Court Nummer "6" hatte am Samstag drei Frauen-Doppel, ein Männer-Doppel und ein Mixed im Angebot. Außerdem Gin and Tonic, Wodka-Lime, Prosecco und ein Granatapfel-Spezialgetränk, den Set-Point-Punch. Am späten Nachmittag, als sich die Sonne langsam über die Anlage senkte, bildeten sich Schlangen vor den Eingängen, auf den ersten Blick war nicht ganz klar, ob die Leute für das Mixed oder das Mixed-Getränk anstanden. Der Geräuschpegel ließ vermuten: eher für Letzteres.
Die "6" ist die neueste Attraktion der Australian Open im Melbourne Park. Und wer alles gesehen hat, Novak Djokovic, Coco Gauff, Carlos Alcaraz und Aryna Sabalenka, der kann hinüberschlendern ans nördliche Ende der Anlage zu den hinteren Plätzen, um sich selber sehen zu lassen. Oder um sich gehen zu lassen - denn auch das gehört zum Konzept des Party-Courts.
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Nicht eine, sondern gleich zwei Bars auf zwei Etagen hat Craig Tiley, der unermüdlich auf Expansion drängende Turnierchef der Australian Open, an der östlichen Seite des Tennisplatzes errichten lassen - wie zwei Pubs übereinander. Am Spielfeldrand entlang zieht sich hüfthoch ein langer Tresen mit Barhockern: Dort sitzen jene, die zumindest mit einem Auge das Match verfolgen. Dahinter, an Stühlen und Tischen, zu zweit oder in Grüppchen tobt das Partyvolk.
Die Australian Open, das "Happy Slam" genannte Grand-Slam-Turnier in Melbourne, waren immer eine Spur vitaler als das gediegene Wimbledon, wo Weinlaub an den Wänden und Rasenteppiche störende Geräusche dämmen. Aber der Vergleich mit Wimbledon ("Quiet, please!") ist in Melbourne gar nicht erwünscht, im Gegenteil. Denn mit dem Party-Court sehen sich die Australian Open auf der Höhe der Zeit. Man entspreche damit dem Wunsch der Klientel, sagte Tiley: "Die Fans wollen näher dran sein, also bringen wir sie näher ans Geschehen und unterhalten sie dabei." Auch an DJs am Court Nummer "6" ist schon gedacht.
"Die Kunden und die Zuschauer finanzieren die Veranstaltung - damit müssen die Spieler sich letztlich abfinden"
Ob die Idee gefällt, ist Geschmackssache - ähnlich wie beim Set-Point-Punch mit Granatapfelsaft, den es auch mit und ohne Alkohol gibt. Der australische Doppelspieler John Millman zeigte sich begeistert: So sehe modernes Tennis aus, sagte er: "Die Kunden und die Zuschauer finanzieren die Veranstaltung - damit müssen die Spieler sich letztlich abfinden." Andere waren weniger enthusiastisch. Die russische Profispielerin Anastasia Pawljutschenkowa, die auf dem Platz gegen Paula Badosa verlor, beschwerte sich über Störgeräusche: Manche Zuschauer auf der Terrasse hätten laut "miaut". Laura Siegemund, die mit ihrer Doppelpartnerin Barbora Krejcikova sogar schon zweimal auf der "6" gespielt hat, fand das Ganze "too much". Der Lärmpegel sei enorm, das Barpublikum betrunken und zum Teil respektlos. Ihr Verdikt: "Der Platz ist ein Witz."
Witz oder nicht: Craig Tiley kündigte schon im Oktober an, der Party-Court sei ein Modell, das man in der Zukunft ausweiten wolle. Cheers!