Talente des FC Bayern:Immer jünger, immer höher

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Viel Talent: Bayerns Kwasi Wriedt (re.) ist der beste Stürmer der Liga. (Foto: imago images/Oryk HAIST)

Die U23 des FC Bayern geht als Erster der dritten Liga ins Derby gegen den TSV 1860. Der Erfolg täuscht über einen Umbruch hinweg.

Von Christoph Leischwitz

Als seine Mannschaft immer und immer weiter kletterte in der Tabelle, da wurde Sebastian Hoeneß mehrmals gefragt, welche Saisonziele er denn jetzt noch habe mit seiner U23 in der dritten Fußball-Liga. Aufsteigen darf die Mannschaft nicht. Und Meisterschaft, nun ja, das Wort wollte er auch nicht in den Mund nehmen. 59+1 Punkte hat er dann angegeben, weil Hermann Gerland einst mit der zweiten Mannschaft die Bestmarke 59 in der dritten Liga aufstellte. Gut, dieses Ziel passt jetzt natürlich prima zum Nahziel an diesem Mittwoch (20.30 Uhr), dem Geisterderby gegen die Sechziger, deren Zahl man ja nicht so gerne ausspricht. Aber selbstverständlich kann ein junger Trainer beim FC Bayern, noch dazu mit einem echten FC Bayern-Nachnamen, auch nicht einfach sagen: Nichts geht über einen Derbysieg! Es dürfte ja auch ohne so eine Aussage schon hitzig werden. Das glaubt auch ein Spieler, der in seiner Jugend ungefähr 20 Derbys gegen die Löwen gespielt hat: "Es wird auf jeden Fall zur Sache und heiß hergehen", sagt Mittelfeldmann Angelo Stiller.

Natürlich haben die Bayern noch Ziele, das wichtigste: Dank der starken Rückrunde und der vorzüglichen Tabellenposition haben sie die Möglichkeit, jüngere Spieler einzusetzen, die in der kommenden Saison in der dritten Liga zu Stammspielern reifen sollen. Nicht weniger als fünf Jungspunde feierten in den vergangenen fünf Partien ihr Debüt. Wie wichtig im Vergleich dann das punktuelle Ziel ist, zu Sechzigs Nichtaufstieg beizutragen und sich in der kommenden Saison wieder messen zu können, das wird man auch daran ablesen können, wie viele der schon sehr weit gereiften Jungprofis Hoeneß einsetzen wird, die an den Wochenenden im Profikader stehen. Spieler also wie Wooyeong Jeong, Sarpreet Singh oder Joshua Zirkzee.

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Der längst nicht mehr so überraschende Tabellenplatz eins täuscht ein wenig darüber hinweg, dass sich die Mannschaft gerade in einem Umbruch befindet. Weil man sich diesen Umbruch eben jetzt schon leisten kann. Torwart Christian Früchtl zum Beispiel wird wahrscheinlich ausgeliehen, deshalb durfte zuletzt Ron-Thorben Hoffmann spielen. Nach mehreren Verletzungen bekommt der 20-jährige Verteidiger Josip Stanisic wieder mehr Aufgaben zugeteilt, ähnlich verläuft gerade der Werdegang des 21-jährigen Kilian Senkbeil.

In gewisser Weise profitiert die U23 indirekt auch von der Corona-Krise. Die Saison der U19 und der U17 wurde abgebrochen. Malik Tillman und Jamal Musiala würden im Normalfall jetzt nicht mit der U23 trainieren geschweige denn zum Einsatz kommen; sie wären gerade im Sommerurlaub und würden sich dann auf die nächste U19-Saison vorbereiten. Nun aber bekommen sie Spielpraxis bei den Männern. Tillman zeigt gute Leistungen, und Musiala dürfte gar nicht mehr wissen, wo ihm der Kopf steht: Im Sommer kam der 17-jährige Deutsch-Engländer vom FC Chelsea, bis vergangenen Dezember spielte er in der U17, bis März in der U19, seit dem Restart in der U23, wo er gegen Zwickau die beiden Tore zum Sieg erzielte - und mit seiner Einwechslung gegen den SC Freiburg wurde er zum jüngsten Bundesligaspieler der Bayern. Die Tatsache, dass dieser Umbruch auf so vielen Position recht reibungslos verläuft, zeigt auf, dass die Talente aus dem eigenen Campus insgesamt mehr Qualität mitbringen als noch vor einigen Jahren.

Wie wird der unersetzbare Wriedt ersetzt?

Andererseits wurden den jungen Bayern zuletzt sehr wohl einige Schwächen aufgezeigt. Das Spiel nach vorne funktionierte seit jeher sehr gut, weil die Spieler sowohl im Kollektiv als auch individuell immer wieder Lösungen finden, um gute Chancen zu kreieren. Außerdem haben sie in Kwasi Wriedt den besten Stürmer der Liga im Kader. Doch beim 5:1-Sieg gegen Meppen vor eine Woche hätte man auch gut und gerne auch fünf Gegentore einfangen können, ebenso beim glücklichen 2:2 in Magdeburg. Die alten Defensivschwächen sind wieder da, die Mannschaft ist oft zu offensiv ausgerichtet und wird bisweilen ausgekontert. "Wir wissen die Ergebnisse einzuschätzen", sagte Hoeneß nach dem Spiel in Magdeburg, und man habe auch noch "ein bisschen was zu analysieren".

Er führt die Schwächen aber auch auf die englischen Wochen zurück, die auch an einer jungen Mannschaft nicht spurlos vorbeigehen. Dass die Mannschaft trotzdem immer wieder punktete, lag dann auch an der individuellen Qualität: Während der Paraden, mit denen Keeper Hoffmann die Mannschaft mehrmals im Spiel hielt, fragte man sich, warum der 21-Jährige von Ende Mai 2019 bis Ende Mai 2020 nur ein einziges Pflichtspiel bestreiten durfte.

So haben die verbleibenden Spiele genau jenes Ziel, das man bei Nachwuchs-Teams oft als Plattitüde zu hören bekommt: die jungen Spieler sollen besser, die dritte Liga soll auf Dauer gehalten werden, weil so die eigenen Talente gegenüber allen anderen einen Ausbildungs-Vorsprung haben. Die älteren Spieler außer Wriedt sind alle noch ein Jahr da, bei Abwehrchef Nicolas Feldhahn fehlt nur noch die Unterschrift für eine Vertragsverlängerung. Noch nicht abschließend geklärt ist die Überlegung, ob der unersetzbare Wriedt durch eigene Talente ersetzt werden soll oder ob neben Lenn Jastremski vom VfL Wolfsburg noch ein großes Talent für den Angriff geholt wird. Viel wird davon abhängen, was die Profis planen: Wird Zirkzee dauerhaft die Nummer zwei hinter Robert Lewandowski oder wird er verliehen, spricht einiges für einen weiteren Einkauf. Denn selbst wenn die Bayern Drittliga-Meister werden sollten: Das nächste Ziel ab Juli lautet in jedem Fall Klassenverbleib.

© SZ vom 24.06.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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