TSG Hoffenheim und Hamburger SV:Bayerisches Sieger-Gen führt zu null Punkten

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Die Trainer Markus Babbel und Thorsten Fink stehen bereits arg unter Druck: Mit ihren Klubs TSG Hoffenheim und Hamburger SV erlebten sie das Pokal-Aus und drei Niederlagen in der Bundesliga. Schaffen sie nicht schleunigst die Wende, sind sie bald auch ihren FC-Bayern-Bonus los.

Thomas Hummel

Am Tag nach dem dritten Spieltag steht bereits der erste Rücktritt dieser Saison fest. Markus Babbel will das Amt des Managers bei der TSG Hoffenheim nicht mehr ausüben, dem Fachmagazin Kicker hatte er bereits vergangene Woche erklärt: "Ich habe ihnen gesagt, sie sollen bitte jemanden suchen." Die Klub-Mitarbeiter sollen seiner Aufforderung bereits nachkommen und sich auf dem Manager-Markt umsehen.

Zwei Trainer unter Druck: Hoffenheims Markus Babbel (r.) und der Hamburger Thorsten Fink. (Foto: dapd)

Vielleicht halten die Hoffenheimer aber auch noch ein wenig inne und warten ab, ob sie nicht bald zwei Posten im Klub neu besetzen müssen. Denn Babbel bleibt nach seinem Manager-Rücktritt weiterhin Trainer der Profimannschaft. Und wenn diese nicht schleunigst den Eindruck der ersten Saisonwochen korrigiert, dann könnte der einstige Profi des FC Bayern einen neuen Rekord aufstellen: innerhalb einer Firma von dem einen Posten zurücktreten und vom anderen Posten entlassen werden.

Drei Spiele, null Punkte, 4:11 Tore, dazu das 0:4 im Pokal beim Viertligisten Berliner AK. Da kann von den deutschen Erstligisten nur der Hamburger SV mithalten: drei Spiele, null Punkte. 2:6 Tore, Pokalaus beim Drittligisten Karlsruher SC. Die beiden Fehlstarter der Bundesliga gaben an diesem Sonntag eindrucksvoll Einblick in ihre Probleme: Hoffenheim verlor 3:5 in Freiburg, Hamburg 2:3 in Frankfurt. Die Lage ist bei beiden Klubs sehr angespannt.

Beim HSV hatten bereits vor dem ersten Saisonspiel viele darüber gesprochen, dass in dieser 50. Bundesliga-Saison der erstmalige Abstieg drohe. Die Siegeraura des im vergangenen Winter geholten Trainers Thorsten Fink ist längst verflogen, dem Gespür von Sportdirektor Frank Arnesen für neue Spieler vertraut in der Stadt kaum einer mehr.

Fink - wie Babbel einst beim FC Bayern sozialisiert -, Arnesen und der Klub-Vorstand nahmen zum Ende der Transferfrist eher missmutig das Angebot an, sich vom 75-jährigen Milliardär Klaus-Michael Kühne den früheren Stadthelden Rafael van der Vaart für 12,5 Millionen Euro kaufen zu lassen. Mit im Preis inbegriffen war eine öffentliche Kritik Kühnes: "Die Sportdirektion macht keinen guten Job, der Vorstandschef schaut mir zu sehr auf die Zahlen. Deshalb habe ich mich eingeschaltet", sagte er der Welt am Sonntag.

In Frankfurt stand van der Vaart erstmals auf dem Platz - und wunderte sich zunächst nicht wenig über das Tohuwabohu um sich herum. Er selbst bezeichnete die ersten Minuten als "Albtraum", dabei kam den Hamburger Zuschauern das Defensivverhalten der Mannschaft ziemlich bekannt vor. Einer köpft den anderen an, der Ball hüpft zum Gegner, der mit ein bisschen Tempo die Hamburger überfordert und die Kugel ins Eck schlenzt. Dann rutscht eine flach getretene Ecke in den Fünfmeterraum, von wo aus das 2:0 fällt. Dem Hamburger SV drohte nach 18 Minuten ein Debakel, was wohl nur verhindert wurde, weil sich die Einstellung änderte: "Danach haben wir gedacht, jetzt ist sowieso alles egal", sollte van der Vaart später erklären.

Die Hamburger beschlossen, lieber mit wehenden Fahnen unterzugehen, als weiterhin wie ängstliche Hasen dem Gegner beim Stürmen zuzusehen. So kam tatsächlich noch ein ansehnliches Spiel zustande, in dem die Gäste selbst nach der umstrittenen roten Karte für Petr Jiracek zu einigen guten Möglichkeiten kamen, aber zu oft am starken Frankfurter Torwart Kevin Trapp scheiterten.

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Trainer Fink durfte nach der Partie seinen neuen Mittelfeldspieler van der Vaart loben: Er bescheinigte ihm "einen guten Einstand. Er war an fast allen Offensivaktionen beteiligt." Ebenso freute sich Fink über die "Einstellung, die wir mit zehn Mann gezeigt haben." Doch die Frage lautet nun: Wurde das Spiel der Hamburger nach dem schnellen Rückstand besser, weil sich die Mannschaft von ihrem Trainer innerlich gelöst hatte? Weil ja eh alles egal war? Oder haben sie aus unerfindlichen Gründen dann erst die Vorgaben des Trainers umgesetzt?

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Ganz sicher aber muss Thorsten Fink recht schnell ein Konzept finden, wie er endlich das immer wiederkehrende Durcheinander in seiner Defensive verbessern kann. Die nächsten Gegner heißen Borussia Dortmund, Borussia Mönchengladbach und Hannover 96.

Immerhin kann sich Fink bislang auf seinen Torwart verlassen, René Adler hielt auch in Frankfurt tadellos. Im Gegensatz zu Tim Wiese am gleichen Tag in Freiburg. Zweimal taumelte der Offiziell-noch-immer-Nationaltorwart unter Eckbällen des örtlichen Sportclubs hindurch, was zweimal zu Treffern führte - zu entscheidenden Treffern zum 3:2 und 4:3. Die beiden Gegentore besiegelten die dritte Saisonniederlage der TSG Hoffenheim, und weil gerade die Personalie Wiese vor der Saison sehr umstritten war, spitzen sich nun auch die Probleme von Trainer Babbel zu.

Wiese war recht überraschend und gegen den Willen eines Teils der Hoffenheimer Fanszene von Werder Bremen abgelöst worden, obwohl der beliebte Tom Starke eine mehr als ordentliche Saison bestritten hatte. Der irritierte Starke wechselte als Reservetorwart zu Bayern München. Wiese sollte das Signal sein, dass man in Hoffenheim nun das internationale Geschäft anstrebe, der Torwart selbst dachte an die Champions League, der Klub sprach offen von der Europa League. Nun scheint die zweite Liga recht nahe.

Am Sonntag standen sechs Zugänge auf dem Platz, die vom Trainer-Manager Babbel geholt wurden. Bei der Analyse der schlimmsten Probleme könnte er sich mit seinem früheren Münchner Spielerkollegen Thorsten Fink zusammentun: Das Defensivverhalten glich teils dem ungeordneten Fluchtverhalten von Wildtieren bei einem Löwenangriff. Und bei Standardsituationen steht halt immer einer irgendwo frei.

"In den entscheidenden Momenten machen wir aber zu viele Fehler. Insbesondere bei Standardsituationen haben wir zweimal nicht gut ausgesehen. Das sind Gegentore, die mich maßlos ärgern, weil wir klare Zuteilungen haben", urteilte Babbel. Auch er labte sich daran, dass die Hoffenheimer lange Zeit immerhin versuchten, ein ordentlicher Gegner zu sein. Dass sie drei Tore erzielten, wenngleich diese mehr aus dem Nichts fielen, als durchdachten Aktionen folgten. Deshalb mache er sich auch keine Arbeitsplatzsorgen. "Wenn ich heute eine tote Mannschaft auf dem Platz gesehen hätte, dann wäre es schwierig", sagte er.

In Hamburg und Hoffenheim haben sich die Klubs vielleicht erhofft, dass Fink und Babbel das mysteriöse bayerische Sieger-Gen mitbringen. Weil davon allerdings weit und breit nichts zu spüren ist in dieser Saison, müssen die beiden nun ihre fachliche Kompetenz beweisen. Und ihre Standfestigkeit in einer Krisensituation. Sonst sind sie in der Branche bald auch ihren FC-Bayern-Bonus los.

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