Tennis:Neuer Rettungsanker für Boris Becker

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Wieder da! Boris Becker kehrt als Trainer auf die Tennistour zurück. (Foto: Pierre Teyssot/Maxppp/Imago)

Die Tennisgröße ist zurück als Trainer: Der 55-Jährige hilft dem dänischen Weltranglisten-Sechsten Holger Rune - für beide ist es eine Chance in einer schwierigen Phase.

Von Gerald Kleffmann

Die Tenniswelt, da mag die Branche noch so global sein, ist klein. Informationen tauchen oft früh auf, früher als sie dann in der breiten Öffentlichkeit landen. So war das auch im Fall von Boris Becker und Holger Rune. Denn die sich nun weit verbreitende Nachricht, dass diese zwei zueinander fanden, kursierte bereits vor fünf Tagen erstmals, auch wenn da kaum jemand Notiz nahm von dem gerade zweizeiligen Text bei X. Unter dem Account "Tennis Connected" hieß es da: "Höre, dass Boris Becker zu Holger Runes Team stoßen könnte." Eine Quelle wurde nicht genannt, aber drei Tage später stand fest: Das Gerücht stimmte. Rune selbst publizierte ein Instagram-Foto nach einer Trainingseinheit in seinem Wohnort Monte-Carlo, mit sich, seinem Team - und dem lachenden Becker in der Mitte.

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Becker, 55 intensive Lebensjahre alt, wird nun wieder als Trainer arbeiten, sieben Jahre nachdem seine erfolgreiche Liaison mit Novak Djokovic zu Ende gegangen ist; sechs Grand-Slam-Titel hatten sie miteinander errungen, so viele, wie Becker als Profi selbst eingesammelt hatte. Bestätigt hat der Deutsche die Kooperation noch nicht, dies tat Rune in Stockholm am Rande des in dieser Woche stattfindenden ATP-Turniers. Viel gab der 20-jährige Däne nicht preis, aber immerhin manches.

Becker soll erst einmal bei ausgewählten Turnieren den Weltranglisten-Sechsten begleiten. Der erste gemeinsame Auftritt soll in Basel (23. bis 29. Oktober) erfolgen, was für Becker praktisch sein dürfte. Er lebt mittlerweile in Mailand. Auch Turin wäre nicht weit, dort finden im November die ATP Finals statt, für die sich Rune noch qualifizieren kann (wie auch Alexander Zverev). "Er kennt mich seit vielen Jahren", sagte Rune der Zeitung Expressen in einem Videointerview, "als ich etwas jünger war, hatte er schon mal einen Rat für mich." Explizit lobte er die vergangenen Tage, "es war eine gute Trainingswoche".

Rune fehlte zuletzt die Stabilität - Becker soll helfen

Rune ist eines der größten Talente der Männertour, binnen zwei Jahren stieg er in die Top Ten auf. Seine Physis verleiht seinem Spiel auf dem Platz viel Stabilität, er ist einer der zähesten Kämpfer. In den vergangenen Monaten indes war er erfolglos. Zuerst hatten ihm Rückenprobleme zugesetzt, dann ließ er den Biss vermissen, mit dem er oft auch als Reizfigur aufgefallen war. Rune legte sich schon mal mit namhaften Kollegen an, etwa mit dem dreimaligen Grand-Slam-Sieger Stan Wawrinka während eines Duells; der Schweizer warf Rune daraufhin Unreife vor ("Hör auf, dich wie ein Baby zu verhalten").

Bei den vergangenen sechs Turnieren gewann Rune nur ein Match. Die besorgte Presse in Skandinavien brachte nun gar Runes erste richtige Liebesbeziehung mit einer Influencerin als Ursache der Krise ins Spiel. So prominent ist er inzwischen, dass so etwas spekuliert wird. In Stockholm räumte er ein, dass ihm die seit Monaten ungelöste Trainersituation zugesetzt habe. Becker soll ihm, kann man schlussfolgern, generell mehr Stabilität verleihen. Haupttrainer Runes bleibt Lars Christensen.

Eines der größten Talente im Männertennis: Der Däne Holger Rune, 20, könnte sich auch noch für die ATP Finals qualifizieren, schwächelte aber zuletzt. (Foto: John Minchillo/dpa)

Aber auch für Becker ist das Engagement eine Chance, ähnlich wie 2013, als er auch in schwierigen Zeiten von Djokovic als Trainer verpflichtet worden war. Der heute 36-jährige Djokovic rettete Becker durchaus vor der beruflichen Orientierungslosigkeit. Imagemäßig hatte Becker damals nicht den besten Stand, der Tiefpunkt war sicherlich sein Fernsehauftritt mit einem Fliegenklatschen-Hut. Zehn Jahre später muss er damit leben, dass er wegen Insolvenzbetrugs neun Monate in England im Gefängnis saß; er hatte Vermögenswerte in Millionenhöhe verschwiegen. Wie er sich heute sein zuweilen luxuriös anmutendes Leben leisten kann, ist eher unklar, Fragen zu seiner persönlichen Situation hatte Becker bei Presserunden, die er im Rahmen seiner Arbeit als TV-Kommentator abhielt, ausdrücklich nicht zugelassen.

Als Gesprächsgast durchaus noch gefragt: Boris Becker bei einer Podiumsveranstaltung. (Foto: Philipp von Ditfurth/dpa)

Bei einem Auftritt kürzlich in Trient hatte er aber erstmals von neuen Zielen gesprochen: "Nach ein paar Jahren, nachdem ich mich meiner Familie und meinen persönlichen Problemen gewidmet habe, verspüre ich wieder den großen Wunsch, Trainer zu werden. (...) Wenn ich ein Projekt finde, das mir gefällt, könnte ich auf die Tour zurückkehren." Das Tennisgeschäft, vielleicht weiß das jetzt auch Becker, war stets der beste Rettungsanker in seinem turbulenten Leben.

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