1860-Trainerkandidat Sven-Göran Eriksson:Lang? Kurz? Hopp? Top?

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Bald bei 1860 München? Sven-Göran Eriksson (Archivbild). (Foto: AFP)

Sven-Göran Eriksson steht für Engagement bei Zweitligist TSV 1860 München bereit. Doch im Verein ist man sich nicht einig. Präsident Schneider warnt schon zu Beginn der Sitzung: "Es wird lang."

Von Gerald Kleffmann, Markus Schäflein und Philipp Schneider

Am Montagabend trafen sich Präsidium und Aufsichtsrat des TSV München von 1860 e.V. zu einer Sitzung. Es ging darum, ob der Fußball-Zweitligist jenem Kompromissvorschlag zustimmen würde, den der andere Anteilseigner des Klubs kürzlich übermitteln ließ. Hasan Ismaik, der rätselhafte jordanische Geschäftsmann aus Abu Dhabi, und die Löwen feilschen wieder um die Zukunftsstrategie, es geht um Geld, Personen und Posten. Und wie verworren alleine schon die e.V.-interne Lage wieder einmal ist, zeigte sich bereits, als die Vertreter zu der Sitzung erschienen. Sie reisten mit offenkundig unterschiedlichen Positionen an.

Schon um 19 Uhr kam Präsident Dieter Schneider an der Grünwalder Straße an. "Es wird lang", prognostizierte er, er hoffe, dass man "vorankommen" werde, aber: "Es muss heute nicht hopp oder top sein." Eine halbe Stunde später steuerte Aufsichtsratschef Otto Steiner schnurgerade auf die Fernsehkameras zu und verdeutlichte seinen recht konträren Wunsch, ein Kompromiss möge zackig verabschiedet werden: "Ich hoffe das mal schwer, denn die Zeit drängt." Das könne doch eigentlich kein Problem sein, meinte Steiner: "Wir haben nur einen Punkt auf der Tagesordnung, das reicht auch. Wir reden ja über nichts anderes als diesen Kompromissvorschlag. Ich hoffe mal, dass wir bis um zehn fertig sind. Grundsätzlich spüre ich bei allen - auch beim Präsidium - den Willen, einen Weg gemeinsam zu gehen." Sollte heißen: sogar beim Präsidium.

Als dann Vizepräsident Franz Maget erschien, hörte sich das ganz anders an - und wieder eher nach Schneider. Der Abend sei "für alle die Möglichkeit, sich zunächst einmal zu informieren", sagte er, "ich glaube nicht, dass wir heute verbindliche Entscheidungen treffen". Es könne gut sein, "dass beispielsweise Herr Iraki (Berater des Investors, d. Red.) heute zugeschaltet wird, um die eine oder andere Frage zu besprechen oder zu beantworten".

Dabei lag das Investor-Papier, dass nach SZ-Informationen explizit den Namen von Ismaiks Wunsch-Teamchef Sven-Göran Eriksson enthält, allen schon längst schriftlich vor. Steiner sagte, er habe allen Aufsichtsratsmitgliedern den Vorschlag zugeschickt, "auf Englisch und in der deutschen Übersetzung". Dass ein unbearbeitetes, von einer Seite vorgefertigtes "Kompromisspapier" (bzw. Erpresserschreiben, je nach Sichtweise) einfach durchgewunken würde - diesen Eindruck galt es für den e.V. aber schon alleine wegen möglicher Einwände der auf die Selbstbestimmung der Klubs bedachten Deutschen Fußball-Liga dringend zu vermeiden.

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Der Verein konnte Forderungen Ismaiks nach Rücktritten von 1860-Offiziellen abwehren. Dafür musste sich der TSV (Sitzung bei Redaktionsschluss dieser Ausgabe nicht beendet) eben mit der Frage beschäftigen, ob Eriksson als neue Fachkraft zu den Löwen kommen soll. Er musste diese Forderung ernst nehmen - denn wie der frühere englische Nationalcoach der SZ bestätigte, stünde er für ein Engagement bereit: "Natürlich kann ich das machen", sagte er am Montag, wobei er nicht konkretisieren wollte, in welcher Funktion er zu helfen gedenke. Er betonte aber, ganz Diplomat: "Ich bin offen für alles." Seit Freitag hält sich der 64-Jährige in seinem Ferienhaus in Schweden auf. "Vielleicht erhalte ich ja einen Anruf nach der Sitzung", scherzte er freundlich, wobei er darauf bedacht war, die Debatte nicht anzuheizen.

Mit dem Investorenlager habe er sich letztmals "vor ein paar Wochen" ausgetauscht, damals habe er mit Ismaiks Bruder Abdel Rahman korrespondiert. Ein wenig seltsam wäre das, schließlich ist sein Name ja sogar schriftlich festgehalten. Und die Investorenseite hat dies nicht mit dem Betroffenen besprochen? Diese Begebenheit würde immerhin zu jenem seltsamen Bild passen, das Ismaik bei seinem jüngsten Besuch in München hinterließ, als er noch unmittelbar vor einem Schlichtungstreffen zwischen Verein und seinem Mittelsmann Hamada Iraki eisern Schneiders Rücktritt forderte.

Es gebe nichts Neues, versicherte Eriksson jedenfalls - "nothing". Seit Monaten, seit seinem letzten Engagement beim thailändischen Klub BEC-Tero Sasana, schaue er sich im Fußballgewerbe um. Deshalb sei er gerne dem Wunsch Ismaiks nachgekommen, als der ihn Ende 2012 bat, sich drei Löwen-Spiele anzusehen, um eine Expertise abzugeben. "Wichtig ist für mich, dass ich wieder in den Fußball zurückkehre." Er lobt den deutschen Fußball, die Stadt München, einfach alles - soll heißen: Er würde lieber heute als morgen bei Sechzig anfangen. Das weiß offenbar auch der Verein, der Ismaik zur Befriedung auch etwas bieten muss. Nur: Welchen Job könnte Eriksson übernehmen?

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Gerald Kleffmann und Markus Schäflein

Offensichtlich ist, dass die Löwen an Alexander Schmidt als Trainer festhalten wollen. Geschäftsführer Robert Schäfer hatte Schmidt voll des Lobes befördert, Schneider hatte ihm für die Rückrunde eine Jobgarantie gegeben. Zuletzt war kolportiert worden, der Verein denke daher über eine Doppellösung nach, als Friedenspaket: Eriksson und Schmidt sollen sich die vielen Aufgaben, die ein Trainer und ein Sportchef zu bewältigen haben, teilen, gleichberechtigt. "Kein Kommentar", sagte Eriksson, konfrontiert mit diesem Thema. Und bat darum, man möge ihn doch am Dienstag wieder anrufen. Vielleicht wisse er dann mehr.

© SZ vom 15.01.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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