Toni Kroos bei der Fußball-WM:Schöne Pässe, schönes Leben

Lesezeit: 3 min

Überlegen zu Land und in der Luft: Toni Kroos im Gruppenspiel gegen Portugal (Foto: REUTERS)

Ballsicher, aggressiv, gesund: Toni Kroos hat sich im zentralen Mittelfeld der deutschen Nationalmannschaft festgespielt - und Bastian Schweinsteiger zunächst auf die Bank verdrängt. Unklarer ist, ob Mats Hummels für das kommende WM-Spiel gegen Ghana fit wird.

Von Johannes Knuth

Hans-Dieter Flick schwärmte von Toni Kroos. Er sei "ein Spieler, der eine hervorragende Entwicklung gemacht hat", sagte der Co-Trainer der deutschen Nationalmannschaft am Mittwoch. "Er ist gut im Soll", fuhr Flick fort, "er geht jeden Morgen unaufgefordert zum Frühstück."

Sie sind wirklich sehr zufrieden mit Kroos beim DFB. Er nimmt nicht nur regelmäßig am Morgenbuffet teil, er lässt sich nach gesicherten Informationen auch zuverlässig beim Mittagessen, Kaffeetrinken und Abendbrot blicken. Der 24-Jährige erfüllt also sämtliche Anforderungen an einen modernen Hotelgast. Hinzu kommen seine Qualifikationen als moderner Fußballer, die er sich in den vergangenen Jahren erworben hat.

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Beim 4:0-Auftakt der DFB-Elf gegen Portugal wies Kroos nicht nur eine überragende Passquote vor, er beteiligte sich zuverlässig am Pressing, er rannte viel, 11,7 Kilometer waren es laut Fifa-Zählung am Ende. Kroos sagt dazu: "Das hat mich gewundert, das hatte ich nicht so oft gehabt."

In der DFB-Führungsrunde sind sie nicht überrascht ob des starken WM-Einstands ihres Mittelfeldmanns. "Reifer und verantwortungsbewusster" sei Kroos geworden, hatte Bundestrainer Joachim Löw vor dem Turnier festgestellt. Löw war nicht entgangen, dass Kroos sich beim FC Bayern nicht zuletzt unter Chef-Dozent Pep Guardiola fortgebildet hatte, dass er nicht nur schöne Pässe spielte, sondern auch Bälle eroberte, um schöne Pässe zu spielen. "Ich glaube, dass er für uns ein sehr wichtiger Spieler sein wird", umschrieb Löw seine Planungen mit dem Rückraumdenker. Das war allerdings ein Vorschuss, ein Lob, das Kroos im ersten WM-Stresstest noch endgültig bestätigen musste.

Gegen Portugal erbrachte der Mittelfeldsmann tatsächlich den entsprechenden Praxisnachweis. Zudem beantwortete Kroos fürs Erste eine der Ungewissheiten, die den Personaldiskurs der Nationalmannschaft vor der WM geprägt hatten: Die Frage, welches Alphatier im dicht bevölkerten Mittelfeld zurückgestuft wird. Die Lösung lautet: Bastian Schweinsteiger.

Hummels? "Es wird eng"

Für den langjährigen Hauptdarsteller im DFB-Mittelfeld ist derzeit kein Platz. Philipp Lahm wird gegen Ghana wieder zum Mittelfeld-Lahm, wie Flick am Mittwoch bestätigte - auch dann, wenn Mats Hummels nach seiner Oberschenkelprellung wegen Verletzung zum Bank-Hummels werden sollte und eine Stelle in der Abwehr offen steht. Das wiederrum könnte laut Flick durchaus eintreten ("Es wird eng bei Mats"). Sami Khedira wird derweil erneut im Mittelfeld beginnen, wie Löw bereits angedeutet hat. Bleibt noch eine Planstelle in der Mittelfeldachse des 4-3-3 offen: für Toni Kroos.

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Flick zählte am Mittwoch noch einmal die Argumente pro Kroos auf: "Ballsicher", "kann mit Pässen ein Spiel öffnen", "gibt Torvorlagen". Zu derartigen Taten ist Schweinsteiger ebenfalls befähigt, im Vergleich zu Kroos fehlt ihm allerdings ein Nachweis: "Toni spielt die ganze Saison auf einem sehr hohen Niveau", sagte Flick, "deshalb steht er verdient unter den ersten Elf." Wie er die Ersatzkraft Schweinsteigers erlebe, wurde Kroos gefragt. "Ganz normal", sagte Kroos, dann antwortete er diplomatisch: "Wir haben einen Top-Kader, da gibt es immer mal wieder Härtefalle. Bei den Bedingungen in Brasilien werden wir den ganzen Kader brauchen".

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Die größte Unklarheit für Kroos in diesen Tagen betrifft sein Engagement beim FC Bayern. Vor der WM hatte der Klub dem 24-Jährigen eine Vertragsverlängerung angeboten, Kroos hatte abgelehnt. Anschließend wurde fleißig über einen vorzeitigen Abschied aus München spekuliert. "Es gibt nichts Neues, es hat sich nichts verändert", sagte er am Mittwoch.

Kroos, in der Vergangenheit gerne einmal Fürsprecher in eigener Sache, gibt sich bedachter in diesen Tagen. Warum er unverzichtbar sei? "Das ist nicht wichtig. Der Trainer bewertet, nicht ich mich selbst." Was er tun könne, um seine öffentliche Wahrnehmung zu verschönern? "Es ist nicht mein Ziel, daran etwas zu ändern."

Nur einmal ging Kroos am Mittwoch in die Offensive. Ein Fragesteller wollte wissen, warum er endlich einmal überzeugt habe in einem großen Spiel. "Dann haben sie nicht so viele Spiele von mir gesehen", blaffte Kroos, "Welche Spiele beim DFB liefen denn nicht gut?" Man könnte die Zeitachse jetzt etwas erweitern, dann stößt man auf die Europameisterschaft 2012, als Kroos überfordert war, als Ersatzspieler wie auch als Stammkraft im Halbfinale gegen Italien. Aber dieser Toni Kroos von 2012 hat auch nicht mehr viel mit dem Toni Kroos von 2014 zu tun.

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