aber eben auch löchrig wie eine Ruine. In Minute vier schlug die erste Sandhausener Kugel im Netz der Löwen ein. Münchens Angreifer Vrenezi verlor im Aufbauspiel den Ball, der Neu-Sandhausener Rouwen Hennings zog ab, Torwart Marco Hiller parierte den abgefälschten Ball zwar, allerdings direkt vor die Füße von Lion Schuster: 1:0. In Minute 44 folgte der nächste Dämpfer: David Otto legte nach feinem Dribbling auf Christoph Ehlich ab, dessen Schuss den Weg durch einen verwinkelten Gang aus Löwensäulen, beziehungsweise -beinen, zum 2:0 ins Netz fand.

Nach der Pause sahen die mitgereisten Löwenfans eine veränderte Elf, was auch, aber nicht nur an drei Einwechslungen gelegen haben dürfte. Von biederer Romanik war bei den Löwen nichts mehr zu sehen: Mittelfeldmann Julian Guttau, für Manfred Starke gekommen, brachte Schwung - und die Sechziger kamen zu ihren ersten Chancen. Angreifer Joël Zwarts wurde nun mehrfach in Szene gesetzt. Es war einmal mehr zu erkennen, dass von Zwarts eine stets lauernde Gefahr ausgeht. Was allerdings wenig Ertrag bringt, wenn er den Ball auf den Torwart (65.) oder gegen die Kreuzecklatte (67.) schießt. "In der zweiten Halbzeit hatten wir spielerisch die Kontrolle", erklärte Kapitän Jesper Verlaat nach dem Spiel. "Wenn du da einen machst, sieht das ganz anders aus."

Neue Transfers schließt der Trainer aus, vor allem mangels Möglichkeiten

Damit hatte Verlaat womöglich recht. Für Treffer aber zeigten sich an diesem Samstag allein die Sandhausener Spieler zuständig, zuletzt der eingewechselte Sebastian Stolze, der Löwentorwart Hiller umspielt hatte, im ersten Versuch scheiterte und seinen Zweitversuch unter die Latte drosch (87.)

Coach Jacobacci, der nach 18 Fort- und 13 Zugängen viele bunte Puzzleteile zu einem Mosaik zusammensetzen muss, hatte sein Team nach dem, wie er sagte, "vermiesten" Lübeck-Spiel deutlich kritisiert. Nun wählte er milde Worte. Er habe gar "eine tolle zweite Halbzeit von unserer Seite" gesehen, sagte der Trainer am Mikrofon von Magentasport. "Wir haben den Gegner unter Druck gesetzt" und "sehr viel versucht". Er "habe sehr viele gute Sachen gesehen". Neue Transfers werde es keine mehr geben, so der Coach, vor allem mangels "Möglichkeiten".

Die Möglichkeiten der italienischen Ermittler indes sind größer als eventuell von den Verfassern der 1860-Schriftzüge erahnt. Der Agentur dpa zufolge gelang es den Carabinieri in Florenz, die mutmaßlichen Täter auf Videoaufzeichnungen zu erkennen. Demnach konnten die Ermittler sehen, wie die beiden Verdächtigen ein Haus auf der Piazza della Signoria betraten. Die Carabinieri drangen in das Haus ein und fanden in einer Wohnung zwei Farbspraydosen - und insgesamt elf Männer, die es so in die italienischen Zeitungen schafften.

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