Dritte Liga:Bei den Löwen ist wieder der Bär los

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Ausgleich gegen den Ex-Verein: Marcel Bär von Erzgebirge Aue trifft in der 85. Minute zum 1:1. (Foto: Leonhard Simon/Getty Images)

Angreifer Marcel Bär kehrt mit Aue zu seinem früheren Klub TSV 1860 zurück - und leitet mit einem späten Treffer die Wende ein. Die Münchner hadern nicht nur mit einer Negativserie.

Aus dem Stadion von Korbinian Eisenberger

Es lief wie geschmiert im Stadion an der Grünwalder Straße, nicht nur weil sich das Publikum auf den sonnigen Rängen die Gesichter eingecremt hatte. Ein warmer Spätsommersamstag war das in Giesing, in der Arena roch es nicht nur vielerorts nach Schweiß, sondern auch verdächtig nach einem Heimsieg der Sechziger. 1:0 führten sie gegen Aue, das Stadion war bereit für eine große Löwen-Party, doch dann verdarb ein Gast der Giesinger Gesellschaft die Laune. Einer, den sie hier gut kennen und einst sehr schätzten. Aber sie schätzen ihn eben nicht im violetten Trikot des FC Erzgebirge.

Der einstige Münchner Marcel Bär hat seinem früheren Klub TSV 1860 im mit 15 000 Zuschauern ausverkauften Heimstadion den dritten Saisonsieg geklaut. Der Stürmer, einst mit den Löwen Torschützenkönig, inzwischen in den Osten abgewandert, traf an diesem 5. Spieltag in der 85. Minute zum 1:1-Ausgleich - und leitete so eine späte Wende ein, die in München wohl niemand hatte kommen sehen. In Minute 87 legten die Gäste nämlich noch einen Treffer hinterher. Und so stand für die Löwen die dritte Saisonniederlage in Serie: ein 1:2 mitten hinein in Wochen, in denen bei den Löwen politisch mal wieder der Bär los ist.

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In der 1860-Führungsriege ist man sich in der Frage uneins, ob diese Fußballsaison samt Personal richtig oder verkehrt vorbereitet wurde. Präsident Reisinger sieht Mankos, Vize Sitzberger weniger. Ligapleiten wie nun gegen Aue bestärken tendenziell eher die Sichtweise Reisingers. Er wird sich ob der Niederlage am Samstag aber vermutlich nicht vor lauter Freude das Hemd vom Leib gerissen haben.

Bis zur Schlussviertelstunde spielen die Löwen dominant, dann kommt der Bruch

Löwen-Coach Maurizio Jacobacci hatte vor der Partie erklärt, dass seinem Team zuletzt gegen Sandhausen angesichts der null Tore bei 26 Torschüssen "das Schlachtenglück" gefehlt habe. Nach 90 weiteren Minuten ließ sich feststellen, dass sich die Sechziger in dieser Hinsicht wenig weiterentwickelt haben.

Tatsächlich hatte sich die Abwehrreihe um Kapitän Jesper Verlaat bis zur Schlussviertelstunde dieses Fußballspiels wesentlich stabiler präsentiert als zuletzt. So verhinderte etwa 1860-Verteidiger Niklas Lang, dass Rückkehrer Bär dem Spiel eine frühe Note verpasste: Lang grätschte dem einschussbereiten Ex-Löwen den Ball in der 17. Minute rettend vom Fuß ins Toraus.

Jacobacci hatte offensiv aufgestellt, Eroll Zejnullahu und Albion Vrenezi hinter dem unlängst aus Regensburg verpflichteten Mittelstürmer Joël Zwarts, dazu die nach vorne orientierten Morris Schröter und Julian Guttau. Eine Halbzeit lang berannten sie erfolglos das Auer Tor: Im Passspiel Richtung Strafraum fehlte die Präzision, und nicht jeder Laufweg wirkte restlos gut abgestimmt. "Wir haben sie unter Druck gesetzt über die Seiten mit Flanken", erklärte 1860-Trainer Jacobacci. "Leider hatten wir zu wenig Präsenz in der Box." Also im nicht ganz unwichtigen gegnerischen Strafraum, dem Aufgabengebiet von Zwarts. Bedient von Schröter drosch der Angreifer den Ball in der 54. Minute unhaltbar für Aues Keeper Martin Männel zum 1:0 ins Netz. Zur Entspannung auf der Westtribüne, dem Platz der anhänglichsten Löwen-Anhänger, hätte alsbald Marlon Frey beitragen können, der ebenfalls nicht unwuchtig aufs Tor schoss, jedoch auch auf Aue-Innenverteidiger Niko Vukancic (65.), der das 2:0 der Löwen verhinderte.

Und so wurde es noch mal intensiv und eng im mit 27 Grad aufgeheizten Grünwalder Stadion. Löwen-Torhüter Marcel Hiller wurde nun daran erinnert, warum er sich an diesem Tag Torwarthandschuhe übergestreift hatte. Allerdings war es keine sonderlich freundliche Erinnerung: In Halbzeit eins praktisch beschäftigungslos, parierte er zunächst noch mehrere Schüsse - ehe er irgendwann nicht mehr parierte.

Die Angriffe der Auer wurden nun immer entschlossener, die Gegenwehr der Jacobacci-Elf zunehmend zaghafter. So gelangte der Ball in der 85. Minute mit etwas Glück zu Offensivmann Steffen Meuer, der für Bär ablegte - und der schenkte seinem einstigen Teamkollegen Hiller einen ein. Erstes Saisontor gegen die früheren Mitspieler, so wie Aues Geschäftsführer Sport Matthias Heidrich es prophezeit hatte. Bär wählte lobende Worte für seine neuen Teamkameraden, die ihn nach Abpfiff auf Händen trugen. "Die haben alle gewusst, dass das für mich ein richtig wichtiges Spiel ist, und die haben einfach alles gegeben", sagte Bär.

"Es ist nicht so, dass wir schlecht spielen, sondern dass wir uns selber schlagen."

Und dann traf noch einer. Zwei Minuten nach dem Ausgleich erwog Löwen-Verteidiger Leroy Kwadwo, einen weiten Ball ins Toraus trudeln zu lassen. Er wurde dabei aber von Aues Steffen Meuer zur Seite bugsiert, woraufhin zunächst abermals Bär abzog, Verlaat traf und so einen Abpraller erzeugte, den der eingewechselte Maximilian Thiel zum 2:1-Endstand abseitsverdächtig ins Tor beförderte. Der Schiedsrichter wertete den Treffer, woraufhin sich die Besetzung der Auer Auswechselbank dazu aufgerufen fühlte, den Platz zu stürmen. Die Westkurve nahm dies wiederum zum Anlass, ihre Getränkebecher Richtung Gästespieler zu werfen, wenngleich keine sichtbaren Treffer verbucht wurden - ähnlich wie fortan auf dem Spielfeld, wo die Sechziger nach Abpfiff zusammensackten.

Aues Trainer Pavel Dotchev versuchte es nach dem Spiel bei der Pressekonferenz mit Anteilnahme: "Fußball ist brutal." Er attestierte den Löwen eine "gute Leistung, trotzdem stehen sie mit leeren Händen da". Löwen-Coach Jacobacci haderte seinerseits mit den vergebenen Chancen. "Wir müssen das 2:0 schießen, das haben wir leider verpasst, da haben wir Aue im Spiel gehalten", erklärte er. "Es ist nicht so, dass wir schlecht spielen, sondern dass wir uns selber schlagen", sagte Marlon Frey, ehe Torschütze Zwarts den Blick nach vorn richtete, zum bayerischen Derby gegen Ingolstadt in zwei Wochen: "Wir müssen weiter gut zusammenhalten."

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