Hoeneß-Neffe Sebastian Hoeneß:Zu schnell zu gut für die Pläne des FC Bayern

Lesezeit: 3 min

Schnell dazugelernt: Sebastian Hoeneß führte den FC Bayern II von Platz 14 auf Platz eins. (Foto: Christian Schroedter/imago)

Sebastian Hoeneß brillierte in seiner ersten Saison als Trainer der U 23. Dass er schon jetzt das Interesse von Bundesligist Hoffenheim weckt, erwischt die Münchner auf dem falschen Fuß.

Von Christoph Leischwitz

Ende Oktober hatte die U23-Mannschaft des FC Bayern München 0:3 beim FSV Zwickau verloren, und Sebastian Hoeneß sagte danach, phasenweise sei "nicht klar gewesen, was wir eigentlich wollen". Ein paar Wochen später verlor seine Mannschaft dann zu Hause gegen den Tabellenletzten Carl Zeiss Jena, der bis zum Schluss der Drittliga-Saison auch Letzter bleiben sollte. Hoeneß meinte, man habe sich in diesem Spiel ein wenig "den Schneid abkaufen lassen". Nun hat es ja trotzdem noch gut geklappt mit der weiteren Ausbildung der Spieler, die Mannschaft stand nach dem Jena-Spiel auf dem 14. Rang - und wurde dann tatsächlich noch Meister. So schnell dazugelernt hatten die Spieler wohl auch, weil ihr Trainer so schnell dazugelernt hatte.

Weil das alles so schnell ging, könnte es jetzt auch mit der Bundesliga-Verpflichtung schneller gehen als gedacht. Hoeneß, 38, ist nach seinem ersten Trainerjahr im Männerfußball mehr als nur im Gespräch bei der TSG Hoffenheim. Und weil das auch für den Neffen des ehemaligen FCB-Präsidenten Uli Hoeneß alles sehr schnell geht, hat er sich zuletzt noch ein wenig Bedenkzeit erbeten, um noch einmal in Ruhe darüber nachdenken zu können.

Am Dienstag war zu hören, dass die Verantwortlichen am Campus des FC Bayern an der Ingolstädter Straße in verhältnismäßig großer Runde zusammensaßen und sich beratschlagten. Begehrlichkeiten zu wecken, das ist ja sogar ein Teil des Plans im Nachwuchs-Leistungszentrum, für die kommende Saison werden zahlreiche Spieler verliehen - am Dienstag gab der FCB etwa bekannt, dass sich Innenverteidiger Lars Lukas Mai für ein Jahr dem Zweitligisten Darmstadt 98 anschließt. Dass aber der Trainer so viele Begehrlichkeiten weckt, das hat die Bayern dann doch ein wenig auf dem falschen Fuß erwischt.

Talente des FC Bayern
:Immer jünger, immer höher

Die U23 des FC Bayern geht als Erster der dritten Liga ins Derby gegen den TSV 1860. Der Erfolg täuscht über einen Umbruch hinweg.

Von Christoph Leischwitz

Hoeneß verzahnt so schnell wie wohl keiner Ballbesitz mit defensiver Stabilität

Vor gut einem Jahr war an solch ein Szenario überhaupt nicht zu denken gewesen. Hoeneß hatte als U19-Trainer eine eher mittelmäßige Saison hinter sich gebracht, wochenlang hieß es, er sei als Nachfolger für Holger Seitz im Gespräch, der die U23 zum Aufstieg geführt hatte. Die Fans hatten damals Hoeneß-kritische Transparente gezeigt. Sein Nachname war nach dem Geschmack von Hoeneß viel zu lange Thema, er wollte einfach in Ruhe arbeiten.

Dass er den stärksten Kader seit Langem zur Verfügung hatte, war abzusehen gewesen. Das Besondere an der Entwicklung war jedoch, wie schnell die Umstellungen griffen, die Hoeneß in der Winterpause vornahm. Der ganze Verein arbeitet in allen Jahrgangsstufen intensiv am Ballbesitzfußball. Im Ausbildungsbereich hat es wohl keiner so schnell geschafft wie Sebastian Hoeneß, diesen Ballbesitz erfolgreich mit defensiver Stabilität zu verzahnen. Deren Fehlen hatte er noch im Herbst immer wieder angeprangert. Für die Umstellung genügten ein paar Änderungen im Positionsspiel und die Rekrutierung von Angelo Stiller im defensiven Mittelfeld. Der 19-jährige lernte ähnlich schnell wie der Trainer. Nach der Winterpause durfte der Youngster schon bald in Eigenregie situationsbedingt entscheiden, ob er sich in die Viererkette fallen lässt oder ob er offensiver agiert. Plötzlich sah alles so leicht aus. Kurz gesagt: Das Trainerteam bügelte die Schwächen der Mannschaft aus, die Stärken konnten sich besser entfalten. Dies dürfte auch der wichtigste Grund für die plötzlich so großen Begehrlichkeiten sein.

Noch bis vergangene Woche waren sie am Campus zuversichtlich gewesen, die Angebote für den jungen Coach abwehren zu können. Sein Vertrag läuft auch noch bis 2022 (der Dreijahresvertrag aus dem vergangenen Jahr war auch als Vertrauensvorschuss zu verstehen) - ein Loseisen würde man sich also guten Gewissens auch gut bezahlen lassen können. Hoffenheim hatte allerdings von Anfang an bessere Karten als andere Vereine. Hoeneß gilt als loyaler, bodenständiger Typ, und immerhin hat er selbst einmal in Hoffenheim gespielt, wenn auch nur ein Jahr in seiner nicht ganz so erfolgreichen Spielerkarriere.

Bayern wünscht sich mehr Beständigkeit auf der Ausbilder-Ebene

Das Problem dabei ist, dass für Hoeneß aktuell kein Nachfolger bereitsteht. Danny Schwarz wurde gerade zum Cheftrainer der U17 ernannt und durchläuft zugleich die Ausbildung zum Fußball-Lehrer. Gemeinsam übrigens mit Miroslav Klose, der aber schon deswegen nicht in Frage kommt, weil Hansi Flick seinen neuen Assistenten sicherlich nicht gleich wieder abgeben möchte. Martin Demichelis, der neue U16-Co-Trainer Halil Altintop und einige andere gelten als zu jung und/oder zu unerfahren für die dritte Liga.

Es liefe also auf eine externe Lösung hinaus - knapp drei Wochen vor dem Trainingsstart der U23. Und diese wiederum sollte dem Vernehmen nach einer sein, der gerne auch mal ein bisschen länger bleiben würde. Seit Erik ten Hag, der 2015 den Verein verließ, hat kein Trainer die Mannschaft für mehr als anderthalb Spielzeiten angeleitet. Und so gut es auch klappt mit der Spieler-Fluktuation, so gerne hätte man nun mehr Beständigkeit auf der Ausbilder-Ebene. Eigentlich sollte Hoeneß ja auch noch mitentscheiden, wie die Nachfolge von Torschützenkönig Kwasi Wriedt geregelt werden soll: mit einer internen Lösung oder mit einem Zukauf. Gut möglich, dass dies eine der letzten Entscheidungen ist, die er trifft, bevor er zum Bundesliga-Trainer wird.

© SZ vom 22.07.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

SZ PlusSebastian Hoeneß im Interview
:"Mein Onkel war nicht angetan von der Idee"

Bayern-II-Trainer Sebastian Hoeneß spricht vor dem Derby gegen den TSV 1860 über Taktikdebatten mit Guardiola und Widerstände von Uli Hoeneß.

Interview von Christoph Leischwitz und Benedikt Warmbrunn

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: