Am Tag nach dem Bundes- liga-Auftaktsieg des VfL Wolfsburg gegen Eintracht Frankfurt (2:1) zwängte sich Kevin De Bruyne in feinen Zwirn. Gleich zwei Ehrungen standen an. Im Sporthotel Fuchsbachtal in Barsinghausen wurde der Belgier als Fußballer des Jahres in Niedersachsen ausgezeichnet.
Am Abend trat er dann noch bei der Verleihung des Sport-Bild-Awards in Hamburg auf. Dabei ließ er sich von Moderator Alexander Bommes spektakuläre Worte in den Mund legen. "Ich, Kevin De Bruyne, werde auf jeden Fall diese Saison beim VfL Wolfsburg spielen", sprach De Bruyne dem Conférencier wörtlich nach. Zuvor hatte er sich allerdings keineswegs auf einen Verbleib beim Pokalsieger festlegen wollen und auf eine entsprechende Frage eher ausweichend geantwortet: "Ich denke, ich bin jetzt in einer familiären Mannschaft. Das tut mit gut."
Ein seriöses Versprechen über den 31. August hinaus, dem Datum, an dem das Sommer-Transfer-Fenster sich schließt, hätte durchaus Nachrichtenwert gehabt. Zuvor hatte Trainer Dieter Hecking für den Rest-August noch prophezeit: "Das werden schwierige Tage für alle Beteiligten", und einen Satz hinzugefügt, der deutlich nach Abschied geklungen hatte: "Auch wenn unser gemeinsamer Weg nicht weitergehen sollte, wünsche ich ihm schon jetzt alles Gute." Hecking hatte am Montag aber auch gesagt, dass er "nach wie vor" davon ausgehe, dass De Bruyne am 1.
September noch in Wolfsburg spiele. Völlig klar bleibt weiter nur eines: dass De Bruyne bis zum 30. Juni 2019 in Wolfsburg vertraglich gebunden ist - und dass eine Reihe namhafter Fußballklubs ihn nur allzu gern verpflichten würden. Je nach Personallage sofort - oder in abseh- barer Zukunft. Zu den Klubs, die Letzteres im Sinn haben, zählt vermutlich auch der FC Bayern; zu den Klubs, die De Bruyne sofort wollen, laut dessen Management der französische Meister Paris St. Germain sowie der englische Premier-League-Klub Manchester City. Manchesters chilenischer Trainer Manuel Pellegrini gilt als totaler De-Bruyne-Narr.
Der VfL wiederum versicherte durch Manager Klaus Allofs, dass der deutsche Pokalsieger De Bruyne nicht ziehen lassen will. Allerdings fachte Allofs die Debatte um De Bruynes Zukunft selbst wieder an, als er sagte, dass er in Kürze mit einem offiziellen Angebot rechne: "Es wird ganz sicher etwas kommen. Das ist das, was wir in den letzten Wochen gehört haben." Liegt die Offerte auf dem Tisch, wird die Frage sein, ob sie stark genug ist, um Wolfsburg schwach werden zu lassen. Offizielle Offerten seien bislang jedenfalls nicht eingegangen, so Allofs: "Da muss wohl noch ein bisschen gesammelt werden."
Von Kennern der Szene in Manchester ist zu hören, dass ManCity für die "Operation De Bruyne" bis zu 70 Millionen Pfund reserviert hat (derzeit rund 98 Millionen Euro). Allerdings würde dies ein fantastisches Jahresgehalt von angeblich knapp 16 Millionen Euro brutto für De Bruyne, die Honorare für die Spielervermittler sowie die Ablöse für Wolfsburg beinhalten - grob überschlagen könnte diese bei 70 bis 75 Millionen Euro landen.
De Bruyne selbst hält sich zurück. Weder hat ihn Manchester City dazu bewegen können, öffentlich durch einen Bruch mit Wolfsburg einen Transfer zu forcieren, noch hat Wolfsburgs Anhang einen ewigen Treueschwur vernommen. Auch am Montag ließ De Bruyne seine Zukunft offen: "Die Leute müssen verstehen, dass es nicht so einfach ist.
Es geht um viele Sachen." Einerseits hat er nicht vergessen, dass Wolfsburg ihn vor anderthalb Jahren aus einem Fegefeuer namens Chelsea sowie von einem ungeliebten Vorgesetzten namens José Mourinho befreite. Andererseits hat ihn sein Manager Patrick De Koster auf gigantische Verdienstmöglichkeiten jenseits deutscher Grenzen hingewiesen. Eventuell aber bessert Wolfsburg auch die bisherigen Konditionen noch mal auf. "Alles ist möglich", sagt De Koster.
De Bruyne selbst lieferte am Sonntag gegen Frankfurt erstmals eine Leistung ab, die nahelegt, dass die Debatten nicht spurlos an ihm vorübergehen. Trainer Hecking wechselte ihn nach 75 Minuten aus. "Wenn immer wieder von solchen Summen die Rede ist, macht das etwas mit dir", erklärte Bas Dost, der den zweiten VfL-Treffer erzielte. Weitere Wolfsburger Spieler, die namentlich nicht genannt werden wollten, halten es für wahrscheinlich, dass De Bruyne geht. Und dass ihn das bremst. "Der Junge hat Schnitt gespielt, und das darf er auch einmal", warf Hecking ein.
Unterdessen droht Wolfsburg die Eröffnung einer weiteren Transferfront. Der Grund: Real Madrid steht vor der Verpflichtung des kroatischen Nationalspielers Mateo Kovacic von Inter Mailand und würde damit die Kassen der Lombarden mit angeblich rund 30 Millionen Euro füllen. Die Gazzetta dello Sport kolportierte umgehend, dass Inter mit dem Geld einen neuen Angriff auf Wolfsburgs Außenstürmer Ivan Perisic unternehmen wolle. Real soll Kovacic übrigens nur deshalb verpflichtet haben, weil De Bruyne zu teuer war. Ein konkretes Interesse hat Real dem Vernehmen nach aber nicht signalisiert, weder De Bruyne noch Wolfsburg. Und De Bruyne passt eigentlich auch nicht in das Anforderungsprofil des Spielers, den Reals neuer Trainer Rafa Benítez gefordert hatte.