Rafael Nadal gewinnt die French Open:Triumph für die Mensch gewordene Ballmaschine

Rafael Nadal gewinnt die French Open: Der Dominator: Rafael Nadal gewinnt erneut die French Open.

Der Dominator: Rafael Nadal gewinnt erneut die French Open.

(Foto: Christophe Ena/AP)
  • Rafael Nadal gewinnt das Finale der French Open 6:3, 5:7, 6:1, 6:1 gegen Dominic Thiem. Für ihn ist es Titel Nummer zwölf in Roland Garros.
  • Als der Österreicher den Spanier kurz reizt, antwortet Nadal auf unnachahmliche Art.
  • Hier geht es zu den Ergebnissen der French Open.

Von Gerald Kleffmann, Paris

Um 18.11 Uhr stellte sich, nach zwei Wochen Tennis, nach Überraschungen und Enttäuschungen, nach Favoritensiegen und Außenseiterniederlagen, eine allerletzte Frage: Würde er sich wieder hinwerfen? So wie er es eigentlich immer getan hatte in Paris? Würde er den Schläger fallen lassen, auf den Rücken purzeln wie ein Käfer, alle Viere von sich strecken? Oder doch etwas Neues wagen? Sich einfach mal das Hemd aufreißen, damit die Welt endlich sehen könnte, dass Rafael wirklich aus Fleisch und Blut ist, wenn er Sandplatztennis spielt?

Dann der Aufschlag. Zweiter Matchball. Return Dominic Thiem. Der Ball ist knapp im Aus. 6:3, 5:7, 6:1, 6:1. Nadal? Purzelt wie ein Käfer auf den Rücken. Streckt alle Viere von sich. Den Schläger lässt er natürlich auch fallen.

Rafael Nadal, 33, Tennisprofi von Beruf, kann nicht aus seiner Haut. Wenn er nach Roland Garros kommt, einmal im Jahr, muss er immer gewinnen. Und immer auf die gleiche Art auf die terre battue niedersinken. Immer, immer, immer.

Und weil nun seit seinem ersten Triumph bei den French Open 2005 auch schon wieder ein paar Jahre vergangen sind, ist der Spanier aus Mallorca logischerweise bei einer hohen Zahl angelangt. Zwölfmal stand er im Endspiel. Er gewann zwölfmal. Damit hat Nadal Margaret Court abgehängt in der Kategorie "meiste Siege bei einem Grand-Slam-Turnier"; die inzwischen wegen ihrer obskuren gesellschaftlichen Haltungen umstrittene Australierin siegte elfmal bei den Australian Open. Und Nadal hat auch Roger Federer hinsichtlich der Zahl erreichter Finals hinter sich gelassen. Der Schweizer kann bislang elf Endspielteilnahmen in Wimbledon vorweisen (acht Titel). Mit nun 18 Grand-Slam-Titeln ist Nadal, der für den Erfolg in Paris 2,3 Millionen Euro kassiert, bis auf zwei an Federer (20) herangekommen.

"Ich fühle mit Dominic", sagt Nadal über seinen Gegner

"Incroyable", unglaublich, das war das Wort, das Nadal bei der Siegerehrung am meisten benutzte. "Ich fühle mit Dominic", sagte er und betonte, welch harter Arbeiter der Österreicher sei und vor allem welch guter Mensch. Dann flunkerte er: "Es ist hart ein Finale zu verlieren." In Paris muss man ja zumindest sagen: Woher soll das Nadal wissen? Immerhin muss man nicht anzweifeln, wie er sich fühlte angesichts diesem Dutzend French-Open-Pokale: "Das ist ein besonderer Moment." Und wieder: "Incroyable." Das R rollte er dabei herrlich.

Die ersten zwei Sätze immerhin waren offen. Die ersten Ballwechsel begannen mit Geschrei. Es stand gerade erst 15:15 bei Aufschlag Nadal, da verzögerte sich sein nächster Aufschlag - aber diesmal nicht, weil er wie gewohnt 700 Mal an seiner Kleidung rumzupfte. Ein Baby heulte auf. Die Unruhe nahm zu, manche lachten, manche machten "sch!". Es war eine angespannte Atmosphäre, die spürbar anders war als bei Matches in der ersten oder dritten Runde. Die Zuschauer waren in einer Hab-Acht-Stellung. Würde Thiem, Nummer vier der Welt, seinen ersten Grand-Slam-Titel erreichen können?

Die beiden Spieler standen sich zum zweiten Mal nach 2018 wieder gegenüber im wichtigsten Endspiel auf Sand. Im Vorjahr hatte Nadal Thiem eine Abreibung verpasst, 6:4, 6:3, 6:2. Aus dieser Niederlage habe er viel gelernt, meinte Thiem. Einen Nachteil hatte er indes zu verkraften: Nadal hatte schon am Freitag sein Halbfinale gegen Federer erfolgreich in drei Sätzen zu Ende bringen können. Thiems Duell mit dem Weltranglisten-Ersten Novak Djokovic war dagegen im dritten Satz abgebrochen worden. Es gab ein paar Spekulationen, ob der Serbe, der schon im ersten Satz über den Wind gemotzt und sich beim Supervisor beklagt hatte, Druck ausgeübt habe während einer Spielunterbrechung. Aber die Geschichte löste sich nicht wirklich auf. Da aber Thiem über volle fünf Sätze am Samstag gehen musste, hatte er deutlich weniger Zeit zur Regeneration als Nadal. Das war vor allem ein Faktor, weil Thiems Spiel von hohem Energieaufwand lebt.

Als Thiem das Break zum 3:2 schaffte, war dies ein Moment, in dem es noch mehr knisterte im Court Philippe Chatrier. War da was möglich gegen den Planierraupenspieler Nadal? Die Reaktion folgte umgehend: Thiem sollte im ersten Satz kein Spiel mehr machen.

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